Fehlende Genaktivität bei Eierstock-Krebs entdeckt  

erstellt am
24. 10. 05

Wien (universität) - Die Aktivität von zwei speziellen Genen ist bei Tumoren des Eierstock-Krebses fast vollständig eingestellt. Diesen wichtigen Hinweis für die frühzeitige Diagnose liefert eine aufwändige Analyse der Genaktivitäten in Tumorzellen des Eierstock-Krebses. Die an der Medizinischen Universität Wien mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF gewonnenen Erkenntnisse liefern auch einen wichtigen Beitrag zum Start eines EU-Projekts, das die Diagnose von Eierstock-Krebs optimieren wird.

63.000 Fälle von Eierstock-Krebs werden jedes Jahr in Europa diagnostiziert. Auf Grund des Krankheitsverlaufs können klinische Merkmale erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt werden. Dann ist es aber oftmals zu spät. Für über 30.000 Frauen ist diese verzögerte Diagnose Ursache dafür, dass sie an den Folgen der Erkrankung sterben müssen.

Es steht in den Genen Auf der Suche nach Möglichkeiten für eine frühzeitige Diagnose ist einer Gruppe um Prof. Michael Krainer, Klinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien, nun ein wichtiger Fortschritt gelungen. Bei einem Vergleich normaler Zellen der Eierstöcke mit Zellen des fortgeschrittenen Eierstock-Krebses identifizierten sie molekulargenetische Unterschiede: Die als N33 und EFA6R bezeichneten Gene sind in den Krebszellen fast vollständig inaktiviert. Zum Nutzen der neuen Erkenntnisse für die Krebsdiagnose erläutert Prof. Krainer: "Derzeit deutet sich an, dass diese beiden Gene bereits vor dem Entstehen klinischer Symptome ihre Aktivität verlieren. Wir vermuten, dass dies durch Anhängen von Methyl-Gruppen an die Bausteine der Gene erzielt wird. Das ist ein üblicher Weg, um Genaktivitäten zu regulieren. Eine solche Methylierung lässt sich aber leicht nachweisen und könnte damit erste Hinweise auf den sich entwickelnden Krebs liefern."

Im Rahmen des FWF-Projekts wurden in Tumorzellen von über 90 Patientinnen die Aktivi-täten mehrerer Gene auf einem bestimmten Abschnitt des menschlichen Chromosoms 8 gemessen. Dieser Abschnitt ist bei Eierstock-Krebs oftmals verändert. In einer früheren Arbeit hatte das Team um Prof. Krainer in dieser Region bereits 22 Gene identifiziert. In der jetzigen Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass insgesamt fünf dieser Gene in Tumorzellen sehr geringe Aktivitäten aufweisen. Dabei fielen N33 und EFA6R besonders auf, da deren Verminderung an Aktivität im Zusammenhang mit dem Verlauf der Erkrankung stand. Über die Funktion der Gene gibt es derzeit jedoch nur Vermutungen, so könnte N33 an der Regulation des Zelltodes beteiligt sein und EFA6R an der Signalübertragung. Gene ohne Grenzen Gemeinsam mit der Gruppe um Prof. Robert Zeillinger, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, ist es Prof. Krainer gelungen, an der Medizinischen Universität Wien einen Forschungsschwerpunkt für molekulare Krebsdiagnostik aufzubauen, der international Beachtung findet. Gelang ihnen erst vor kurzem die Identifizierung eines Rezeptormoleküls, dessen Fehlen die Entwicklung von Eierstock-Krebs begünstigt, so koordinieren sie jetzt auch Gruppen aus sechs Ländern in einem soeben bewilligten EU-Projekt. Ziel des mit vier Millionen Euro dotierten Projekts ist es, molekulare Marker zu identifizieren, die eine frühzeitigere Diagnose von Eierstock-Krebs ermöglichen.

Zu den großen Fortschritten in der Diagnose von Krebserkrankungen meint Prof. Krainer: "Der nächste Schritt in der Früherkennung ist eben die Diagnose molekulargenetischer Marker wie Methylierungen. Denn diese liefern Informationen über die tatsächliche Entwicklung von Krebs in individuellen Patienten. Somit kann die Analyse molekulargenetischer Marker die Untersuchung der genetischen Veranlagung für zum Beispiel Brust- und Dickdarmkrebs ideal ergänzen." Diese liefert grundlegende Informationen über die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person diese Krebsart auf Grund seiner erblichen Veranlagung entwickeln wird. Schon heute bietet diese genetische Diagnostik Möglichkeiten, kostenintensive Vorsorgeuntersuchungen individuell auf das Risikoprofil der Betroffenen abzustimmen. Das spart Kosten. Auch deshalb werden zum Beispiel in den Niederlanden die Kosten für diese genetische Diagnose sogar von den Krankenkassen übernommen.
     
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