Österreichs Bevölkerung wächst durch Zuwanderung  

erstellt am
17. 10. 05

Wanderungsgewinne kompensieren Geburtendefizite
Wien (statistik austria) - Österreich wird gemessen an der Zahl der Einwohner noch 45 Jahre lang wachsen. Dr. Gabriela Petrovic, Generaldirektorin der Statistik Austria dazu: „Das Wachstum wird jedoch langfristig nur durch Zuwanderung erreicht werden. In den nächsten 20 Jahren werden sich Geburten und Sterbefälle noch die Waage halten. Danach ist jedoch mit stärkeren Geburtendefiziten zu rechnen.“

Zuwanderung lässt Einwohnerzahlen bis 2050 auf 9 Millionen steigen
„Heute zählt Österreich 8,17 Millionen Einwohner, 2015 werden es 8,54 Millionen sein und 2030 8,84 Millionen. Österreichs Bevölkerung wächst zwar von Jahr zu Jahr immer weniger, jedoch ist erst Mitte des Jahrhunderts eine Wende zu erwarten.“, so Dr. Petrovic weiter.

Nach 2030 ist gemäß der neuen Prognose der Statistik Austria mit weiteren Bevölkerungszuwächsen von 150.000 Personen zu rechnen, und zwar auf 9 Mio. im Jahr 2050 (+9,9% bezogen auf 2050). Erst nach dem Jahr 2050 werden aus heutiger Sicht die langfristig erwarteten Geburtendefizite so hoch sein, dass sie durch die unterstellten Wanderungsgewinne nicht mehr kompensiert werden können. Die Bevölkerungszahl wäre demnach dann wieder leicht rückläufig.

Künftig mehr ältere Menschen, weniger Kinder und Jugendliche
„In den nächsten fünfundvierzig Jahren wird die österreichsche Bevölkerung weiter wachsen. Was sich jedoch dramatisch ändern wird ist die Altersstruktur.“ so Mag. Dr. Peter Findl, Leiter der Direktion Bevölkerung, Und weiter: „Während Zahl und Anteil der Generation 60+ wächst, nimmt die Zahl der Kinder und Jungendlichen unter 15 Jahren ab. Leicht abgefedert wird der Prozess durch die Zuwanderung.“ Die Zahl der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 15 und 60 Jahren wird sich künftig vor allem durch Zuwanderung noch leicht erhöhen, langfristig aber wieder zurückgehen.

Zahl der Kinder sinkt langfristig um 8%
Im Jahr 2004 lebten in Österreich 1,33 Mio. unter 15-jährige Kinder und Jugendliche. Sie stellten damit 16,2% der Gesamtbevölkerung von 8,17 Mio. Infolge der künftig geringeren Geburtenzahlen wird ihre Zahl in den nächsten Jahrzehnten zurückgehen. Bis 2030 wird sie sich auf 1,26 Mio. (-5%) verringern. Danach wird der Rückgang schwächer ausfallen, so dass im Jahr 2050 rund 1,23 Mio. Österreicher unter 15 Jahre alt sein werden. Gegenüber dem Jahr 2004 entspricht dies einem Minus von 8%. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird dann nur mehr 13,6% betragen.

Langfristig schrumpft auch die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter
5,06 Mio. Einwohner standen 2004 im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 60 Jahren. Dazu Mag. Dr. Peter Findl: „Bis 2014 wird sich das Erwerbspotenzial durch die Zuwanderung noch leicht auf 5,26 Mio. Personen erhöhen. Das ist ein Plus von 4%.“ Ab 2020 werden jedoch deutlich mehr Personen ins Pensionsalter übertreten als Jugendliche bzw. Zuwanderer hinzukommen. Weniger Jugendliche kann eine Entspannung, möglicherweise auch einen Mangel am Lehrstellenmarkt bedeuten. Die Zahl der Erwerbsfähigen wird zwischen 2020 und 2030 von 5,15 Mio. auf 4,88 Mio. (-4% gegenüber 2004) abnehmen. Nach 2030 wird das Erwerbspotenzial weiter sinken. Mit 4,75 Mio. wird es 2050 um -6% niedriger sein als 2004. Der Anteil des Erwerbspotenzials an der Gesamtbevölkerung sinkt bis 2050 von 61,9% auf 52,9%.

Die Zahl der Bevölkerung im Pensionsalter wächst künftig um zwei Drittel
Kräftige Zuwächse sind hingegen ab sofort bei der über 60-jährigen Bevölkerung zu erwarten. In absehbarer Zukunft werden immer stärker besetzte Geburtsjahrgänge ins Pensionsalter übertreten, nämlich die Baby-Boom-Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre.

Lebenserwartung steigt weiter
Darüber hinaus werden mehr Menschen als früher ein höheres Alter erreichen. Dies liegt an der steigenden Lebenserwartung, aber auch an den von Kriegsverlusten unberührt gebliebenen Männer-generationen. Somit wird die Zahl der über 60-Jährigen im Jahr 2015 mit 2,04 Mio. um 14% größer sein als 2004. Bis 2050 steigt ihre Zahl auf 3,01 Mio. (+68%). Dr. Findl: „Ist derzeit noch jeder 5. Österreicher über 60 Jahre alt, so wird es bis 2020 bereits jeder 4. sein. Langfristig wird jeder 3. Bewohner unseres Landes über 60 Jahre alt sein.“

Starker Zuwachs auch bei den betagten Menschen
Dramatisch erhöht sich auch die Zahl der über 75-Jährigen in der Bevölkerung. Diese Bevölkerungsgruppe umfasste 2004 noch 621.000 Personen. 2030 wird sie bereits 969.000 betragen, um 56% mehr als 2004. Bis 2050 steigt ihre Zahl auf 1,44 Millionen an, das entspricht einem Plus von 132%. Somit stehen dem Gesundheitssystem sowie allen Arten von Betreuungseinrichtungen älterer Menschen neue und große Herausforderungen bevor.

Bis 2050 steigt das Durchschnittsalter um 6 Jahre
Das Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung nimmt im Prognosezeitraum bis 2050 um 6,1 Jahre zu, von derzeit 40,3 Jahre (2004) auf 46,4 Jahre (2050). Während das Durchschnittsalter der Männer in diesem Zeitraum von 38,6 auf 44,8 Jahre steigt, nimmt das Durchschnittsalter der Frauen von 41,9 auf 48,0 Jahre zu.

Die durchschnittliche Kinderzahl dürfte sich künftig stabilisieren
Die aktuelle Bevölkerungsprognose der Statistik Austria geht von vorerst noch konstanten durchschnittlichen Kinderzahlen von 140 Kindern pro 100 Frauen aus. Für den Zeitraum der Jahre 2010 bis 2030 wird unterstellt, dass die Kinderzahl leicht ansteigt, und zwar auf 150 Kinder pro 100 Frauen. Frauen bekommen immer später ihre Kinder, zumindest ein Teil der bisher aufgeschobenen Geburten dürfte in Zukunft noch nachgeholt werden.

Künftig sind jährlich 75.000 bis 80.000 Geburten zu erwarten
Durch diese Annahmen sowie durch die Zuwanderung, welche die Elterngenerationen zahlenmäßig verstärkt, wird der langfristige Rückgang der jährlichen Zahl der Lebendgeburten gestoppt. Die Geburtenzahlen werden demnach bis zum Jahr 2050 bei jährlich 75.000 bis 80.000 liegen.

Trotz steigender Lebenserwartung nimmt die Zahl der Sterbefälle zu
Trotz steigender Lebenserwartung bis 2050 von dzt. 76,4 auf 84,3 Jahre für Männer bzw. von 82,1 auf 89,0 Jahre für Frauen ist künftig mit einer deutlichen Zunahme der Sterbefälle zu rechnen. Dies ist eine unmittelbare Folge des Alterungsprozesses der Bevölkerung. Stärker besetzte Jahrgänge rücken nun in höhere Alter vor und sind somit höheren Sterblichkeitsrisken ausgesetzt. Im Jahr 2004 ist mit 74.300 Sterbefällen vorerst die bisher niedrigste Zahl der Nachkriegszeit erreicht worden. Mittelfristig dürfte die jährliche Zahl der Sterbefälle jedoch kontinuierlich ansteigen. Demnach ist 2015 mit 77.800 Sterbefällen zu rechnen, um 5% mehr als 2004. Bis 2030 erhöht sich ihre Zahl auf 83.500 (+12%), bis 2050 auf 96.700 (+30%).

Langfristig werden mehr Sterbefälle als Geburten zu verzeichnen sein
In den nächsten 20 Jahren wird noch mit ausgeglichenen Geburtenbilanzen zu rechnen sein. Dazu Univ.Doz. Dr. Josef Kytir, Stellvertretender Leiter der Direktion Bevölkerung in der Statistik Austria: „2004 war die Differenz aus Geburten minus Sterbefällen mit +4.700 deutlich positiv, dieses Niveau wird jedoch künftig nicht mehr erreicht werden. Nach 2025 werden die Sterbefälle die Geburten übersteigen. 2030 wird das Geburtendefizit bereits 4.900 mehr Sterbefälle als Geburten betragen, 2050 schließlich 19.500. Seitens der Geburtenbilanz ist somit künftig nicht mehr mit einem Bevölkerungswachstum zu rechnen.“

Bevölkerungswachstum durch Zuwanderungsgewinne
2004 betrug der Wanderungsgewinn Österreichs (Saldo aus Zu- und Wegzügen) 50.600 Personen. 127.400 Zuwanderern standen 76.800 Abwanderer gegenüber. Zunehmende Verflechtungen mit den bisherigen und den neuen EU-Ländern, bestehende Ansprüche auf Familiennachzüge infolge von Einbürgerungen sowie in gewissem Ausmaß ökonomisch bedingte Migration werden die Zuwanderung zunächst auf einem ähnlich hohen Niveau halten. Längerfristig ist jedoch durch ökonomische und demographische Veränderungen in den Herkunftsländern mit einem graduellen Rückgang der Zuwanderung auf etwa 100.000 Personen jährlich zu rechnen, wodurch sich der Wanderungssaldo bei jährlich 80.000 Abwanderern ab dem Jahr 2020 bei rund 20.000 Personen einpendeln wird. Diese jährlichen Wanderungsgewinne werden künftig den Hauptmotor des Bevölkerungswachstums bilden.

Regional sind unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten
Während die Bevölkerungszahl des gesamten Bundesgebietes in den nächsten Jahrzehnten noch wächst, sind regional deutlich unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten. Mag. Alexander Hanika vom Bereich Analyse und Prognose dazu: „Die östlichen Bundesländer Wien und Niederösterreich sowie die westlichen Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg haben kräftige Bevölkerungszuwächse zu erwarten, im Süden in der Steiermark und in Kärnten werden hingegen Rückgänge zu verzeichnen sein. In Oberösterreich werden die Zuwächse deutlich niedriger sein als im Bundesschnitt, während die Bevölkerungszahl des Burgenlandes stagniert.“

Wien könnte wieder eine 2-Millionen-Stadt werden
Wien wird gemäß der neuen Prognose künftig das stärkste Bevölkerungswachstum aller Bundesländer erfahren. Grund dafür ist die starke Zuwanderung. Mag. Hanika dazu: „Rund 40% der Immigration nach Österreich entfallen auf die Bundeshauptstadt. Es gibt zudem wieder mehr Kinder in Wien.“ Die Anzahl der Kinder liegt hier seit einigen Jahren im allgemeinen Bundesschnitt. Nach der vorliegenden Prognose der Statistik Austria wird die Bevölkerungszahl Wiens von 1,61 Mio. (2004) bis 2015 um 11% auf 1,79 Mio. und weiter bis 2030 auf 1,93 Mio. (+20%) ansteigen. Bis 2050 wird die Bevölkerung die 2-Millionen-Grenze überschritten haben und mit 2,05 Mio. Einwohnern um 27% mehr zählen als 2004. So viele Einwohner hatte Wien zuletzt im Jahr 1910.

Wien wird langfristig zum demographisch jüngsten Bundesland
Analog zum gesamten Bundesgebiet werden auch die Bevölkerungen in den Bundesländern stark altern. Allerdings sind im Alterungsprozess regionale Unterschiede zu beobachten. Die Anteile der über 60-Jährigen werden auch zukünftig im Osten und Süden Österreichs höher sein als im Westen des Bundesgebietes. Eine deutliche Ausnahme bildet in der Ostregion die Bundeshauptstadt Wien, wo der Anteil der älteren Menschen von dzt. 22,2% nur auf 25,1% (2030) und bis 2050 bloß auf 27,4% steigen dürfte. Das wäre zu diesem Zeitpunkt der niedrigste Anteil über 60-Jähriger aller Bundesländer.

In Vorarlberg, Tirol und Salzburg wird sich die Zahl der über 60-Jährigen bis 2050 nahezu verdoppeln.
Bezogen auf die Absolutzahlen der über 60-Jährigen sind die stärksten Zuwächse im Westen zu erwarten. In Vorarlberg (+98%), in Tirol (+89%) und in Salzburg (+88%) wird sich die Zahl der über 60-Jährigen im Laufe des Prognosezeitraumes nahezu verdoppeln. Oberösterreich, Niederösterreich und das Burgenland liegen mit Zuwächsen von +75%, +72%, bzw. +60% bis zum Jahr 2050 näher dem Bundesdurchschnitt von +68%. In Wien (+57%) sowie in der Steiermark und in Kärnten mit jeweils +55% sind die Zuwächse an über 60-Jährigen am niedrigsten.

Wien hat künftig wieder mehr Kinder und Jugendliche
Zahl und Anteil der unter 15-jährigen Kinder und Jugendlichen werden künftig nicht überall sinken. In Wien wird die Kinderzahl sogar deutlich ansteigen, von 237.000 (2004) auf 268.000 im Jahr 2015 (+13%) sowie 300.000 im Jahr 2030 (+27%). Alle anderen Bundesländer werden hingegen längerfristig mit rückläufigen Kinderzahlen zu rechnen haben. Beträgt der Kinderanteil derzeit noch zwischen 14,6% (Burgenland) und 18,7% (Vorarlberg), so wird er im Jahr 2030 zwischen 12,5% (Burgenland) und 15,5% (Wien) betragen, wobei neben Wien nur mehr Niederösterreich und Vorarlberg über dem Bundesschnitt von 14,3% liegen werden.
     
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