Brüssel (eu-int) - Das Europäische Parlament hat am Donnerstag
(17. 11.) die Schaffung einer einheitlichen "Schwarze Liste" von Luftfahrtunternehmen beschlossen,
denen aufgrund von Sicherheitsmängeln der Betrieb in der gesamten EU untersagt wird. Zudem sollen die Passagiere
über die Identität des Luftfahrtunternehmens, mit dem sie fliegen, informiert werden. Das Parlament zieht
damit auch die Konsequenz aus den zahlreichen Flugzeugabstürzen des vergangenen Sommers.
Parlament, Ministerrat und EU-Kommission konnten sich im Vorfeld auf einen Kompromiss verständigen, d.h. die
Verkehrsminister werden die Erste Lesung des Parlaments ohne Änderungen billigen, so dass die Verordnung Anfang
2006 in Kraft treten kann. Das Plenum nahm heute die ausgehandelten Kompromisse mit 577:16:31 Stimmen an.
Um die Luftverkehrssicherheit zu erhöhen, wird ab dem Frühjahr 2006 eine "Schwarze Liste"
von Luftfahrtunternehmen erstellt, die auf dem gesamten EU-Gebiet einer Betriebsuntersagung unterliegen. Die Kommission
hatte in ihrem ursprünglichen Vorschlag lediglich vorgeschlagen, nationale "Schwarze Listen" in
konsolidierter Form zu veröffentlichen, nicht jedoch eine gemeinsame EU-Liste.
Das Verfahren zur Erstellung der "Schwarzen Liste" funktioniert wie folgt:
Zunächst teilen alle Mitgliedstaaten innerhalb eines Monats nach in Kraft treten der Verordnung der Kommission
die Identität der Luftfahrtunternehmen mit, die in ihrem jeweiligen Territorium einer Betriebsuntersagung
unterliegen. Die Kommission informiert die anderen Mitgliedstaaten über diese Betriebsuntersagungen.
Innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Informationen, erstellt die Kommission auf der Grundlage gemeinsamer
Kriterien die "Schwarze Liste" (93). Betroffene Luftfahrtunternehmen werden angehört, ggf. im Rahmen
eines Dringlichkeitsverfahrens (97).
Ein Luftfahrtunternehmen kommt auf die "Schwarze Liste", wenn es Belege für gravierende Sicherheitsmängel
gibt, wenn die Fähigkeit und/oder Bereitschaft fehlt Sicherheitsmängel zu beheben, oder wenn die für
die Kontrolle eines Luftfahrtunternehmens zuständigen Behörden nicht willens oder in der Lage sind, Sicherheitsmängel
aufzuzeigen, Sicherheitsnormen durchzusetzen oder das Flugzeug zu kontrollieren (117).
Mindestens alle drei Monate prüft die Kommission, ob eine Aktualisierung der gemeinschaftlichen Liste angemessen
ist, etwa um ein neues Luftfahrtunternehmen aufzunehmen oder von der Liste zu streichen wenn Sicherheitsbedenken
ausgeräumt sind. Um die Liste wirksam zu aktualisieren, müssen die Mitgliedstaaten und die Europäische
Agentur für Flugsicherheit (EASA) der Kommission alle relevanten Informationen zukommen lassen (94).
Die Kommission sorgt ebenfalls für die Veröffentlichung der "Schwarzen Liste", u. a. im Internet.
Zudem geben Verkäufer von Flugscheinen, die nationalen Zivilluftfahrtbehörden, die EASA und die Flughäfen
die Liste auf ihren Internetseiten und, wenn angebracht, in ihren Geschäftsräumen bekannt (99).
Die gemeinsame EU-Liste lässt es selbstverständlich zu, dass Mitgliedstaaten, die mit plötzlichen
Sicherheitsproblemen konfrontiert sind, sofort reagieren und die Verhängung einer Betriebsuntersagung oder
verkehrsrechtlicher Beschränkungen vornehmen können. Auch eine Betriebsuntersagung für Unternehmen,
die nicht auf der "Schwarzen Liste" stehen, ist "auf Grund eines speziell diesen Mitgliedstaat
betreffenden Sicherheitsproblems" möglich (96).
Auch was die Informationsrechte der Passagiere betrifft hat das Parlament zahlreiche Neuerungen beschlossen. Bislang
war die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität ihres Luftfahrtunternehmens oftmals schwierig
(u.a. aufgrund von Charterflügen, Code-Sharing, Pauschalreisen usw.).
Nun liegt die Informationspflicht über die Identität des Luftfahrtunternehmens generell beim "Vertragspartner
für den Luftverkehr", d.h. direkt bei demjenigen, der das Ticket verkauft, unabhängig von der Form
der Buchung (105). Ist zum Zeitpunkt der Reservierung die genaue Identität noch nicht bekannt, muss der Vertragspartner
für den Lufttransport den Fluggast informieren, sobald die Identität feststeht (106).
Er muss den Fluggast auch so schnell wie möglich über eine Änderung informieren, spätestens
bei der Abfertigung oder zum Zeitpunkt des Einstiegs (107). Luftfahrtunternehmen und Reiseveranstalter müssen
den Vertragspartner für den Lufttransport über den Namen des ausführenden Luftfahrtunternehmens,
insbesondere im Falle eines Wechsels des ausführenden Luftfahrtunternehmens, informieren (108).
Schließlich hat das Parlament beschlossen, dass Fluggäste ein Recht auf Ausgleichsleistungen in den
Fällen haben, in denen nach der Reservierung der Reise das benannte Luftfahrtunternehmen in die "schwarze
Liste" aufgenommen und ein Flug deshalb annulliert wurde. In diesen Fällen muss dem Fluggast auf dessen
Verlangen eine gleichwertige Reise oder die Rückerstattung des vollen Preises für den Flugschein ohne
Gebühren angeboten werden (110). Die Kommission hatte in ihrem Vorschlag eine derartige Kompensation nicht
vorgesehen.
Die Bestimmungen zu den Informationsrechten sowie zur Erstattung treten sechs Monate, die Bestimmungen zur Erstellung
der "Schwarzen Liste" 20 Tage nach Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt der Europäischen
Union in Kraft (116 rev). |