98 Chemikalien belasten Innenraumluft von Neuwagen  

erstellt am
23. 09. 05

Hohe Konzentrationen von Formaldehyd und leicht flüchtigen organischen Verbindungen
Wien (global 2000) - Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat die Innenraumluft von sechs Neuwagen auf ihre Chemikalienbelastung untersucht. Erschreckendes Ergebnis: Bis zu 98 Chemikalien belasten die Innenraumluft im Auto. Sie werden als Weichmacher im Armaturen- brett, Lösungsmittel Lacken, Flammschutzmittel in der Elektronik, in Textilfarben oder Polsterung eingesetzt und gelangen durch Ausgasen in die Innenraumluft.

„Besonders Besorgnis erregend sind die als krebserregend bekannten Stoffe Benzol und Formaldehyd. Der Richtwert, den deutsche Wissenschafter selbst für kurzen Kontakt des Menschen mit Formaldehyd empfohlen haben, wurde beim Mercedes E220 sogar um das dreifache überschritten. Das kann zu Augenbrennen, Atembeschwerden und Übelkeit führen“, warnt GLOBAL 2000-Chemikalienexpertin DI Karin Bartonek.

Alle untersuchten Neuwagen weisen eine mit flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) belastete Raumluft auf. Flüchtige organische Verbindungen werden unter anderem für das „sick-building-syndrome“ verantwortlich gemacht, das sich mit Übelkeit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen und ähnlichen Symptomen bemerkbar macht.

Laut Lebensministerium gilt Innenraumluft bereits ab einer Konzentration von einem Milligramm VOC pro Kubikmeter als deutlich erhöht belastet. Den Spitzenwert erreichte ein vier Monate alter Renault Megane nach 6 Stunden direkter Sonneneinstrahlung. Dort wurde eine 15fache Überschreitung des Referenzwertes gemessen. Dass die Werte sogar bei Regenwetter und niedrigen Außentemperaturen den Referenzwert überschreiten zeigt, dass diese Stoffe permanent in den Autoinnenraum gelangen und die Insassen belasten können.

„Zwei Dinge sind den 98 Chemikalien, die wir gefunden haben gemeinsam: Sie alle wurden an Orten nachgewiesen, an denen sie nichts verloren haben und sie mussten niemals eine systematische Untersuchung hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Umwelt und Gesundheit durchlaufen“, so Bartonek.Mit diesem Missstand könnte das geplante Europäische Chemikaliengesetz REACH endlich aufräumen. Rund 30.000 sogenannte Altchemikalien, die vor 1981 erstmals vermarktet worden sind sollen nachträglich einer systematischen Prüfung unterzogen werden. Wie diese Prüfung konkret erfolgen soll und welche Anforderungen an die Sicherheit von Chemikalien gestellt werden soll, wird derzeit im EU-Parlament und im Ministerrat heftig debattiert.

„An dem von uns durchgeführten Autotest sieht man deutlich, dass bei jedem Auto der Testreihe giftige Substanzen im Innenraum nachweisbar waren. Damit Altstoffe endlich genau untersucht werden und schädliche Substanzen aus dem Verkehr gezogen werden können, ist eine starke europäische Chemiekalienverordnung notwendig. Im Herbst kommt der Entscheidungsprozess in die heiße Phase. GLOBAL 2000 fordert die österreichischen EU-Parlamentarier und die verantwortlichen Minister Josef Pröll und Martin Bartenstein auf, sich für ein strenges EU-Chemiekaliengesetz einzusetzen“, schließt Bartonek.
     
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