Keine Mehrheit für Visa-Untersuchungsausschuss  

erstellt am
17. 11. 05

Wien (pk) - Sozialdemokraten wie Grüne wollen, dass die so genannte Visa-Affäre in einem Untersuchungsausschuss untersucht wird. Bei der Abstimmung der unter einem abgeführten Kurzdebatte darüber am Mittwoch (16. 11.) blieben beide Anträge in der Minderheit.

Abgeordneter Dr. CAP (S) sprach zunächst über die Vernichtung der positiven Bescheide und verwies in diesem Zusammenhang auf die EU-Konsularverordnung, wonach die entsprechenden Dokumente mindestens ein Jahr aufbewahrt werden müssten. Damit sei genau das Gegenteil intendiert. Von den positiv erledigten Formularen existierten nach der Vorgangsweise des Außenministeriums nur noch Restbestände, und dies, obwohl, wie die Parlamentskorrespondenz berichtet habe, allein in Belgrad 30.000 Visa erteilt wurden.

Hier müsse dringend Licht ins Dunkel gebracht werden. Habe es sich ursprünglich um eine "schützt Ferrero"-Aktion gehandelt, so werde es nun mehr und mehr zu einer "schützt Plassnik-Aktion", da sich die Außenministerin mehr und mehr in diese Affäre verstricke. Und da hier eine "Vertuschungsaktion sondergleichen" vonstatten gehe, brauche es dringend eine adäquate Untersuchung all dieser Vorfälle, resümierte Cap, der von einer "sehr ernsten Sache" sprach.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) schloss inhaltlich an ihren Vorredner an und ging in der Folge auf einzelne Aspekte dieser Thematik ein. Ein besonderes Anliegen waren der Rednerin dabei jene Menschen, denen eventuell ein Visum verweigert wurde, weil sie eben nichts gezahlt hatten. Es müsse Sorge dafür getragen werden, dass alles mit rechten Dingen zugehe. Und dazu müsse sowohl die juristische als auch die politische Verantwortung geklärt werden, unterstrich die Rednerin.

Zum Stopp der Aktenvernichtung merkte die Rednerin an, wenn dies wirklich bereits im September angeordnet worden sei, dann stelle sich die Frage, weshalb die Ministerin dies nicht schon in der Vorwoche gesagt habe. Es sei auch die Aufgabe der Regierungsfraktionen, die politische Verantwortung zu klären, weshalb auch sie für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stimmen sollten, zumal hier etliche Fragen - etwa hinsichtlich der internen Kontrolle im Außenamt - zu klären seien.

Abgeordneter DI MISSETHON (V) gratulierte der Außenministerin zunächst für ihre Haltung in der Türkeifrage und für die Ausrichtung der Islam-Konferenz. Bei der Opposition verwundere ihn, wie es dieser immer wieder gelinge, die falschen Themen zu erwischen. Es gebe keinen Anlass zu einem Untersuchungsausschuss, diese Anträge seien "ein Schuss ins Knie". Es habe in Europa wirklich einen Visa-Skandal gegeben, aber nicht in Österreich, sondern in Deutschland.

Abgeordneter Mag. POSCH (S) führte die Visa-Affäre auf strukturelle Schwächen zurück und meinte, die Zusammenarbeit zwischen Innenministerium und Außenministerium, aber auch jene zwischen den Behörden im Schengener Raum sei mangelhaft gewesen. Die Tatsache, dass nun eine Expertenkommission eingesetzt wurde, sei jedenfalls ein Indiz dafür, dass es sich nicht um einen kriminellen Einzelfall gehandelt hatte.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) warf der SPÖ Parteitaktik vor und bemerkte, die von der Opposition aufgeworfenen Fragen könnten auch ohne einen Untersuchungsausschuss relativ einfach aufgeklärt werden. Scheibner sprach sich dafür aus, zuerst die Justiz und die Kommission arbeiten zu lassen. Danach gelte es, über eine allfällige politische Verantwortung zu entscheiden. Klar war für den Redner jedenfalls, dass keine Frage offen bleiben dürfe.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) erwiderte, der Regierung gehe es vor allem darum, das Möglichste zu tun, damit nichts ans Licht kommt. Empört zeigt er sich darüber, dass die Akten über die Visa-Erteilung zum Großteil bereits vernichtet wurden.

Bei der Abstimmung wurden beide Anträge abgelehnt.
     
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