|
Simon Wiesenthal ist in Wien gestorben |
|
erstellt am
20. 09. 05
|
Kultusgemeinde trauert um Simon Wiesenthal
Wien (ikg) - Gebeugt von tiefer Trauer und großem Schmerz teilt die Israelitische Kultusgemeinde
mit: Simon Wiesenthal ist nicht mehr. Der im 97. Lebensjahr stehende große Sohn dieser Gemeinde, der nach
der Schoah den Kampf um Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung in den Mittelpunkt seines unermüdlichen
Strebens rückte, ist am Dienstag (20. 09.) um 4 Uhr früh in seiner Wohnung ruhig entschlafen.
Die Verabschiedung des Verstorbenen findet am 21. September 2005 um 15 Uhr in der Zeremonienhalle des Wiener Zentralfriedhofs,
Tor 4 (1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 244) statt. Der Leichnam wird hierauf nach Israel überführt
und dort zur letzten Ruhe bestattet.
Möge seine Seele eingebunden sein in den Bund ewigen Lebens.
Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs
Präsident HR Marko Feingold
Präsidentin Dr. Esther Fritsch Präsident Dr. Ariel Muzicant
Präsident Gerard Sonnenschein
Präsident DI George Wozasek
Generalsekretär Dr. Avshalom Hodik |
|
|
|
Bundespräsident Dr. Heinz Fischer
Wien (hofburg) - "Die Nachricht über den Tod von Simon Wiesenthal hat mich sehr betroffen
und nachdenklich gemacht", sagte Bundespräsident Dr. Heinz Fischer am letzten Tag seines Besuches in
Brasilien.
"Simon Wiesenthal war ein Teil unserer Zeitgeschichte. Er hat sein Leben in überzeugender und glaubwürdiger
Weise in den Dienst der Gerechtigkeit für die Opfer des Nationalsozialismus gestellt. Verbrechen zu sühnen
als Beitrag dazu, dass sie sich nicht wiederholen, war ein wichtiges Motiv für seine Arbeit, die unter dem
Motto 'Gerechtigkeit, nicht Rache' gestanden hat.
Ich bin froh, dass die Republik Österreich Simon Wiesenthal noch vor wenigen Monaten in offizieller Form Anerkennung,
Dankbarkeit und größte Wertschätzung für sein Lebenswerk zum Ausdruck gebracht hat, die er
sich im höchsten Ausmaß verdient hat. Der Name von Simon Wiesenthal wird durch seine weltweite Arbeit,
durch seine Dokumentationszentren und auf vielfache andere Weise ehrenvoll weiterleben", schloss Bundespräsident
Dr. Heinz Fischer. |
|
|
|
BP Dr. Heinz Fischer überreicht DI Simon Wiesenthal das Große
Goldene Ehrenzeichen
für Verdienste um die Republik Österreich Foto: Präsidentschaftskanzlei
|
|
|
|
|
Bundespräsident Dr. Heinz Fischer hatte Dipl.Ing. Simon Wiesenthal am 9. Juni 2005 das Große Goldene
Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich überreicht. In der Begründung für
diese Auszeichnung hieß es u.a., daß "Dipl.Ing. Simon Wiesenthal wesentlich dazu beigetragen (hat),
einige der größten NS-Verbrecher in ihren Nachkriegsverstecken aufzuspüren und einer gerichtlichen
Verurteilung zuzuführen." Simon Wiesenthal habe sich um die Ahndung schwerster Verbrechen in einer Zeit
verdient gemacht, in der ihm seine Arbeit in Österreich nicht immer leicht gemacht wurde. Gleichzeitig habe
er durch seine kontinuierliche Präsenz in unserem Land Vertrauen in das demokratische und rechtstaatliche
Nachkriegs-Österreich bewiesen und zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und Versöhnung zwischen Juden
und Nicht-Juden in Österreich wesentlich beigetragen. |
|
|
|
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel
Wien (bpd) - „Mit Simon Wiesenthal haben wir einen unermüdlichen Kämpfer gegen das Vergessen
verloren. Ihm ging es immer um Gerechtigkeit, nicht Rache, wie auch sein Lebensmotto lautete. Ich bin tief betroffen
über seinen Tod“, sagte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel am Dienstag (20. 09.) nach Bekanntwerden
der Nachricht vom Ableben Simon Wiesenthals. „Trotz seiner persönlichen Erlebnisse ging es Wiesenthal stets
darum, wachsam zu sein und mit dieser Wachsamkeit dafür zu sorgen, dass sich die fürchterlichste Epoche
unserer Geschichte in keiner Weise wiederholen kann. Wir werden ihn und seine Arbeit in Ehren halten.“ |
|
|
|
Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol
Wien (pk) - "Recht, nicht Rache war das Motto des langen Lebens von Simon Wiesenthal. Mit seinem
Tod ist eine wichtige Stimme der Erinnerung und der Humanität verstummt." Das erklärte Nationalratspräsident
Andreas Khol zum Tod von Simon Wiesenthal. Seine Arbeit und seine Haltung stellten einen wichtigen Auftrag noch
für kommende Generationen dar, betonte Khol.
Durch seinen Geburtsort im galizischen Buczacz Österreicher, verlor er im 1. Weltkrieg seinen Vater. Kurz
vor dem Überfall Nazi- Deutschlands auf die Sowjetunion konnte er noch sein Studium der Architektur in Lemberg
abschließen. 1941 von ukrainischen Milizionären verhaftet, gelang ihm zwar 1943 die Flucht, doch wurde
er kurz darauf wieder verhaftet. "Sein Leidensweg durch zwölf Konzentrationslager, die Ermordung aller
seiner Angehörigen und der Angehörigen seiner Frau war mehr als ein Mensch ertragen kann. Dennoch hat
Simon Wiesenthal keinen Hass gekannt und nicht nach Rache gerufen, sondern auf das Recht gesetzt - angesichts des
erfahrenen Leids ein übermenschliches Verdienst", sagte Khol.
Dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen habe Wiesenthals gesamtes Wirken nach der Befreiung aus dem KZ Mauthausen
am 5. Mai 1945 gegolten, sagte Khol weiter, von der Gründung seines ersten Dokumentationszentrums in Linz
im Jahr 1947 bis zu seinem Tod. Recht statt Rache bestimmte auch seine Suche nach Naziverbrechern, angefangen bei
Adolf Eichmann im Jahr 1960. Damals gründete Wiesentahl in Wien das "Dokumentationszentrum des Bundes
Jüdischer Verfolgter des Naziregimes" in Wien.
Wiesenthal habe sich immer gegen die These von der deutschen Kollektivschuld gewandt, weil er Schuld als individuell
verstanden habe. Diesem Prinzip sei er auch treu geblieben, wenn seine Äußerungen Rückwirkungen
auf die österreichische Innenpolitik gezeitigt haben, sagte Khol weiter. Dies sei in der Causa Peter im Jahr
1975 und bei der Kandidatur Waldheims für das Amt des Bundespräsidenten nicht anders gewesen. Seine differenzierte
Haltung habe ihn sogar in Konflikt mit führenden Vertretern des Jüdischen Weltkongresses gebracht.
Khol erinnerte daran, dass "seine Haltung der unbeirrbaren Gerechtigkeit und Unbestechlichkeit" Simon
Wiesenthal viele Ehrungen eingetragen habe. So wurde er im Juni dieses Jahres mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen
für Verdienste um die Republik ausgezeichnet. "Seine Stimme ist verstummt", sagte Khol abschließend.
"Aber seine Haltung ist für uns bleibende Verpflichtung. Wir verlieren einen großen Österreicher."
|
|
|
|
Morak: Sein Leben in den Dienst von Wahrheit und Gerechtigkeit gestellt
Wien (bpd/sts) - "Simon Wiesenthal stellte sein Leben in den Dienst von Wahrheit und Gerechtigkeit."
Mit Betroffenheit reagierte Staatssekretär Franz Morak auf das am Dienstag (20. 09.) bekannt gewordene
Ableben von Simon Wiesenthal.
"Selbst der Apokalypse des Holocausts nur knapp entronnen, verkörperte Simon Wiesenthal, wie kaum eine
andere Persönlichkeit Österreichs, die Mahnung des "Niemals vergessen"! Bereits zu einer Zeit,
als in unserem Land über die Schrecken in der Zeit zwischen 1938 und 45 und die Beteiligung von Österreichern
an den Verbrechen des Holocaust vielfach noch der Mantel des Schweigens gebreitet wurde, war Simon Wiesenthal ein
unermüdlicher Einzelkämpfer, getrieben nicht vom Gefühl der Rache, sondern der Gewissheit, dass
nur die Wahrheit die Grundlage zu einer dauerhaften Aussöhnung schaffen könne", würdigte der
Staatssekretär die Persönlichkeit und das Lebenswerk des heute verstorbenen Simon Wiesenthal.
"Simon Wiesenthal wird als großer Humanist, als Friedensstifter, dessen Ziel eine permanente Versöhnungsarbeit
war, in die Geschichte eingehen. Es ist unsere Aufgabe, auch durch ständige Aufklärung und Erziehungsarbeit,
sein Vermächtnis für alle Zeit lebendig zu halten. Simon Wiesenthal ist uns ein Vorbild, in schwierigen
Zeiten wachsam zu sein", so Morak abschließend. |
|
|
|
Vizekanzler Hubert Gorbach
Wien (nvm) - "Simon Wiesenthal hat wesentlich dazu beigetragen, einige der größten
NS-Verbrecher in ihren Nachkriegsverstecken aufzuspüren und einer gerichtlichen Verurteilung zuzuführen.
Er hat sich um die Ahndung schwerster Verbrechen in einer Zeit verdient gemacht, in der ihm seine Arbeit nicht
immer leicht gemacht wurde. Gleichzeitig hat er durch seine kontinuierliche Präsenz Vertrauen in das demokratische
und rechtstaatliche Nachkriegs-Österreich bewiesen und zur Aufarbeitung der NS Vergangenheit und Versöhnung
zwischen Juden und Nicht-Juden in Österreich wesentlich beigetragen."
Simon Wiesenthal habe im Sinne des Mottos "Gerechtigkeit, nicht Rache" bewiesen, dass die rechtsstaatliche
Ahndung von Verbrechen in der NS-Zeit nichts mit "Naziverfolgung" zu tun hat, so Gorbach. Dieser noble
Gerechtigkeitssinn war es, der ihn auch in der "Affäre Waldheim" leitete. Simon Wiesenthal vertrat
gegenüber dem "World Jewish Congress" (WJC) seine Auffassung, daß man Beweise haben müsse
und erst dann anklagen könne. Bei einer Kampagne mache er nicht mit. Jahrelange Versöhnungsarbeit würde
zerstört, erregte sich Wiesenthal, als fanatische Vertreter des WJC Österreich global attackierten.
"Simon Wiesenthal hat einen unbestritten großen Beitrag dafür geleistet, dass wir aus unserer Geschichte
die richtigen Lehren ziehen und uns Schmachvolles aus der Vergangenheit gegenwärtig bleibt - mit nur einem
hehren Ziel: dass es nie wieder passiert. Wir danken ihm dafür", so der Vizekanzler. |
|
|
|
Dr. Alfred Gusenbauer
Wien (sk) - Tief betroffen über das Ableben von Simon Wiesenthal zeigt sich SPÖ- Vorsitzender
Alfred Gusenbauer: "Simon Wiesenthal steht wie kein anderer für die lebenswichtige Bewältigung der
NS-Vergangenheit. Wiesenthal hat sein Leben in den Dienst der Wahrheit und der Gerechtigkeit gestellt. Unermüdlich
kämpfte er bis ins höchste Alter dafür, um Verbrechen des Holocaust aufzudecken und NS-Täter
ihrer gerechten Strafe zuzuführen."
Wiesenthals Rolle bei der Aufklärung von NS- Kriegsverbrechen sei nicht nur in Österreich, sondern weltweit
anerkannt. Nicht um Rache, um Gerechtigkeit und Recht sei es Simon Wiesenthal gegangen. Dieses Motto zeuge von
der menschlichen Größe eines Mannes, der die Gräuel der Vernichtungslager am eigenen Leib erleben
musste.
Obwohl es Wiesenthal nicht immer leicht gemacht wurde, habe Wiesenthal mit seiner Überzeugung, dass die rechtsstaatliche
Ahndung von Verbrechen der NS-Zeit nichts mit Kollektivschuld zu tun habe, in der breiten Öffentlichkeit große
Anerkennung gefunden.
"Für unsere und für alle nachfolgenden Generationen wird Wiesenthal stets als mahnendes Gewissen
in Erinnerung bleiben - und als großes Vorbild für alle Menschen, ihre Verantwortung gegenüber
der Geschichte wahrzunehmen", so Gusenbauer. Mit dem im Jahr 1977 gegründeten Simon Wiesenthal Center
(SWC) habe Wiesenthal der Nachwelt eine wertvolle Institution hinterlassen, die sich zum Ziel gesetzt hat, Toleranz
und Verständnis zu fördern und gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus
und Genozid zu bekämpfen. "Insbesondere für uns Österreicher ist es eine Verpflichtung, dieses,
sein Vermächtnis für alle Zukunft am Leben zu erhalten", sagte Gusenbauer. |
|
|
|
Dr. Alexander Van der Bellen
Wien (grüne) - Als "großen Österreicher" hat Grünen-Chef
Alexander Van der Bellen den verstorbenen Simon Wiesenthal bezeichnet. "Aber nicht nur das - er wird weltweit
gewürdigt werden." Wiesenthal sei eine "maßgebliche Figur des Nichtvergessens gewesen",
aber gleichzeitig auch der rechtsstaatlichen Verfolgung von Personen, die in der Nazi-Zeit Verbrechen begangen
haben, so Van der Bellen am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz in Wien.
Wiesenthal habe es "nicht immer leicht gehabt in Österreich, um es milde auszudrücken". Dabei
erinnerte der Grünen-Chef an die Auseinandersetzung Wiesenthals mit dem damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky
(S). Gleichzeitig könne Österreich aber froh sein, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten die Verhältnisse
im Land geändert hätten. |
|
|
|
Wir übernehmen hier Stellungnahmen
aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion
|
zurück |
|
|