Vertiefung und Integration der europäischen Finanzmärkte sind wesentlich auf dem Weg
zu mehr Wachstum und Beschäftigung in der erweiterten Europäischen Union
Wien (oenb) - Anlässlich der Eröffnung der diesjährigen Conference on European Economic
Integration (CEEI) der Oesterreichischen Nationalbank bezeichnete Dr. Klaus Liebscher, Gouverneur der Oesterreichischen
Nationalbank und Mitglied des EZB-Rats, den bisherigen Prozess der Finanzmarktintegration in der Europäischen
Union als beachtlichen Erfolg im Rahmen der Lissabon-Strategie. Durch die EU-Erweiterung im Mai 2004 und die neue
Nachbarschaftspolitik der EU habe dieser Prozess eine breitere Dimension bekommen, die neue Möglichkeiten,
aber auch neue Herausforderungen beinhalte.
Die Vertiefung und Integration der europäischen Finanzmärkte seien wesentliche Eckpfeiler auf dem Weg
zu mehr Wachstum und Beschäftigung in der erweiterten Europäischen Union. Länder mit anfänglich
schwächer entwickelten Finanzmärkten und vorwiegend klein- und mittelbetrieblicher Struktur könnten
in besonderem Ausmaß von der Vertiefung der finanziellen Intermediation profitieren, hob Gouverneur Liebscher
hervor. Insbesondere der Aufholprozess der Wirtschaften in den zentral- und osteuropäischen Ländern,
die diesem Muster entsprechen, könne dadurch beschleunigt werden. Dieser Aufholprozess sei wiederum untrennbar
mit der Idee der allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Integration in Europa und damit auch mit der Erreichung
der Lissabon-Ziele verbunden.
Neben den positiven Auswirkungen dieser Integration dürfen jedoch auch die damit verbundenen Risiken nicht
übersehen werden, betonte Gouverneur Liebscher. Zu diesen zählen die zunehmende Komplexität der
Finanzstrukturen – insbesondere im Hinblick auf das Entstehen neuer Risikopotenziale – sowie die Implikationen
starker grenzüberschreitender Portfoliokapitalflüsse auf Kapitalmarktstabilität und Geldpolitik.
Dies stelle die Banken selbst, aber auch Gesetzgeber, Finanzmarktaufseher und Zentralbanken vor neue Herausforderungen.
Es seien effiziente Mechanismen der Finanzmarktüberwachung auf nationaler Ebene, insbesondere aber auch
eine enge Kooperation auf europäischer Ebene notwendig.
Für Zentralbanken sei die Entwicklung und Integration der Finanzmärkte auch aus einer geldpolitischen
Perspektive von Interesse. Denn die Transmission geldpolitischer Signale im einheitlichen Währungsraum könne
nur mithilfe effizienter und integrierter Finanzmärkte erfolgen. Finanzmarktintegration sei auch für
das reibungslose Funktionieren der Zahlungs- und Abwicklungssysteme im Euroraum unerlässlich. Aus diesen Gründen
seien Fragen der Finanzmarktentwicklung und -integration in den neuen EU-Mitgliedsländern bereits im Vorfeld
ihrer Teilnahme an der Währungsunion von hoher Relevanz, betonte der Gouverneur abschließend.
Die Conference on European Economic Integration, die die Oesterreichische Nationalbank heuer gemeinsam mit der
Europäischen Zentralbank und dem angesehenen Frankfurter Forschungsinstitut Center for Financial Studies veranstaltet,
widmet sich unter dem Titel „Financial Development, Integration and Stability in Central, Eastern and South-Eastern
Europe“ zahlreichen interessanten Fragestellungen zur Finanzmarktentwicklung und –integration in Europa.
Die Konferenz bietet ein Forum für hochkarätig besetzte Podiumsdiskussionen, Hauptreferate und die Präsentation
und Diskussion von ausgewählten Forschungsarbeiten. |