Klangbilder von Michael Casey in der Donau-Universität Krems
Krems (kpr) - Posters mit dem Abbild von Christina Stürmer zieren viele österreichische
Jugendzimmer. Nun kann man sich aber auch ihre Songs an die Wand hängen. Wie das geht, zeigt der englische
Komponist und Computer-Forscher Michael Casey in der Donau-Universität Krems. Er hat eine Methode entwickelt,
um Strukturen von Musik zu visualisieren und ermöglicht mit seinen - auch optisch ansprechenden - Klangbildern
interessante Vergleiche zwischen unterschiedlichen Musikstilen. Was Sinead O'Connor mit Antonio Vivaldi gemeinsam
hat und Georg Friedrich Haas von R.E.M. unterscheidet, lässt sich noch bis 20. Oktober in der Donau-Universität
Krems erkunden.
Musik sichtbar zu machen ist keine neue Idee - seit vielen Jahrhunderten liefert die Notenschrift ein abstraktes,
unverwechselbares Bild von Musik. Details wie Ausdruck oder Klang lassen sich mit Noten aber nicht wiedergeben.
Michael Casey, Wissenschaftler am Goldsmiths College, der Kunsthochschule der University of London, sucht daher
nach neuen Formen zur Beschreibung von Musik. Mithilfe digitaler Technologie fand er einen Weg, Musiksequenzen
in Bilder umzusetzen und so Unterschiede und Gemeinsamkeiten musikalischer Genres und Stile auch visuell wahrnehmbar
zu machen.
Im Gegensatz zur Notenschrift geht es in Caseys "Klangbildern" nicht um eine absolute Darstellung von
Klängen, sondern um Relationen. "Die Bilder enthüllen die Essenz des Aufbaus von Musik. Sie zeigen
ihre Bestandteile und deren Organisation zu einer Struktur", sagte Michael Casey bei der Vernissage zur Ausstellung
"Klangbilder" in der Donau-Universität Krems. Wissenschaftliches Ziel seiner Arbeit war es, gemeinsame
Muster in verschiedenen Musikstilen zu finden. "Aber schon bald hat sich herausgestellt, dass die Umwandlung
der Musik in visuelle Form einen eigenen ästhetischen Reiz hat", so Casey.
Bunte Klangmosaike zeigen Ähnlichkeiten und Kontraste
Jedes von Caseys quadratischen Bildern entspricht einem gesamten Lied oder einem Ausschnitt eines musikalischen
Werks. Das Musikstück beginnt in der linken oberen Ecke und verläuft diagonal nach rechts unten. Jeder
Punkt der Diagonale entspricht einem Moment der Komposition. Die Farben und Strukturen links des Punktes stehen
für das Verhältnis des betreffenden Moments zum davor liegenden Teil des Liedes, rechts befindet sich
die "Vorschau" auf den Rest des Stücks. Ähnliche Klangsequenzen werden dabei ihn Blau abgebildet,
Rot symbolisiert Kontraste. Zur Darstellung der Dauer eines Musikabschnitts dient ein Raster aus weißen Linien.
Auf diese Art entstehen mosaikartige bunte Bilder, die interessante Vergleiche zwischen verschiedenen Musikstilen
ermöglichen. Eric Claptons "I Shot The Sheriff" weist etwa verblüffende Ähnlichkeit mit
dem Donauwalzer auf und die Chemical Brothers haben mit Johann Sebastian Bach rein gar nichts gemeinsam. Exklusiv
für die Ausstellung in Krems hat Casey Werke der österreichischen Künstler Johannes Maria Staud,
Ernst Krenek, Georg Friedrich Haas und Christina Stürmer bearbeitet. Für die akustische Vergleichsmöglichkeit
sorgen Klangproben auf CD.
Klangbilder als Mittel gegen Lizenzverstöße
Neben wissenschaftlichen und künstlerischen Aspekten birgt Caseys Arbeit auch interessante Möglichkeiten
zur praktischen Anwendung. Mithilfe seiner Computerberechnungen lässt sich ein Musikstück so beschreiben,
dass es anhand seiner Struktur automatisch wiedererkannt werden kann. Musikverlage könnten auf diese Art künftig
etwa Radioprogramme auf Lizenzverstöße untersuchen. |