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Wirtschaftspolitik / Dienstleistungsrichtlinie |
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erstellt am
27. 10. 05
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Schüssel:
Dienstleistungsrichtlinie darf kein Sozialdumping verursachen
Wien (bpd) - Bundskanzler Wolfgang Schüssel berichtete am Dienstag (25. 10.) im Pressefoyer
nach dem Ministerrat über den gestrigen EU-Sozialpartnergipfel in London. Österreich war dabei durch
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein, Sozialministerin Ursula
Haubner vertreten. Auf Seiten der Sozialpartner nahmen ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch und der Generalsekretär
der Industriellenvereinigung Markus Beyrer teil, Caspar Einem vertrat die Vereinigung der Gemeinwirtschaft Europas.
Im Rahmen der Diskussion wurde auch über den Entwurf zur Dienstleistungsrichtlinie gesprochen, wobei der Bundeskanzler
anregte, dass die EU- Kommission einen neuen Vorschlag dazu machen solle. Schüssel: „Dieser neue Vorschlag
soll im Prinzip die Europäisierung der Dienstleistungen vorsehen, aber verhindern, dass es zu einem Sozialdumping
kommt und sicherstellen, dass die wichtigen Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge unbeeinträchtigt bleiben.“
Lediglich ein Randthema der Debatte, so der Bundeskanzler, war die Einrichtung eines europäischen Fonds zur
Abfederung der wirtschaftlichen Konsequenzen der Globalisierung, den die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Ähnliche
Möglichkeiten der Hilfeleistung für gefährdete Betriebe, Arbeitnehmer oder Regionen existieren bereits
im Rahmen des Europäischen Sozialfonds. Der Bundeskanzler bezeichnete die Idee als einen „interessanten Denkanstoß,
wobei die Details noch zu besprechen sein werden.“ Dieser Fonds soll für die gesamte kommende Finanzperiode
von sieben Jahren mit einer Milliarde Euro gespeist werden. |
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Berger: Schüssels Absage an Dienstleistungs-Richtlinie ist unglaubwürdig
Wien (sk) - "Schüssels Forderung nach einem neuen Entwurf der EU-Dienstleistungsrichtlinie
ist mehr als unglaubwürdig", so Maria Berger, Leiterin der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament,
gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Laut der Sprecherin des Bundeskanzlers, hatte Schüssel beim gestrigen
Sozialpartnergipfel in London einen völlig neuen Vorschlag der EU-Kommission eingefordert.
Bereits seit vier Jahren laufe die Debatte über mögliche negative Auswirkungen einer zu weitgehenden
Liberalisierung des Dienstleistungssektors innerhalb der EU. "Jetzt warnt Schüssel plötzlich vor
Sozialdumping und möchte die Leistungen der Daseinsvorsorge von der Richtlinie ausgeklammert sehen. Und dies,
nachdem sich sein Minister Bartenstein in der EU als glühender Befürworter der Dienstleistungsrichtlinie
bzw. des besonders umstrittenen Herkunftslandprinzips präsentiert hat", kritisiert die Europaabgeordnete.
Die Bundesregierung traue sich offensichtlich nicht zu, im Rahmen ihrer kommenden EU-Präsidentschaft eine
vernünftige Lösung bei der umstrittenen Dienstleistungs-Richtlinie zu finden. "Dies und die Angst
vor einer Quittung der Wähler bei den kommenden Nationalratswahlen haben klarerweise dieses angebliche Umdenken
Schüssels bewirkt, und nicht ein plötzliches Faible für eine sozial gerechte Politik", schloss
Berger. |
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Sburny: Kanzler Schüssel hat's endlich kapiert!
Wien (grüne) - "Kanzler Schüssel hat endlich kapiert, dass die Argumente der Grünen
für einen Neustart der Dienstleistungsrichtlinie die richtigen sind", Wirtschaftssprecherin Michaela
Sburny. "Die Grünen bekräftigen seit Monaten ihre Forderung an die Bundesregierung sich für
eine Rücknahme der Dienstleistungsrichtlinie in der vorliegenden Form und Präsentation eines neuen Textes
durch die EU-Kommission stark zu machen. Nur ein Neustart, der alle berechtigten Bedenken von vornherein berücksichtigt,
kann diesen gordischen Knoten lösen", erklärt Sburny. weiter: "BK Schüssel muss seinen
Worten nun auch Taten folgen lassen. Er ist dringend aufgefordert, sich auch gegen das Herkunftslandprinzip einzusetzen
und einen neuen Vorschlag unter Berücksichtigung der enormen sozialen und ökonomischen Unterschiede innerhalb
der EU-25 zu erarbeiten."
Ein dementsprechender Antrag der Grünen wurde bereits im September im Nationalrat eingebracht. "Es ist
abzusehen, dass die unterschiedlichen Rechtslagen in den einzelnen Ländern - vergleichbar den Unternehmenssteuern
- eine Abwärtsspirale hin zu niedrigen Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards in Gang setzen werden.
Das wird den Druck auf die Klein- und Mittelunternehmen noch mehr erhöhen. Die Dienstleistungsrichtlinie ist
ein wesentlicher Verhandlungspunkt während der österreichischen EU-Präsidentschaft. Schüssel
und Bartenstein müssen jetzt auch wirklich aktiv werden", erläutert Sburny. |
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Jobkiller im Gesundheitswesen
Wien (ögb/fgv) - Die geplante EU-Dienstleistungs-Richtlinie killt Jobs im Gesundheitsbereich,
senkt die Qualität der Pflege und gefährdet PatientInnen. Die ÖGB-Fachgruppenvereinigung für
Gesundheitsberufe (ÖGB/FGV) wendet sich daher in einer Resolution an die Landesregierungen, die Bundesregierung
sowie das EU-Parlament. Die Vorsitzende der FGV Gerda Mostbauer: "Die jüngste Forderung von Bundeskanzler
Schüssel nach einer Neutextierung der Richtlinie ist zwar förderlich, aber noch lange kein Durchbruch."
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie in der derzeitigen Form sieht vor, dass beispielsweise Dienstleister aus so genannten
Billiglohnländern innerhalb der EU ein Krankenhaus oder Pflegeheim in Österreich führen könnten.
Rechte und Pflichten der PatientInnen und des Personals würden dann den gesetzlichen und arbeitsrechtlichen
Bestimmungen des Herkunftslandes unterliegen. Ein unhaltbarer Zustand. "Die guten, auf Sozialpartnerebene
gewachsenen Arbeitszeitregelungen, Ausbildungsrichtlinien, Kollektivverträge und dienst- und Besoldungsrichtlinien
Österreichs würden ausgehebelt", heißt es wörtlich in der Resolution.
Die FGV befürchtet, dass sich in Zukunft "jene, die es sich leisten können, in einem österreichischen
Krankenhaus mit österreichischen Standards behandeln lassen. Finanziell Schwächere laufen dagegen Gefahr,
in ein von ausländischen Dienstleistern geführten Billigkrankenhaus in Österreich abgedrängt
zu werden, wo zu Dumpinglöhnen auf Kosten der Qualität ärztliche, pflegerische und therapeutische
Versorgung angeboten wird."
Auf der Strecke, so die FGV, würden PatientInnen und Personal bleiben. Haftungs- und Schadenersatzansprüche
für die jeweilige Dienstleistung würden ebenfalls den Gesetzen des Herkunftslandes unterliegen. Mostbauer:
"Das öffentliche Gesundheitswesen in Österreich darf nicht ausschließlich gewinnorientierten
Bedingungen unterliegen." |
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Wir übernehmen hier Stellungnahmen
aller im Parlament
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