Brüssel (europarl) - Die Europäische Kommission hat am Dienstag (27. 09.) einen Plan zur
Eindämmung des wachsenden Beitrags vorgelegt, den der Luftverkehr an der Klimaänderung hat. Flugzeuge
sind eine bedeutende und wachsende Quelle von Treibhausgasemissionen, die zur globalen Erwärmung führen.
So verursacht zum Beispiel ein Hin- und Rückflug von Amsterdam in das thailändische Urlaubsgebiet von
Phuket wesentlich mehr Kohlendioxid (CO2) als ein durchschnittlicher Neuwagen in einem ganzen Jahr. In einer Mitteilung
kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die vielversprechendste Lösung zur Bekämpfung der Emissionen
aus dem Luftverkehr darin besteht, die Betreiber von Flugzeugen in das EU-System für den Handel mit Treibhausgasemissionen
einzubinden. Bei diesem System wird eine Gesamtmenge von Treibhausgasemissionen festgelegt, innerhalb derer die
Beteiligten nach Bedarf Emissionszertifikate kaufen und verkaufen können. Somit könnte ein stetiger Anreiz
für Luftfahrtunternehmen geschaffen werden, ihre Emissionen zu minimieren.
Dazu erklärte Umweltkommissar Stavros Dimas: „Der derzeitige Boom im Luftverkehr führt zu einem raschen
Anstieg der Treibhausgasemissionen. Durch die Ausweitung des Emissionshandels auf den Luftverkehr lassen sich diese
Emissionen begrenzen und es kann gewährleistet werden, dass der Luftverkehr wie andere Sektoren einen Beitrag
zur Reduzierung der schädlichen Treibhausgase leistet. Durch den Emissionshandel können die Luftfahrtunternehmen
dieses Ziel außerdem zu den geringstmöglichen Kosten erreichen.“
Vizepräsident und Kommissar Jacques Barrot, zuständig für Verkehrsfragen, fügte hinzu: „In
der Luftverkehrsbranche wächst der Konsens, dass der Emissionshandel der beste Weg zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen
ist”.
Der Beitrag des Luftverkehrs zur Klimaänderung
Der Anteil des Luftverkehrs an der Gesamtmenge der Treibhausgase in der EU ist mit etwa 3% noch immer bescheiden,
aber die Emissionen steigen hier rascher als in anderen Sektoren und könnten die Fortschritte durch Emissionsminderungen
in anderen Wirtschaftsbereichen wieder zunichte machen. Die EU-Emissionen von internationalen Flügen wuchsen
zwischen 1990 und 2003 um 73%. Diese Steigerung könnte sich bis 2012 auf 150% erhöhen, wenn keine Maßnahmen
getroffen werden, und würde die Gemeinschaft über ein Viertel der 8 % Reduktionen kosten, die die EU-15
zwischen 1990 und 2012 im Rahmen des Kyoto-Protokolls erreichen muss.
Der Handlungsbedarf
Die CO2-Emissionen von Inlandsflügen sind bereits in die Emissionsziele des Kyoto-Protokolls einbezogen,
die von internationalen Flügen jedoch nicht. Laut dem sechsten Umweltaktionsprogramm sollte die EU gezielte
Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Luftfahrt durchführen, falls die Internationale
Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), die in dieser Hinsicht zuständige internationale Einrichtung, sich bis
2002 nicht auf entsprechende Maßnahmen geeinigt haben sollte. Die ICAO hat derartige Maßnahmen bisher
noch nicht getroffen. Sie hat jedoch das Konzept des Emissionshandels gebilligt.
Marktanreize als zentrale Komponente eines umfassenden Konzepts
In Anbetracht der Situation in der ICAO und unter Berücksichtigung von Fragen der Kostenwirksamkeit stellt
nach Auffassung der Kommission eine Einbeziehung des Luftverkehrs in das EU-Emissionshandelssystem die beste Lösung
dar, um die Emissionen aus diesem Sektor einzudämmen. Bei der Ausarbeitung ihrer Strategie prüfte die
Kommission verschiedene andere marktorientierte Lösungen, einschließlich der Besteuerung von Flugtickets,
Startgebühren und Emissionsabgaben, kam jedoch zu dem Ergebnis, dass diese Lösungen entweder weniger
effektiv im Hinblick auf den Umweltschutz oder weniger kostenwirksam sein würden.
Durch das Emissionshandelssystem, das derzeit etwa 11 500 Industrieanlagen einbezieht, können die beteiligten
Unternehmen ihre CO2-Emissionen auf die kostenwirksamste Weise verringern. Jeder Betreiber erhält eine begrenzte
Anzahl von Emissionszertifikaten, die einen ständigen Anreiz darstellen, die Emissionen möglichst gering
zu halten. Diese Zertifikate können auf dem Markt gehandelt werden und geben den Betreibern ausreichend Flexibilität
bei der Wahl des für sie kostengünstigsten Wegs zur Eindämmung ihrer Emissionen. Die Einbeziehung
des Luftverkehrs in das System würde es den Luftfahrtunternehmen gestatten, von diesem kostenwirksamen Konzept
zu profitieren und in einem erweiterten Markt gemeinsam mit Industrieunternehmen und anderen Luftfahrtunternehmen
je nach Bedarf mit Emissionszertifikaten zu handeln.
Aus ökologischer Sicht sollte das System nach Auffassung der Kommission alle Emissionen von allen Flügen
einbeziehen, die von der EU ausgehen, sei es nach einem Zielort in der EU oder in einem Drittland. Unternehmen
aus der EU und aus Drittländern würden dabei gleich behandelt.
Im Rahmen ihres umfassenden Problemlösungskonzepts tritt die Kommission auch dafür ein, verschiedene
andere Initiativen fortzusetzen oder auszubauen, die dazu beitragen können, die Emissionen aus dem Luftverkehr
zu begrenzen, z.B. die Verbesserung des Flugverkehrsmanagements und die laufenden Bemühungen um die Beseitigung
rechtlicher Hindernisse für eine Besteuerung des Flugtreibstoffs.
Auswirkungen
Nach vorläufigen Schätzungen aufgrund von Modellierungen dürften die Auswirkungen auf die Preise
der Flugtickets nur gering sein, d.h. zwischen Null und einer Verteuerung von bis zu 9 € je Hin- und Rückflug.
Unter diesen Voraussetzungen würde die Nachfrage im Luftverkehr lediglich etwas geringer steigen als bisher
erwartet. Die Auswirkungen auf den Tourismus oder Gebiete in Randlage mit starker Abhängigkeit vom Luftverkehr
dürften sehr begrenzt sein.
Weitere Schritte
Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, sich ausführlich zu der Mitteilung
zu äußern. Die Kommission wird außerdem im Rahmen des Europäischen Programms zur Klimaänderung
eine Arbeitsgruppe von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten und Beteiligten einsetzen, die sich mit bestimmten
Fragen detailliert auseinandersetzen und im kommenden Jahr Bericht erstatten soll. Die Kommission wird anschließend
einen Vorschlag für eine Rechtsvorschrift zur Überarbeitung des Emissionshandelssystems vorlegen. Dabei
soll eine volle Abstimmung mit der allgemeinen Revision des Emissionshandelssystems gewährleistet werden,
die Mitte 2006 ansteht. Der Beginn der Beteiligung des Luftverkehrs am Emissionshandelssystem hängt davon
ab, wie bald die betreffende Rechtsvorschrift verabschiedet und umgesetzt werden kann. |