Salzburg (universität) - Die Paris Lodron Universität Salzburg verlieh am Dienstag (20. 09.)
Vormittag in der Max-Gandolph-Bibliothek das Ehrendoktorat der Philosophie an den früheren Schauspielchef
der Salzburger Festspiele, Regisseur und Dramaturg Peter Stein.
In seiner Laudatio hob Altertumswissenschafter Gerhard Petersmann hervor, dass die Universität Salzburg, gerade
auch angesichts der heftigen Kritik an seinem Wirken, seine Leistungen als Regisseur, Intendant und Dramaturg ehren
wolle. Insbesondere hob Petersmann Steins lebenslange „geradezu philologische Auseinandersetzung mit den Texten“
hervor, die seinen Inszenierungen zugrunde liegen, sei es Shakespeare oder seien es die anspruchsvollen altgriechischen
Texte, die Generationen von Forschern aus den alten Überlieferungen erstellt hätten.
Peter Stein als Schauspielchef der Salzburger Festspiele
Die Universität Salzburg würdigt insbesondere Steins Schaffen in den 90er Jahren, wo er von 1992
bis 1997 Schauspielchef der Salzburger Festspiele gewesen ist. In dieses Jahrzehnt fällt neben Tschechows
Onkel Wanja 1996 und der Hamlet-Inszenierung 1998 in Moskau die berühmte russische Aufführung der aischyleischen
Orestie. Mitten im politischen Chaos des kollabierenden Sowjetimperiums sei diese Inszenierung zu einem europäischen
Kulturereignis, zu einer monumentalen Mahnung zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geworden, so Petersmann.
Als Peter Stein nach Salzburg kam, inszenierte er zunächst Shakespeares große antike Dramen Julius Caesar,
Antonius und Kleopatra und Coreolan. Im Salzburger Landestheater kamen Stücke zur Aufführung, die eher
selten gezeigt werden, wie „Wesele“ von Stanislaw Wyspianski. Mit der Belebung des Schauspiels in Salzburg durch
Peter Stein gingen auch technische Veränderungen einher. Die Felsenreitschule wurde neu beschallt und Schritt
für Schritt das Theater auf der Perner-Insel in Hallein (nahe bei Salzburg) aufgebaut. In der dortigen Salzverdampfungshalle
inszenierte Stein schließlich „Libussa“ von Franz Grillparzer. 1996 führte Peter Stein „Alpenkönig
und Menschenfeind“ von Ferdinand Raimund im Salzburger Landestheater mit Otto Schenk und Helmut Lohner auf.
Peter Stein hat in seiner Salzburger Zeit Shakespeares Römertrilogie übersetzt. Seine Übersetzungen
berücksichtigen alle Sprachebenen. „Wenn es vulgär wird, bleibt es eben vulgär“ so Peter Stein.
Sein Theaterprogramm für die Salzburger Festspiele führte binnen weniger Jahre zu einer Verdreifachung
der Zuschauerzahl.
Verbindungen zur Universität Salzburg
Auch mit der Salzburger Universität kam es in dieser Zeit zu einem regen Wissensaustausch mit Vorträgen
und Diskussionen. Als der Fachbereich Altertumswissenschaften neu adaptierte Räumlichkeiten in der Alten Residenz
bezog, hielt Peter Stein den Eröffnungvortrag im Rahmen einer gleichzeitig stattfindenden Fachtagung. Universitätsprofessor
Gerhard Petersmann erinnert sich: „Der griechische Mythos, sein spannungsvolles Verhältnis zur attischen Tragödie,
seine Überwindung durch das Theater, war Gegenstand einer ausführlichen Erörterung bei seinem Vortrag“.
Stein sei nicht müde geworden, auf die Bedeutung des griechischen Theaters hinzuweisen: zuletzt mit Produktionen
wie Kleists Penthesilea, der Medea des Euripides denn so habe Stein ausgeführt „das griechische Theater schaut
nicht in die Vergangenheit, auf die alten Mythen, sondern in die Zukunft.“
Die Universität wolle die Altertumswissenschaften ausbauen, kündigte Sonja Puntscher-Riekmann, Vizerektorin
für Internationale Beziehungen und Kommunikation, im Rahmen des Festaktes an. Man werde eine Professur für
Gräzistik ausschreiben, die das antike Theater und seine Wirkungsgeschichte für Europa behandelt. Auch
hierzu sind Peter Steins Ratschläge für eine Neuorientierung der Gräzistik in Salzburg in die Profilpapiere
des Fachbereichs für Altertumswissenschaften eingegangen.
Peter Stein - Kurzbiographie
wurde am 1. 10. 1937 in Berlin geboren und studierte von 1956 bis 1958 an der Universität Frankfurt
Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. Er setzte seine Studien von 1958 bis 1964 in München fort, wo er
insbesondere Klassische Philologie und Klassische Archäologie, vor allem griechische dramatische Literatur
und griechische Kunst belegte. Seit 1964/65 widmete er sich als Dramaturgie- und Regieassistent an den Münchner
Kammerspielen bei Fritz Kortner dem Theater. Als Regisseur und Dramaturg hat er seit dieser Zeit Dramen der Weltliteratur
auf zahlreichen Bühnen von deutschen und europäischen Theatern aufgeführt. Er war Mitbegründer
der Schaubühne am Halleschen Ufer in West-Berlin und künstlerischer Leiter dieses Theaters bis 1985.
Von 1992 bis 1997 leitete er das Theaterprogramm der Salzburger Festspiele. Im Jahre 2000 konnte er mit der monumentalen
Inszenierung von Goethes Faust I und II bei der Expo 2000 in Hannover, dann in Berlin und in Wien ein lange verfolgtes
Konzept verwirklichen, welches in ungekürzter Fernsehübertragung ein weltweites Publikum erreichte. Peter
Stein lebt heute mit seiner Frau Maddalena Crippa auf seinem Landsitz San Pancrazio, nördlich von Rom. |