Eder: SPÖ lehnt geplante Post-Privatisierung strikt ab – Weiteren Postämtern droht Schließung
Postgesetz-Novelle im heutigen Verkehrsausschuss – SPÖ kündigt Widerstand an
Wien (sk) - "Strikte Ablehnung" bekundete SPÖ-Verkehrssprecher Kurt Eder am Mittwoch
(12. 10.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst hinsichtlich der im Verkehrsausschuss zum Beschluss vorliegenden
Novelle zum Postgesetz. "Die Regierungsparteien wollen so rasch wie möglich die Grundlage für die
Privatisierung der Post AG im Frühjahr 2006 schaffen. Damit droht nach den Schließungswellen 2002 und
2005 die Schließung von weiteren Postämtern. Eine weitere Ausdünnung der Postinfrastruktur bedeutet
eine massive Verschlechterung der Lebensqualität, insbesondere im ländlichen Raum. Die SPÖ wird
sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Privatisierung stemmen, die nicht ohne Grund
von 80 Prozent der Bevölkerung abgelehnt wird", unterstrich Eder.
"Die Österreichische Post AG ist ein funktionierendes, positiv bilanzierendes Unternehmen, das in der
Vergangenheit hohe Sonderdividenden an den Finanzminister abführen musste und so ohne Not unter Druck gesetzt
wurde", erklärte der SPÖ-Abgeordnete. Zur Erinnerung: im Vorjahr lieferte die Post AG eine Sonderdividende
von 40 Mio. Euro an Grasser ab, deutlich mehr als etwa durch die letzte Schließungswelle "eingespart"
wurde (25 Mio. Euro). Was im Falle einer Privatisierung der Post AG passieren werde, liege für Eder auf der
Hand: "Aktionäre wollen Geld sehen wollen, was fast zwangsläufig weitere Rationalisierungsmaßnahmen
nach sich ziehen wird. Experten gehen davon aus, dass damit österreichweit weitere 400 Postämter vor
dem Aus stehen. Die SPÖ befürchtet weiteren schweren Schaden für den Wirtschaftsstandort und den
ländlichen Raum."
Klar sei, dass die Post AG "nicht irgendeine Firma" sei, sondern ein zentrales Infrastrukturunternehmen
im Dienste der Österreicherinnen und Österreicher. Eder vermutet "vornehmlich ideologische Motive
der Regierungsparteien", deren Privatisierungswut jeden Rahmen sprenge: "Nicht einmal in den USA ist
die Post privatisiert." Die Vorbereitung des Post-Börsegangs zum gegenwärtigen Zeitpunkt komme so
oder so zur absoluten Unzeit: die weitere Liberalisierung des Postwesens in der EU sei äußerst unsicher
geworden, so Eder, die Europäische Kommission werde erst 2006 eine Studie (!) zu diesem Thema erstellen. "So
lange die Liberalisierung der Rahmenbedingungen unklar ist, bedeutet jeder Verkauf äußerst schlechte
Konditionen für den Verkäufer", unterstrich der SPÖ-Abgeordnete.
Abschließend betonte Eder, dass auch die bereits beschlossene Umrüstung der Briefkastenfächer von
der SPÖ massiv abgelehnt werde. "Die Bevölkerung lehnt auch diese Maßnahme stark ab. Weil
erst 20 Prozent der Hausbrieffächer umgerüstet wurden, beschließt die Regierung heute absurd hohe
Strafen bis zu 30.000 Euro für Hausbesitzer, die nicht umrüsten wollen. So agiert eine Koalition in den
allerletzten Atemzügen." |
Miedl: Nicht genügend, Herr Eder!
ÖVP-Verkehrssprecher: "Es geht nicht um Privatisierung, sondern um die Vorbereitung
auf neue Bedingungen in der EU"
Wien (övp-pk) - "Vergleicht man die SPÖ-Aussagen zur Verkehrspolitik mit Schulnoten,
so kann ich nur sagen: Nicht Genügend, Herr Eder", meinte ÖVP-Verkehrssprecher Werner Miedl am Mittwoch
(12. 10.) anlässlich des Verkehrsausschusses in Reaktion auf die Aussendung des SPÖ-Verkehrssprechers.
"Bei der vorliegenden Novelle des Postgesetzes geht es darum, einen weiteren Schritt in Richtung Liberalisierung
des Marktes für Postdienstleistungen zu setzen. Es geht nicht um eine Privatisierung, sondern darum, dass
sich die Post mit ihren rund 25.000 Mitarbeitern schon jetzt auf die neuen Umstände vorbereiten kann",
verwies Miedl die SPÖ auf eine EU-Richtlinie. Der Abgeordnete stellte zudem fest, dass keine Region Österreichs
unversorgt bleibe. Im Gegenteil: Der Verkehrsminister habe in Zukunft die Post über künftige Schließungen
zu informieren, damit rechtzeitig entsprechend gehandelt werden kann.
"Nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch im ländlichen Raum müssen die Bürgerinnen und
Bürger weiterhin kundenorientiert und flächendeckend mit Postdienstleistungen versorgt sein. Eine ersatzlose
Streichung von Postämtern ist derzeit und wird auch in Zukunft nicht möglich sein", verwies Miedl
auch auf einen entsprechenden Entschließungsantrag der Regierungsparteien.
"Da ein Datum für eine vollständige Öffnung des Marktes für Postdienstleistungen in der
EU und die damit verbundenen Rahmenbedingungen derzeit noch nicht feststehen, ist es sinnvoll, vorerst einen weiteren
Zwischenschritt in Form einer Novelle des Postgesetzes 1997 zu machen und noch kein grundlegend neues Postmarktgesetz
vorzulegen", begründet der Abgeordnete diese Vorgangsweise.
Die geltende EU-Richtlinie sieht folgendes Szenario vor: Die Europäische Kommission ist verpflichtet, bis
Ende 2006 eine Studie vorzulegen. In dieser Studie hat sie darzulegen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine
völlige Öffnung des Postmarktes möglich ist. Dabei ist vor allem darauf Bedacht zu nehmen, wie der
Universaldienst auf einem liberalisierten Markt sichergestellt und finanziert werden kann. Als Zieldatum für
die Liberalisierung nennt die Richtlinie den 1. Jänner 2009. Aufgrund dieser Studie wird 2007/2008 zu beraten
und schließlich zu beschließen sein, ob und unter welchen Rahmenbedingungen der europäische Postmarkt
ab 1. Jänner 2009 vollständig liberalisiert wird.
Weitere Änderungen dieser Novelle im Detail
- Einführung einer Anzeigepflicht für alle Postdienstleister
- Einführung bestimmter Pflichten für alle Postdienstleister (Allgemeine Geschäftsbedingungen,
Beschwerdemanagement etc.)
- bessere Eingriffsmöglichkeiten der Behörde bei Verstößen gegen die Universaldienstverpflichtung
- verbesserte Aufsichtsmaßnahmen der Regulierungsbehörde
Um die Rahmenbedingungen für die weitere Liberalisierung vorzubereiten, wird ab 1. Jänner 2008 ein
bei der RTR (Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde) angesiedelter unabhängiger und weisungsfreier
Regulator eingerichtet, hob Miedl abschließend hervor.
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