Mailath u. Wehsely zur Ausstellung "geheimsache:leben"  

erstellt am
03. 11. 05

Erste große Ausstellung über Leben, Verfolgung und Diskriminierung LesBiSchwuler und TransGender-Personen in Wien
Wien (rk) - Die Ausstellung "geheimsache:leben" ist Österreichs erste Großausstellung zur Geschichte des bislang oft versteckten, verschwiegenen und vergessenen Lebens LesBiSchwuler oder TransGender-Personen im Wien des letzten Jahrhunderts. Auf über 1.700 Quadratmetern - in der dafür eigens gestalteten, völlig neuen Location "Neustifthalle" - eröffnen über 500 Exponate in vier Inszenierungsebenen Zugänge zu einem bislang weißen Fleck der Stadtgeschichte. Die Ausstellung "geheimsache:leben" ist von Freitag, 4. November 2005, bis Sonntag, 8. Jänner 2006, in der Wiener "Neustifthalle" im 7. Bezirk zu sehen.

Die Ausstellung wurde im Rahmen eines Mediengesprächs heute am Donnerstag von Ausstellungsleiter Hannes Sulzenbacher (Ecce Homo), den Kuratorinnen Ines Rieder und Nadja Schefzig sowie der für Antidiskriminierung zuständigen Stadträtin Sonja Wehsely und Kultur- und Wissenschaftsstadtrat Andreas Mailath-Pokorny vorgestellt.

"Für die Stadt Wien ist gelebte Antidiskriminierung kein leeres Schlagwort. Seit 2004 gibt es in Wien ein wirksames Antidiskriminierungsgesetz, in Wien wird es ein Mahnmal für LesBiSchwule und TransGender Opfer des Nationalsozialismus geben - und nicht zuletzt ist Wien bis heute das einzige Bundesland mit einer eigenen Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Darüber hinaus hat die Stadt im Rahmen ihrer legistischen Möglichkeiten, etwa im Wohnbereich, sämtliche Diskriminierungen von LesBiSchwulen und Transgender-Personen beseitigt", so Wehsely.

Wehsely weiter: "Die Ausstellung 'geheimsache:leben' macht deutlich: Was jetzt noch fehlt, ist eine Mehrheit im Nationalrat für die Eingetragene Partnerschaft. Ungleichbehandlungen auf Grund sexueller Orientierung müssen endgültig in der Mottenkiste der Geschichte verschwinden. Wir wollen Gleichstellung für LesBiSchwule und TransGender-Personen."

"Es steht im Gedenkjahr 2005 mehr als dringend an, die Geschichte der LesBiSchwulen und TransGender-Personen in Österreich endlich systematisch aufzuarbeiten und zu dokumentieren", erklärte dazu Wissenschaftsstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Parallel zur Ausstellung wurden daher durch die Stadt Wien mehrere Forschungsstipendien vergeben, um die Geschichte der Verfolgung von Homosexuellen oder TransGender- Personen während der NS-Zeit, aber auch die Geschichte der Homosexualität in Österreich zu erforschen und zu dokumentieren. Weiters verwies Mailath-Pokorny auf den laufenden Wettbewerb zur Errichtung eines Mahnmals für homosexuelle und transgender Opfer des Nationalsozialismus am Wiener Morzinplatz. Noch vor Weihnachten werde der oder die SiegerIn des geladenen Wettbewerbs feststehen, so Mailath-Pokorny.

Zum Ausstellungskonzept "geheimsache:leben"
LesBiSchwules oder transGender Leben im Österreich des frühen 20. Jahrhunderts bedeutete lebenslanges Schweigen über die eigene Sexualität und in vielen Fällen auch über die Liebe. Staat und Gesellschaft zwangen LesBiSchwule und TransGender-Personen entweder ins soziale Abseits oder "into the closet", in das Geheimhalten des eigenen Liebeslebens. Die Gesellschaft trieb sie in die Isolation, die Verzweiflung oder den Selbstmord. Der Rechtsstaat verbannte diese Menschen in den Kerker, die Psychiatrie und das Operationszimmer. Der verbrecherische NS-Staat schickte LesBiSchwule und TransGender-Personen in Konzentrationslager und ermordete sie.

Bis heute glauben zahlreiche LesBiSchwule und TransGender- Personen, ihre sexuelle Orientierung, ihre LebenspartnerInnen, ihre FreundInnen, geheim halten zu müssen. Die Ablehnung ihrer Existenz durch den Staat, die rechtliche Diskriminierung im Zivilrecht sowie das nur halbherzige Eingestehen des staatlichen Fehlverhaltens durch den widersprüchlichen Opferstatus, prägen sie. Vor 100 Jahren wäre diese Ausstellung ebenso unvorstellbar gewesen wie noch in den 1970er Jahren.

Und dennoch: Es gab immer Räume des Eigensinns, der offenen Sinnlichkeit und des ausgesprochenen Begehrens. Über und unter der sichtbaren Topografie der Stadt entstanden kulturelle und subkulturelle Zeugnisse von LesBiSchwulen und TransGender-Personen im Wien des 20. Jahrhunderts.

Durch spezifische Blickinszenierungen werden den BesucherInnen Lebens-, Konflikt- und Diskriminierungssituationen nachvollziehbar und spürbar gemacht. Lebensweisen und Lebenswege werden erfahrbar. Abstraktes wird konkret erlebbar.

Vier Bereiche eröffnen innerhalb der Ausstellung unterschiedliche Perspektiven:

* das labor
* die stadt
* der spiegel
* die leidenschaften

Ausstellung "geheimsache:leben": Freitag, 4. November 2005, bis Sonntag, 8. Jänner 2006, Dienstag bis Sonntag 11 bis 19 Uhr, Freitags 11 bis 21 Uhr, montags geschlossen. Normalpreis: 7 Euro ermäßigt: 4 Euro, Sonderpreise für Schulklassen. Führungen nach Vereinbarung. Zur Ausstellung erscheint ein umfassender Katalog.

Informationen: http://www.geheimsache.at
     
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