Armut:
Dringlicher Antrag zu Grundsicherung geplant
Wien (grüne) - Die Grünen wollen in Sachen Grundsicherung Druck machen. Für die Nationalratssitzung
am Mittwoch (19. 10.) plane man einen Dringlichen Antrag dazu, wie Bundessprecher Alexander Van der Bellen
bei einer Pressekonferenz mit Sozialsprecher Karl Öllinger ankündigte. Konkret wolle man im Bereich des
Arbeitslosengeld, der Notstands- und Sozialhilfe einen Sockelbetrag im Form einer bedarfsorientierten Grundsicherung
einführen.
Die Höhe dieser Grundsicherung soll sich an der Ausgleichszulage orientieren. Umgerechnet auf 12 Monate wären
das 805 Euro, erläuterte Öllinger. Grundsätzlich könne man sich die Grundsicherung auch für
jene vorstellen, die zu wenig verdienen. Dazu müsse es aber Anreize zum Arbeiten geben. Der morgige Antrag
beziehe sich aber nur auf das Arbeitslosengeld sowie Notstand- und Sozialhilfe.
Was die Kosten betrifft, gibt es noch unterschiedliche Schätzungen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein
(V) sei während der Regierungsverhandlungen mit den Grünen im Jahr 2003 - die Grundsicherung war eine
der Grünen-Forderungen - von 90 Millionen Euro ausgegangen. "Wir rechnen aber mit höheren Kosten".
Eine Berechnung des Politikwissenschaftlers Emmerich Talos veranschlage 150 bis 200 Millionen Euro.
Man wolle die Grundsicherung bundeseinheitlich regeln und einen Rechtsanspruch darauf, so Van der Bellen. Knapp
500.000 Menschen in Österreich befänden sich in verfestigter Armut - für den Grünen Bundessprecher
eine "unerträgliche Situation". Hauptbetroffen seien Frauen und Kinder. 120.000 Kinder würden
derzeit in Verhältnissen der verfestigten Armut leben. Die Grundsicherung stellt sich Van der Bellen als "Sofortmaßnahme"
vor, umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut seien etwa auch im Bereich der Bildung notwendig.
Eine "dramatische Entwicklung" ortet Öllinger im Bereich der SozialhilfebezieherInnen. Deren Zahl
liege mittlerweile bundesweit bei 110.000. Ein starken Anstieg habe es in Wien gegeben. 1995 hätten 31.000
Menschen Sozialhilfe bezogen, inzwischen seien es 75.000. Aber auch beim Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe
sei die Situation "durchaus dramatisch". So liege 80 Prozent der Notstandshilfe unter den existenzsichernden
Sätzen.
Allerdings bemerke er auch, "es tut sich etwas". Es gebe die Bereitschaft in den Parteien über Maßnahmen
wie eine Grundsicherung nachzudenken. Auch in den Kirchen gebe es klare Worte und Bekenntnisse zur Grundsicherung.
Diese Situation wolle man nutzen, "dass etwas weitergeht".
Ob es morgen tatsächlich zum Dringlichen Antrag kommt, ist allerdings noch nicht klar, da die Regierungsparteien
vor den Grünen das Voschlagsrecht für eine ‚Dringliche’ haben. |