Sozialwort soll Österreichs EU-Vorsitz inspirieren  

erstellt am
28. 11. 05

Orthodoxer und katholischer Bischof aus Serbien bei Festveranstaltung zum 2. Jahrestag der Veröffentlichung des ökumenischen Sozialworts
Wien (stephanscom.at) - Das ökumenische Sozialwort hat über Österreichs Grenzen hinaus Beachtung gefunden: Besonders während der österreichischen EU-Rats-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 soll es die Verantwortungsträger "inspirieren", sagte die Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Oberin Christine Gleixner, am Donnerstagabend bei einer Festveranstaltung anlässlich des 2. Jahrestages der Veröffentlichung des Sozialworts. Die Festveranstaltung wurde von der Stiftung "Pro Oriente" mitgetragen. Der serbisch-orthodoxe Bischof von Novi Sad, Irinej (Bulovic), und der katholische Erzbischof von Belgrad, Stanislav Hocevar, waren eigens für die Festveranstaltung nach Wien gekommen.

Präsentiert wurde das bei "Herder" erschienene, in einem Trialog zwischen katholischer, evangelischer und orthodoxer Kirche entstandene Buch "Perspektiven ökumenischer Sozialethik - Der Auftrag der Kirchen im größeren Europa". Verfasst haben es die katholische Wiener Sozialethikerin Prof. Ingeborg Gabriel, der Generaldirektor der Orthodoxen Akademie von Kreta, Alexandros Papaderos, und der Wiener evangelische Theologe Prof. Ulrich Körtner. Eine gemeinsame Publikation der drei großen christlichen Konfessionen sei "erstmalig und einzigartig", freute sich Oberin Gleixner. Wissenschaftliche Studien, die den Impuls des im Advent 2003 präsentierten Sozialwortes aufnehmen und weiter tragen, seien jetzt besonders wichtig.

Bischof Irinej betonte die gemeinsame Verantwortung der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche für Europa. Die Vereinigung des Kontinents dürfe nicht bloß eine ökonomische sein. Sonst werde Europa wie ein auf Sand gebautes Haus ohne Grundmauern sein. Die Sehnsucht nach einem geistigen Fundament könne nur vom Christentum erfüllt werden, so Irenej. Sowohl die Säkularisierung als auch der Islam stellten heute große Herausforderungen dar. Doch das säkularisierte Europa könne wie das heidnische antike Rom "durch das Licht des Evangeliums von innen erleuchtet werden". Die Kirchen des Ostens und Westens sollten einander neu entdecken und nicht weiter auf ihren "isolierten Inseln" leben, betonte der Bischof aus der Vojvodina.

Auch Erzbischof Hocevar ging auf die große Heterogenität innerhalb Europas ein: "Gott kann unsere Trennung gebrauchen, damit Einheit in Verschiedenheit noch schöner aufblüht".

Kirchen dürfen nicht in Sakristeien bleiben
Die Kirchen dürfen sich nicht in ihre Sakristeien einsperren lassen, sondern müssen wieder eine Stimme in der Gesellschaft haben, sagte der Wiener griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos. Das Sozialwort verbinde den Osten mit dem Westen und richte sich nicht nur an die Kirchen, sondern an alle politischen Organisationen, damit das "Friedensprojekt Europa" nicht verspielt werde.

Auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka wünscht sich das Sozialwort als "Kompassnadel" für die österreichische EU-Rats-Präsidentschaft. Die Nadel zeige auf die erforderlichen Prioritäten - die Themen Armut, Arbeit, alte und pflegebedürftige Menschen sowie Integration und Entwicklungshilfe. Es gelte, das europäische Sozialmodell weiter zu entwickeln.

Konkrete Beispiele der Umsetzung nannte P. Alois Riedlsperger SJ von der Katholischen Sozialakademie, der Koordinator des "Projekts Sozialwort", mit dem Schulprojekt "pilgrim" oder dem Beitritt der Diözese Linz zum Klimabündnis. Bis zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung 2007 in Sibiu (Rumänien) bleibe allerdings noch viel zu tun.
     
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