Bartenstein: Wir brauchen rasche Dienstleistungsfreiheit  

erstellt am
30. 09. 05

Wirtschafts- und Arbeitsminister beim "Europatag" im Parlament: "Die vier EU-Freiheiten sind nur teilweise verwirklicht"
Wien (bmwa) - "Die Dienstleistungsfreiheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung in Europa. Die vier Grundfreiheiten der EU wurden bisher nur zum Teil verwirklicht, besonders im Bereich der Dienstleistungsfreiheit", sagte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein am Donnerstag (29. 09.) beim "Europatag" im Parlament. Schon der EU-Binnenmarkt habe in zehn Jahren 2,5 Millionen Jobs gebracht. Durch die Dienstleistungsrichtlinie rechne die Europäische Kommission mit einem Beschäftigungseffekt von 600.000 Jobs in Europa.

Bartenstein wies darauf hin, dass es im Bereich der Dienstleistung eine Reihe von Hindernissen für österreichische Unternehmen gebe, vor allem für Klein- und Mittelbetriebe. Der Minister nahm in diesem Zusammenhang auf einen Bericht des holländischen Ministerpräsidenten Wim Kok Bezug, an dem auch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch gemeinsam mit anderen Experten mitgearbeitet habe. Der Bericht komme zu dem Schluss, dass das heutige Dienstleistungshandelsniveau innerhalb Europas niedriger als vor zehn Jahren sei.

Als konkretes Dienstleistungs-Hindernis nannte Bartenstein mehrere Beispiele, etwa, dass in manchen Mitgliedsländern Elektriker nur dann tätig werden dürfen, wenn sie beim örtlichen E-Werk zertifiziert sind. Fremdenführer, auch in Österreich, würden eine lokale Genehmigung brauchen, ansonsten dürfen sie nicht tätig werden. Und Handwerker müssten oftmals Pkws mit nationaler Zulassung benützen, um ihre Werkzeuge transportieren zu dürfen.

Die rasche Umsetzung der Richtlinie sei besonders wichtig, da 70 Prozent der gesamten europäischen Wertschöpfung im Bereich Dienstleistungen entstehe.

Österreich exportiere 40 Milliarden Euro an Dienstleistungen pro Jahr und weise in diesem Bereich einen Handelsbilanzüberschuss von 1,6 Milliarden Euro auf. Die rasche Umsetzung der Dienstleistungsfreiheit sei also für Österreich noch wichtiger als für andere Staaten, so Bartenstein, der darauf hinwies, dass das Herkunftslandprinzip das Bauprinzip sei. Von diesem Prinzip solle auch nicht abgerückt werden.

Es gelte, das bestehende Dreieck - Dienstleistungsrichtlinie, Entsenderichtlinie und Berufsanerkennungsrichtlinie - anzuerkennen. Bei der Entsendung von Arbeitnehmern muss ein Dienstleistungserbringer, der zum Zwecke der Dienstleistungserbringung Mitarbeiter in ein anderes Mitgliedsland entsendet, die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Aufnahmelandes erfüllen. Die Kontrolle obliegt dem Aufnahmeland, nicht dem Herkunftsland. Der Vorwurf des Lohn- und Sozialdumpings durch die Dienstleistungsrichtlinie sei daher falsch. Anders als in Deutschland habe nämlich Österreich die Entsenderichtlinie sehr engmaschig umgesetzt.

Am 4. und 5. Oktober werde sich der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments mit der Dienstleistungsrichtlinie beschäftigen. Wann es zur ersten Lesung kommen werde, sei noch nicht vorhersehbar. "Das könnte sich verschieben, dementsprechend könnte sich auch die Antwort der Kommission verschieben. Bis dato gibt es nicht weniger als 1000 Abänderungsanträge zu diesem Thema", sagte Bartenstein.

Der Minister appellierte abschließend an die anderen Parteien, dass beim Thema Dienstleistungsrichtlinie Konsens herrschen sollte: "Ausnahmen für den sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge, also für Gesundheits- und Sozialbereich, sind unverzichtbar. Es braucht auch eine Sicherstellung effizienter Kontrollen durch Behörden und eine lückenlose Rechtsverfolgung. Außerdem muss eine klare Abgrenzung zwischen Dienstleistungsrichtlinie und Entsenderichtlinie getroffen werden."
     
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