Broukal
fordert sofortige Änderung von Gehrers "Husch-Pfusch-Gesetz"
"Pontius Pilatus-Haltung" Gehrers - Ministerin wäscht
ihre Hände in Unschuld
Wien (sk) - Die SPÖ fordert zur Wiederherstellung des freien Uni-Zugangs, dass das "Husch-Pfusch-Gesetz"
vom 8. Juli 2005 sofort geändert wird. Einzelne Unis seien mit der Durchführung von Aufnahmeverfahren
heillos überfordert, die Verfahren hätten mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun, sondern mit Willkür
und Missachtung der Studienanfänger, so SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal Freitag (23. 09.)
in einer Pressekonferenz. Broukal warf Ministerin Gehrer eine "Pontius Pilatus-Haltung" vor, sie "wasche
ihre Hände in Unschuld". Neben sechs Sofortmaßnahmen präsentierte der SPÖ-Wissenschaftssprecher
auch den neuen Vorschlag, mit einem Medizin-Kolleg an Höheren Schulen den österreichischen Maturanten
einen Vorsprung fürs Medizin-Studium zu verschaffen.
Weniger Werbung, mehr Studienplätze
Wie Broukal betonte, zeige sich, dass viele der Studienbeschränkungen gar nicht notwendig sind. Aus
den aktuellen Anmeldedaten gehe hervor, dass sich der Andrang auf die Studienrichtungen BWL, Psychologie, Pharmazie,
Publizistik und Biologie in Grenzen hält - bisher seien hier 512 Studierende abgewiesen worden. "Die
Zugangsbeschränkungen in diesen Fächern sind nicht zu rechtfertigen und müssen sofort aufgehoben
werden", so der SPÖ-Wissenschaftssprecher. Gehrer müsse den Unis das Geld geben, damit diese ihr
Angebot in diesen Fächern ausweiten können. "Alle Interessierten können und sollen einen Studienplatz
bekommen." Bei den genannten "Buchwissenschaften" koste ein Studienplatz pro Jahr rund 3.200 Euro.
"Es ist eine unnötige Härte, den Unis nicht sofort jene 1,6 Millionen Euro zusätzlich zu geben,
die notwendig wären, um die 512 Abgewiesenen doch noch aufzunehmen", betonte Broukal, der von Gehrer
fordert: "Weniger Werbung, mehr Studienplätze". Immerhin gebe die Ministerin für die Plakataktion
"Neue Schule" 800.000 Euro aus und die geplante PR-Aktion Forschung und Entwicklung koste 12 Millionen
Euro.
Für die Studienrichtungen Medizin und Veterinärmedizin, in denen Zulassungsbeschränkungen vorläufig
unumgänglich seien, fordert Broukal bundeseinheitliche Zugangskriterien, die objektivierbaren Leistungskriterien
entsprechen. Der SPÖ-Wissenschaftssprecher berichtete in diesem Zusammenhang von der Med-Uni Innsbruck, wo
Willkür herrsche und das Rektorat mit der Verwaltung überfordert sei. Nun sei ein neuer Fall eines Zivildieners
aus Vöcklabruck bekannt geworden, der sich am ersten Anmeldungstag nicht persönlich – er musste im Krankenhaus
arbeiten -, aber im Internet und später eingeschrieben angemeldet hat, aber dennoch abgewiesen wurde. Hier
bezweifle auch der Rechtsanwalt, dass schon am ersten Anmeldungstag alle Plätze vergeben waren.
Das Ministerium wisse auf jeden Fall seit Anfang Juli von den Absurditäten – etwa, dass an der Med-Uni Innsbruck
u.a. Güte des Bewerbungsschreibens, Verwandte in Tirol und Maturanoten zählen. "Die Ministerin hat
all diese Dinge passieren lassen und nicht gehandelt. Das Einzige, das sie nun macht, ist einen Arbeitskreis zu
gründen, der Lösungen für das nächste Jahr bringen soll", so Broukal, der fordert, dass
das Aufnahmeverfahren in Innsbruck noch einmal durchleuchtet werden soll und die zu Unrecht Abgewiesenen zusätzliche
Plätze bekommen sollen.
Neuer SPÖ-Vorschlag: Medizin-Kolleg an Höheren Schulen
Trotz dieser offenkundigen Missstände hätten Ministerin Gehrer und ÖVP-Wissenschaftssprecherin
Brinek keine Vorschläge vorzuweisen; diese kamen bisher nur von der SPÖ und vom BZÖ-Obmann. Broukal
präsentierte in diesem Zusammenhang folgenden neuen Vorschlag: So soll in den letzten beiden Klassen der Höheren
Schulen ein freiwilliges Medizin-Kolleg zusätzliche Kenntnisse in Biologie, Chemie und Physik vermitteln.
Der erfolgreiche Besuch dieser Freifächer solle als Voraussetzung für die Aufnahme zum Studium von Medizin
und Veterinärmedizin anerkannt werden. Auf diese Weise müssten mehr österreichische als deutsche
Maturanten einen Studienplatz bekommen, erklärte Broukal und fügte hinzu, dass dies auch "absolut
EU-konform" sei.
Sechs Sofortmaßnahmen
Gehrer jedoch tue so, als ginge sie die Misere nichts an; sie sei dringend zum Handeln aufgeordert. Solange
es keine zusätzlichen Mittel für die Unis gibt, seien folgende Maßnahmen rasch umzusetzen:
- Das Bildungsministerium muss in den Fächern, in denen Zugangsbeschränkungen vorläufig unumgänglich
sind, eine bundesweite Koordinationsfunktion ausüben und einheitliche Kriterien festsetzen. Diese müssen
objektivierbar und nachvollziehbar sein.
- Die Maturanote darf keine Rolle spielen, sie ist kein objektiver Kenntnis- und Leistungsnachweis.
- Wer gut abschneidet, aber dennoch aus Platzmangel abgelehnt wird, muss auf eine öffentlich einsehbare
Warteliste gesetzt werden. Wer auf dieser Liste steht, ist im nächsten Jahr als erster zum Studium aufzunehmen.
- Teile des Medizinstudiums, die auch an anderen Unis angeboten werden, sollen in der Wartezeit absolviert werden
können.
- Auswahlverfahren müssen Berufstätigen zumutbar sein.
- Bei unvollständigen Inskriptionsunterlagen muss zwingend eine Nachfrist gesetzt werden.
Abschließend brachte Broukal die Befürchtung zum Ausdruck, dass das jetzt Erlebte nur die "Spitze
des Eisbergs" sei; in den von Gehrer geplanten neuen Pädagogischen Hochschulen würden etwa die Rektoren
berechtigt, Zugangsbeschränkungen einzuführen. "Kein Deutscher wird nach Österreich kommen,
um hier das Lehramt für Geschichte zu studieren. Das kann nur Österreicher treffen."
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Brinek: Broukal verschließt seine Augen vor der Realität
Ministerin Gehrer hat notwendige Schritte veranlasst
Wien (övp-pk) - "Der Vorwurf der Untätigkeit ist schlicht und einfach falsch. Entweder
Broukal hat die letzten Monate verschlafen, oder er kann durch seine rot gefärbte Brille die Realität
nicht objektiv wahrnehmen", sagte ÖVP- Wissenschaftssprecherin Dr. Gertrude Brinek am Freitag (23. 09.)
zu Aussagen des SPÖ-Wissenschaftssprechers Josef Broukal. Bereits am Tag nach dem EuGH-Urteil hätten
die Universitäten durch den Erlass des betreffenden Gesetzes die Möglichkeit gehabt, adäquat auf
die neue Situation zu reagieren.
"Dafür ist Vorbereitungsarbeit notwendig und diese ist gemeinsam mit den Unis erfolgt." Im Rahmen
einer Enquete im heurigen April seien die Universitäten beauftragt worden, für den Fall eines negativen
Urteils praktikable Aufnahmeverfahren zu entwickeln. Bei diesen Vorbereitungsarbeiten habe die Opposition die Universitäten
allerdings "im Regen stehen lassen".
Die Fälle, bei denen Universitäten im Aufnahmeverfahren Fehler unterlaufen sind, seien "außerordentlich
bedauernswert". Jeder einzelne Fall werde geprüft, um den korrekten Verfahrensweg im Rahmen des Verwaltungsrechts
zu gewährleisten. "Niemand soll aufgrund formaler Fehler vom Studium abgehalten werden", so Brinek
weiter.
Die Erarbeitung einheitlicher Zulassungskriterien für die Medizin-Universitäten sei "absolut vernünftig".
"Die Rektoren haben hier freie Hand, eine gemeinsame Lösung zu finden." Allerdings hinke Broukal
auch in diesem Punkt den Geschehnissen hinterher. Ministerin Gehrer habe die Notwendigkeit einheitlicher Verfahren
bei den Rektoren bereits urgiert.
Auch auf EU-Ebene werde an einer Lösung der Situation gearbeitet. "Die Gespräche laufen. Es gilt,
gemeinschaftskonforme, nicht-diskriminierende Maßnahmen zu treffen, die auf die Sondersituation Österreichs
Rücksicht nehmen. Ich bin zuversichtlich, dass Ministerin Gehrer dies gelingen wird", so die ÖVP-Wissenschaftssprecherin.
Es sei jedenfalls "reiner Populismus", wenn Broukal der Ministerin vorwerfe, nicht tätig zu werden.
"Augen auf, Herr Broukal. Die zuständigen Stellen arbeiten auf Hochtouren, während Sie mit Schuldzuweisungen
und Ablenkungsversuchen beschäftigt sind. Immerhin wurde von Ihnen die Forderung nach einer Zugangsbeschränkung
für alle ausgesprochen", sagte Brinek. Diese Beschränkung sollte nach Meinung von Broukal einheitlich
und zentralistisch geregelt sein. "Es gibt keinen Experten, der dies bei den in Frage kommenden Fächern,
etwa Psychologie- und Medizinstudium, gut heißen würde", so Brinek abschließend. |