Neue Mitgliedstaaten müssen laut Bericht ihre praktischen Vorbereitungen für eine erfolgreiche
Euro-Umstellung beschleunigen
Brüssel (europarl) - Weniger als ein Jahr vor dem Beschluss über einen etwaigen EU-Beitritt
einiger der neuen EU-Mitglieder zum Eurogebiet sind die praktischen Vorbereitungen für die Einführung
der einheitlichen Währung in Estland, Litauen, Slowenien und der Slowakei auf gutem Wege. Doch muss das Tempo
insbesondere in den Ländern beschleunigt werden, die eine Umstellung im Jahr 2007 anstreben. Auch muss den
Befürchtungen der Verbraucher, dass einige Sektoren die Gelegenheit zu widerrechtlicher Erhöhung der
Preise nutzen werden, angemessen Rechnung getragen werden. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse des zweiten Berichts
der Kommission über die praktischen Vorbereitungen für die Einführung des Euro in den neuen Mitgliedstaaten.
Dieser Bericht berührt nicht eine zukünftige Beurteilung der Frage, ob die zehn neuen Mitgliedstaaten
die Maastrichter Konvergenzkriterien, an die die Euro-Einführung geknüpft ist, erfüllen; hierzu
wird im kommenden Jahr ein eigener Bericht erstellt.
„Gute und rechtzeitige Vorbereitung und Information sind unerlässlich, damit die Bürger in vollem Vertrauen
auf den Euro umstellen können. Ich fordere Regierungen und Politiker aller Seiten nachdrücklich auf,
die Vorteile des Euro und die für die Vorbereitung ihrer Volkswirtschaften auf diese Umstellung erforderlichen
Maßnahmen zu erläutern“, so das für Wirtschaft und Währung zuständige Kommissionsmitglied
Joaquin Almunia.
Der zweite Bericht über die praktischen Vorbereitungen für die zukünftige Erweiterung des Eurogebiets,
den die Kommission heute verabschiedet hat, zeigt, dass vier der zehn Länder, die der EU im Mai 2004 beigetreten
sind, umfassende Pläne zur Vorbereitung der Euro-Umstellung verabschiedet haben, und zwar Estland, Litauen,
Slowenien und die Slowakei. Diese Pläne konzentrieren sich in erster Linie auf die Bargeldumstellung, und
somit auf die Frage, ob die Euro-Banknoten und –Münzen am Tag der Euroumstellung mit einem Schritt eingeführt
werden sollten (so genanntes „Big Bang-Szenario“[1]), die Parallelumlaufphase (während der sowohl der Euro
als auch die alten Banknoten und Münzen gesetzliches Zahlungsmittel sind), den Schutz der Verbraucher (doppelte
Angabe der Geldbeträge und Preise, Überwachung der Preisentwicklung, …), die Wahl des Münzbildes
der nationalen Seiten der Euro-Münzen, die rechtzeitige Lieferung der notwendigen Mengen an Euro-Banknoten
und -Münzen usw.
Die Beurteilung des aktuellen Stands der praktischen Vorbereitungen hat nichts mit der Bewertung zu tun, ob ein
Land die im EG-Vertrag niedergelegten „Maastrichter“ Konvergenzkriterien[2] erfüllt. Um letzteren Aspekt wird
es in dem Konvergenzbericht gehen, den die Kommission im Jahr 2006 erstellen wird.
Estland, Litauen und Slowenien wollen den Euro am 1. Januar 2007 einführen; Zypern, Lettland und Malta streben
den Beitritt zum Eurogebiet ein Jahr später, d.h. zum 1. Januar 2008, an. Die Slowakei will den Euro am 1.
Januar 2009 einführen, während die Tschechische Republik und Ungarn das Jahr 2010 anstreben und sich
Polen noch keinen Termin gesetzt hat.
Auch wenn einige Länder weiter vorangeschritten sind als andere, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die
praktischen Vorbereitungen beschleunigt werden müssen. Dies gilt insbesondere für Estland und Litauen.
Die Vorbereitungen in Zypern, Lettland und Malta befinden sich noch in einem frühen Stadium.
Die Bürger müssen besser informiert werden
Zwar können die Vorbereitungen von den Erfahrungen der ersten 11 Länder profitieren, die den
Euro im Jahr 1999[3] (bzw. 2002 - Banknoten und Münzen) eingeführt haben, doch sollte weder der Umfang
der zu bewältigenden Aufgaben noch die Bedeutung unterschätzt werden, die der Vorbereitung aller Interessengruppen,
insbesondere der Bürger, zukommt.
Eine große Mehrheit räumt die Vorteile des Euro - beispielsweise im Hinblick auf den Wegfall der Währungsumtauschkosten
(74 %) bzw. auf die Möglichkeit des Preisvergleichs innerhalb des Eurogebiets (70 %) oder auf Reisen (92 %)
- ein. Doch haben laut einer im September durchgeführten Eurobarometer-Umfrage drei Viertel auch Angst vor
überzogenen Preisen während der Umstellung.
Dies spiegelt vor allem die in bestimmten Ländern des Eurogebiets noch immer bestehenden Vorbehalte wider.
Die Periode beispiellos niedriger Inflationsraten und niedriger Zinssätze, die auf die Euro-Einführung
folgte, deutet eindeutig darauf hin, dass die Preise stabil geblieben sind. Doch müssen die öffentlichen
Behörden diese Ängste ernst nehmen und insbesondere angemessene Zeiträume für die doppelte
Preisauszeichnung vor und nach dem Tag der Euro-Einführung (€-day) vorsehen, dafür sorgen, dass die Preise
überwacht und der Öffentlichkeit regelmäßig über ihre Entwicklung berichtet wird (wie
in den estnischen und slowakischen Plänen vorgesehen), und die Einzelhändler beispielsweise durch Anbringung
von „Faire Preise“-Aufklebern zur Gewährleistung einer fairen Preisstellung ermuntern.
Wie gut ist Ihr Land vorbereitet?
Estland, Litauen, Slowenien und die Slowakei sind am weitesten fortgeschritten - sie haben ihre nationalen
Umstellungspläne im Laufe dieses Jahres verabschiedet.
Eine Analyse der Pläne zeigt, dass sie den „Frontloading-” und „Sub-Frontloading”-Erfordernissen (Planung,
dass Banken und Einzelhandel vor dem €-Day mit Bargeld und Verbraucher mit Euro-Kits ausgestattet werden) gebührend
Rechnung tragen. Offensichtlich wurde jedoch der Umstellung der Verwaltungs-, Finanz-, Budgetierungs- und Rechnungsführungssysteme
im öffentlichen und privaten Sektor, dem in diesem Zusammenhang teuersten (Umstellung der IT-Systeme) und
zeitaufwändigsten Faktor, weniger Aufmerksamkeit gewidmet.
Die Vorbereitungen sind umso dringender, da die beitretenden Länder im allgemeinen die Umstellung in einem
Schritt ("Big-Bang"-Szenario) bevorzugen.
Estland, Litauen und Slowenien haben die Auswahl der nationalen Seite ihrer Euromünzen abgeschlossen. Weniger
als ein Jahr vor dem Zeitpunkt, zu dem einige dieser Länder, falls sie die norwendigen Bedingungen erfüllen,
möglicherweise das "grüne Licht" für den Beitritt zum Eurogebiet erhalten, müssen
noch viele praktische Vorbereitungen abgeschlossen werden.
[1] Die derzeitigen Mitglieder des Eurogebiets führten Euro-Banknoten und –Münzen erst nach einer dreijährigen
Übergangszeit ein, die auf die Umstellung des Buchgeldes auf den Euro folgte (1 Jahr für Griechenland).
[2] Gesunde öffentliche Finanzen, Preisstabilität, Wechselkursstabilität über einen Zeitraum
von zwei Jahren und Langfristzinsniveau.
[3] Gefolgt von Griechenlang im Jahr 2001. |