Wien (oenb) - Anlässlich des Tages der Amtlichen Statistik 2005 mit
dem Generalthema „Unabhängigkeit, Integrität und Verantwortlichkeit der Amtlichen Statistik – Anforderungen
und Wirklichkeit“ referierte OeNB-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Dr. Klaus Liebscher am Dienstag (20. 09.)
in Wien über die Anforderungen und Erwartungen der Zentralbanken an die Amtliche Statistik.
Dabei betonte er, dass ohne verlässliche amtliche Statistiken Politik nicht möglich wäre. „Wirtschaftpolitik
ohne verlässliche Daten ist undenkbar, ja sogar unverantwortlich, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer
Ebene“, so Gouverneur Liebscher. „Das gilt auch für die Politikbereiche, welche in die Zuständigkeit
der Zentralbanken fallen, nämlich die Sicherung der Geldwertstabilität, die Sicherung der Finanzmarktstabilität
und die Sicherung eines effizienten Zahlungsverkehrs.“ Notenbanken würden daher zu den sehr anspruchsvollen
Nutzern amtlicher Statistiken mit entsprechend weitgehenden Anforderungen und hohen Erwartungen gehören. Daher
sei auch eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken und den statistischen Ämtern sowohl auf
nationaler als auch auf europäischer Ebene unerlässlich. „Diese Zusammenarbeit funktioniert aus der Sicht
der OeNB in Österreich sehr gut“, so der Gouverneur.
Die statistischen Anforderungen und Erwartungen der Zentralbanken würden aber über den Kreis der Notenbankaufgaben
hinausgehen. Die gemeinsame Geldpolitik agiere in einem wirtschaftspolitischen Umfeld, das sehr stark von der budgetären
Lage in den Mitgliedsländern der Währungsunion beeinflusst ist. Das Verfahren bei einem übermäßigen
Defizit und der Stabilitäts- und Wachstumspakt seien daher keine Schikanen der Europäischen Kommission
oder der Zentralbanken, sondern elementare Bestandteile zur Absicherung der stabilitätsorientierten europäischen
Geldpolitik. „Es ist unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission und der Rat der
Europäischen Union die überarbeiteten Regelungen strikt und konsequent so umsetzen, dass sie einer umsichtigen
und nachhaltig gesunden Finanzpolitik dienlich sind.“ Er begrüße daher alle Initiativen, die dazu beitragen,
die Erstellung verlässlicher Daten – und hier insbesondere der Fiskaldaten – zu sichern.
Eine ganz entscheidende Voraussetzung für qualitativ hoch stehende Daten sei die Unabhängigkeit der Statistikproduzenten,
so Gouverneur Liebscher weiter. Die zunehmende politische Bedeutung von Statistiken bringe es mit sich, dass die
für die Erstellung der Daten Verantwortlichen politischem Druck ausgesetzt sein können. Daher sei eine
klare Absicherung der methodischen, personellen und auch finanziellen Unabhängigkeit der Amtlichen Statistik
von zentraler Bedeutung. Hier könne das bewährte Modell des ESZB als eine Zukunftsperspektive für
das Europäische Statistische System (ESS) dienen.
Abschließend betonte Gouverneur Liebscher, dass die Amtliche Statistik die Aufgabe und Verantwortung habe,
neue wirtschaftliche Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und in ihre statistischen Konzepte einzubeziehen. „Eine
sich dynamisch entwickelnde Wirtschaft braucht daher auch ein sich dynamisch entwickelndes Statistikangebot, eine
dynamische Amtliche Statistik. Gleichzeitig muss auch die Qualität der Daten in diesem sich ständig ändernden
Umfeld nachhaltig gesichert werden.“ Die politischen Entscheidungsträger seien es den Bürgerinnen und
Bürgern ihrer Länder und Europas schuldig, die für verlässliche Statistiken notwendigen Ressourcen
zur Verfügung zu stellen. |