Wien (universität) - Die Aktivität von zwei speziellen Genen ist bei Tumoren des Eierstock-Krebses
fast vollständig eingestellt. Diesen wichtigen Hinweis für die frühzeitige Diagnose liefert eine
aufwändige Analyse der Genaktivitäten in Tumorzellen des Eierstock-Krebses. Die an der Medizinischen
Universität Wien mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF gewonnenen Erkenntnisse liefern auch einen
wichtigen Beitrag zum Start eines EU-Projekts, das die Diagnose von Eierstock-Krebs optimieren wird.
63.000 Fälle von Eierstock-Krebs werden jedes Jahr in Europa diagnostiziert. Auf Grund des Krankheitsverlaufs
können klinische Merkmale erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt werden. Dann ist es aber oftmals zu spät.
Für über 30.000 Frauen ist diese verzögerte Diagnose Ursache dafür, dass sie an den Folgen
der Erkrankung sterben müssen.
Es steht in den Genen Auf der Suche nach Möglichkeiten für eine frühzeitige Diagnose ist einer Gruppe
um Prof. Michael Krainer, Klinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien, nun ein wichtiger
Fortschritt gelungen. Bei einem Vergleich normaler Zellen der Eierstöcke mit Zellen des fortgeschrittenen
Eierstock-Krebses identifizierten sie molekulargenetische Unterschiede: Die als N33 und EFA6R bezeichneten Gene
sind in den Krebszellen fast vollständig inaktiviert. Zum Nutzen der neuen Erkenntnisse für die Krebsdiagnose
erläutert Prof. Krainer: "Derzeit deutet sich an, dass diese beiden Gene bereits vor dem Entstehen klinischer
Symptome ihre Aktivität verlieren. Wir vermuten, dass dies durch Anhängen von Methyl-Gruppen an die Bausteine
der Gene erzielt wird. Das ist ein üblicher Weg, um Genaktivitäten zu regulieren. Eine solche Methylierung
lässt sich aber leicht nachweisen und könnte damit erste Hinweise auf den sich entwickelnden Krebs liefern."
Im Rahmen des FWF-Projekts wurden in Tumorzellen von über 90 Patientinnen die Aktivi-täten mehrerer Gene
auf einem bestimmten Abschnitt des menschlichen Chromosoms 8 gemessen. Dieser Abschnitt ist bei Eierstock-Krebs
oftmals verändert. In einer früheren Arbeit hatte das Team um Prof. Krainer in dieser Region bereits
22 Gene identifiziert. In der jetzigen Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass insgesamt fünf dieser Gene in
Tumorzellen sehr geringe Aktivitäten aufweisen. Dabei fielen N33 und EFA6R besonders auf, da deren Verminderung
an Aktivität im Zusammenhang mit dem Verlauf der Erkrankung stand. Über die Funktion der Gene gibt es
derzeit jedoch nur Vermutungen, so könnte N33 an der Regulation des Zelltodes beteiligt sein und EFA6R an
der Signalübertragung. Gene ohne Grenzen Gemeinsam mit der Gruppe um Prof. Robert Zeillinger, Klinik für
Gynäkologie und Geburtshilfe, ist es Prof. Krainer gelungen, an der Medizinischen Universität Wien einen
Forschungsschwerpunkt für molekulare Krebsdiagnostik aufzubauen, der international Beachtung findet. Gelang
ihnen erst vor kurzem die Identifizierung eines Rezeptormoleküls, dessen Fehlen die Entwicklung von Eierstock-Krebs
begünstigt, so koordinieren sie jetzt auch Gruppen aus sechs Ländern in einem soeben bewilligten EU-Projekt.
Ziel des mit vier Millionen Euro dotierten Projekts ist es, molekulare Marker zu identifizieren, die eine frühzeitigere
Diagnose von Eierstock-Krebs ermöglichen.
Zu den großen Fortschritten in der Diagnose von Krebserkrankungen meint Prof. Krainer: "Der nächste
Schritt in der Früherkennung ist eben die Diagnose molekulargenetischer Marker wie Methylierungen. Denn diese
liefern Informationen über die tatsächliche Entwicklung von Krebs in individuellen Patienten. Somit kann
die Analyse molekulargenetischer Marker die Untersuchung der genetischen Veranlagung für zum Beispiel Brust-
und Dickdarmkrebs ideal ergänzen." Diese liefert grundlegende Informationen über die Wahrscheinlichkeit,
dass eine Person diese Krebsart auf Grund seiner erblichen Veranlagung entwickeln wird. Schon heute bietet diese
genetische Diagnostik Möglichkeiten, kostenintensive Vorsorgeuntersuchungen individuell auf das Risikoprofil
der Betroffenen abzustimmen. Das spart Kosten. Auch deshalb werden zum Beispiel in den Niederlanden die Kosten
für diese genetische Diagnose sogar von den Krankenkassen übernommen. |