Erzdiözese Wien verstärkt Maßnahmen gegen Missbrauch  

erstellt am
08. 11. 05

Neue Regelungen definieren Präventionsmaßnahmen, Hilfe für die Opfer und Konsequenzen für Täter
Wien (stephanscom.at / PEW) - Die Erzdiözese Wien setzt weitere Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche. Als Ergebnis einer vom Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, eingesetzten Projektgruppe wurden jetzt für kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besondere Verhaltensregeln erarbeitet und Anhänge zu deren Dienstrecht in Kraft gesetzt. In letzteren wird klargestellt, dass "jede Form des physischen, psychischen, sexuellen und emotionalen Missbrauchs" Grund für die sofortige Beendigung des Angestelltenverhältnisses ist. Wörtlich heißt es im neuen Angestellten-Dienstrecht: "Erweist sich der Verdacht nach objektiver Prüfung durch die zuständigen Instanzen als begründet, stellt dies einen Grund zur fristlosen Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber dar." Für Geistliche gelten ähnliche Regeln. Sie werden in einem solchen Fall umgehend von ihrem Dienst suspendiert. Sie können aber nicht einfach "gekündigt" werden; für eine allfällige Entlassung aus dem Klerikerstand gelten die Regeln des Kirchenrechtes.

Weitere zentrale Punkte der Neuregelungen sind ein neues Statut für die "Ombudsstelle der Erzdiözese Wien für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche" - sie wird seit Oktober vom Vorstand der Wiener Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters, Prof. Max Friedrich, geleitet - und die Einrichtung einer Kommission, die den Erzbischof bei Entscheidungen über mögliche persönliche und dienstrechtliche Konsequenzen für mutmaßliche Missbrauchstäter berät.

Diese vierköpfige Kommission hört den Verdächtigen an, befragt Zeugen und legt dem Erzbischof einen Bericht vor. Auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung von Missbrauchstätern durch die Staatsanwaltschaft hat die neue kirchliche Vorgangsweise keinen Einfluss.

"Alles tun, damit es nicht zu Missbrauch kommt"
"Es muss alles getan werden, damit es im Bereich der Kirche nicht zu Missbrauchsfällen kommt", betonte der Wiener Generalvikar Franz Schuster gegenüber "Kathpress". Mit den neuen Regelungen werde klargestellt, "dass jede Form des physischen, psychischen, sexuellen und emotionalen Missbrauchs kein 'Kavaliersdelikt' ist". Die intensive Arbeit der Kirche, gerade auch im Kinder- und Jugendbereich, zeige, dass den Seelsorgern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche berechtigtes Vertrauen entgegengebracht werde. "Um dieses Vertrauen auch in Zukunft zu erhalten, wird sich die Erzdiözese Wien für die Prävention einsetzen und, wenn leider tatsächlich ein Missbrauch geschehen ist, rasche und effiziente Hilfe für die Opfer leisten und Konsequenzen für die Täter ziehen", betont der Generalvikar der Erzdiözese Wien.

Problembewusstsein verstärken
Um die kirchlichen Mitarbeiter noch besser zu informieren und auch ein verstärktes Problembewusstsein zu schaffen, erscheint in der Erzdiözese in diesen Tagen ein Behelf zur Thematik des Missbrauchs.

Er soll alle kirchlichen Mitarbeiter ermutigen, aktiv bei der Verhinderung von Missbrauch mitzuwirken und enthält neben den neuen dienstrechtlichen Regelungen auch detaillierte Vorgangsweisen für konkrete Verdachtsfälle. Im Behelf finden sich zudem jene neu erarbeiteten Verhaltensregeln, die Priester und alle anderen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche in ihrer Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und besonders schutzbedürftigen Personen speziell beachten müssen.

Insgesamt soll damit nicht nur der Schutz für diese Menschen vor Missbrauch erhöht werden, sondern auch allen Mitarbeitern ein Leitfaden gegeben werden, der die Sicherheit bei ihrer eigenen Arbeit erhöht und die Gefahr unberechtigter Anschuldigungen minimiert. Zudem will die Erzdiözese damit ein deutliches Signal nach außen für korrektes Verhalten setzen.
     
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