Opposition will Rechtsgutachten, Koalition gegen Kriminalisierung
Wien (pk) - Das Thema Eurofighter beherrschte den Beginn der Sitzung vom Dienstag (11. 10.)
des Rechnungshofausschusses, der sich unter der Leitung seines Obmannes Werner Kogler in einer kurzfristig anberaumten
einstündigen Aktuellen Aussprache mit dem größten Beschaffungsvorgang der Zweiten Republik befasste.
Abgeordneter Günter Kräuter (S) unterstrich die Bedeutung der Kontrolltätigkeit des Parlaments
und hielt es für geboten, offene Fragen beim Eurofighter-Geschäft parlamentarisch zu behandeln: die Frage
nach einem vertraglichen Rücktrittsrecht Österreichs, die Problematik der Lieferung von Flugzeugen der
Tranche I statt der Tranche II, die Konzentration der Stationierung auf Zeltweg und die Kritik des Rechnungshofs
an der Nichtvorlage des Gegengeschäftsvertrags. "Das Parlament muss tätig werden", meinte Abgeordneter
Kräuter.
Abgeordneter Hermann Gahr (V) erinnerte demgegenüber daran, wie ernst das Parlament und insbesondere
der Rechnungshofausschuss seine Kontrollaufgaben bei der Eurofighterbeschaffung genommen habe. Zudem machte Gahr
auf die Ergebnisse der Rechnungshofprüfungen aufmerksam, die keinerlei Verfehlungen erkennen ließen.
Die Forderung der Opposition auf Offenlegung des Eurofightervertrags scheitere an der eindeutigen Verschwiegenheitspflicht
des Bundesministers. "Man soll den Minister nicht zum Amtsmissbrauch anstiften", sagte der Abgeordnete.
Bei der Frage Tranche I oder Tranche II sollte man berücksichtigen, dass es sich beim Eurofighter um ein sich
entwickelndes Projekt handle. Die Flugzeuge der Tranche I gehen in Betrieb, und werden aufgrund der Erfahrungen
mit dem höheren Standard der zweiten Tranche ausgestattet. Die Opposition sollte auf Kriminalisierungen verzichten
und statt dessen eigene Alternativvorschläge unterbreiten. "Denn ein Verzicht auf die Eurofighter ist
nicht zu verantworten. Österreich muss seine Aufgaben bei der Luftraumüberwachung erfüllen",
stellte Hermann Gahr fest.
Abgeordneter Detlev Neudeck (F) sagte einmal mehr, dass er mit der Geheimhaltung des Eurofightervertrages
keine Freude habe, weil dies erst den Vertrag "spannend" mache und so werde der Opposition in die Hände
gespielt. Bestimmte Teile des Vertrages wie militärische und geschäftliche Geheimnisse, dürfen der
Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben werden. Er könne aber nichts Neues zum Thema Eurofighter erkennen.
Abgeordneter Werner Kogler (G) sah die vergaberechtlichen Fragen im Vordergrund der Diskussion und weniger
die Frage pro oder contra Abfangjäger. Sagen die einen, alles sei gut gelaufen und kleine Fehler würden
immer gemacht, sagen die anderen, die Bestätigung des Rechnungshofes sei unter Voraussetzungen erfolgt, die
es zu hinterfragen gelte. Der Rechnungshof habe laut Kogler, "Wenn, dann"-Aussagen getroffen. Zu viele
Befürchtungen der Opposition hätten sich bestätigt, etwa hinsichtlich der Lieferfähigkeit von
EADS, hinsichtlich der Sicherheitsmängel und in der Frage Tranche-I/Tranche-II. Bestimmung über das "Aufmotzen"
der Tranche-I-Flugzeuge sei von den Verhandlern in "weiser Voraussicht" in den Vertrag genommen worden,
räumte Kogler ein, genau dies bestätige aber die Berechtigung der Kritik an technischen Mängeln
der Tranche-I-Flugzeuge.
Um sich ein Bild zu verschaffen, was an diesem Vertrag rechtens sei und was nicht, sei es daher notwendig, ihn
öffentlich zugänglich zu machen. Der Vorwurf, man stifte einen Minister zum Amtsmissbrauch an, wenn man
das Prinzip der Kontrolle der Regierung durch das Parlament einfordere, "schrammt am Verfassungsverständnis
einer südamerikanischen Bananenrepublik vorbei", formulierte Kogler unter dem Protest der ÖVP. Immerhin
gehe es um ein 5-Mrd.-€-Geschäft und um die fundamentale Frage der verfassungsmäßigen Kontrolle
der Regierung durch das Parlament. Denn es könne nicht sein, dass ein Bundesminister oder Beamte seines Ressorts
in einen Vertrag Formulierungen hineinschreiben, durch die die Kontrolle des Parlaments ad absurdum geführt
werden. Kogler schlug daher vor, im Konsens der vier Parteien und namens des Parlaments ein Rechtsgutachten in
Auftrag zu geben, das diese Fragen kläre.
Abgeordneter Georg Reheis (S) schloss sich Kogler an und plädierte im Interesse der Offenheit und Transparenz
für ein konsensual in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten.
Abgeordneter Johann Ledolter (V) warf der Opposition vor, das Thema Eurofighter politisch zu instrumentalisieren,
obwohl gerade bei diesem Thema Kontrolle und Transparenz in ausreichendem Maß eingehalten wurden. Der Rechnungshofausschuss
wurde über alle Aspekte dieser Beschaffung ausführlich informiert. Die Opposition, die diese Flugzeuge
nicht wolle, nehme nun Zuflucht zu Hilfskonstruktionen, um diese Beschaffung weiterhin zu skandalisieren und zu
kriminalisieren. Der Verteidigungsminister verhalte sich vollkommen rechtskonform. Der Vorwurf der Schiebung sei
zurückzuweisen, sagte Ledolter und unterstrich die Verantwortung der Bundesregierung für die Sicherheit
des Landes. Die für den Eurofighter-Ankauf vereinbarten Gegengeschäfte entwickeln sich laut Ledolter
gut und zeitigen bereits positive wirtschaftliche Effekte. Dieses Geschäft sei positiv zu bewerten, schloss
Ledolter.
Abgeordneter Christian Puswald (S) erinnerte daran, dass der Eurofightervertrag rechtswidrig, weil vor dem
erforderlichen Parlamentsbeschluss, unterzeichnet worden sei. Einem Geheimvertrag könne das Parlament zudem
nicht rechtswirksam zustimmen. Es sei eines Parlaments unwürdig, etwas zu kontrollieren, das es nicht kenne.
Puswalds Frage an den Rechnungshofpräsidenten lautete, ob der Eurofightervertrag der Geheimhaltung unterliege.
Abgeordneter Günter Kräuter (S) unterstrich die Forderung, seitens der Parlamentarier Einsicht
in den Eurofightervertrag zu nehmen und hielt es für bedauerlich, dass sich die Regierungsfraktionen auch
gegen die Einholung eines Rechtsgutachtens aussprechen. Kräuter kündigte ein "Manifest der Opposition"
zum Thema Eurofighter an.
Rechnungshofpräsident Josef Moser teilte mit, dass der Rechnungshof bei seiner Prüfung Einsicht
in den Vertrag genommen habe, der ein Rücktrittsrecht enthalte. Es sei nicht expressis verbis ausgeführt,
dass Flugzeuge der Tranche II bestellt wurden, der Vertrag enthalte aber technische Spezifikationen, sodass man
davon ausgehen könne, dass die Nachrüstung der Tranche-I-Flugzeuge ohne Kosten für das Verteidigungsressort
möglich sei. Bei einem Rücktritt Österreichs vom Vertrag wären allfällige Regressansprüche
der Firma EADS zu klären.
Zum Thema Verschwiegenheitspflicht stellte der Rechnungshofpräsident fest, dass die Geheimhaltung u.a. aus
völkerrechtlichen Gründen zu wahren sei. Eine ausdrückliche Geheimhaltungsklausel gebe es in diesem
Vertrag nicht. |