V-F-Mehrheit im Unterrichtsausschuss, Oppositionsanträge abgelehnt
Wien (pk) - Die Aus- und Weiterbildung der Pflichtschullehrerinnen und -lehrer wird zukünftig
an Pädagogischen Hochschulen erfolgen. Die entsprechende Regierungsvorlage zu einem "Bundesgesetz über
die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihrer Studien (Hochschulgesetz 2005)" (1167 d.B.)
wurde am Dienstag (22. 11.) mit den Stimmen der Koalitionsparteien ÖVP und F im Unterrichtsausschuss
beschlossen.
Bundesministerin Elisabeth Gehrer umriss die künftige Struktur der PflichtschullehrerInnenausbildung, die
Pädagogische Hochschulen des Bundes und die Kooperation von Instituten mit Pädagogischen Hochschulen
und privaten Pädagogischen Hochschulen vorsehe, wobei die Ministerin unterstrich, dass ihr die staatliche
Verantwortung für die Ausbildung der PflichtschullehrerInnen wichtig sei.
Abgeordnete Gertrude Brinek (V) machte darauf aufmerksam, dass Experten den vorliegenden Entwurf positiv bewerten,
und plädierte dafür, die vorgesehenen Kooperationsmöglichkeiten zu nutzen. Optimistisch zeigte sich
die Abgeordnete hinsichtlich der Kollegs, die sich zu einer hochschulähnlichen Ausbildung weiter entwickeln
könnten.
Auch Abgeordneter Alfred Brader (V) zeigte sich angetan von der Neuorganisation, von der er sich eine praxisorientierte
LehrerInnenausbildung erwarte.
Abgeordneter Dieter Brosz (G) vermisste hingegen den längst fälligen großen Wurf in der Lehrerausbildung
und machte darauf aufmerksam, dass der Ausschuss einer Pädagogischen Hochschule zustimme, deren Absolventen
keine Jobchance haben. Kritik übte Brosz auch an der reduzierten Mitbestimmung sowie daran, dass das Modell
der Regierung nicht dem internationalen System entspreche. Angesagt wäre eine durchlässigere gemeinsame
Ausbildung aller LehrerInnen.
Abgeordnete Mares Rossmann (F) sprach von einem akzeptablen ersten Schritt, unterstrich die vorgesehene Kooperation
der Pädagogischen Hochschulen mit den Universitäten und beantragte eine Ausschussfeststellung, die den
Aspekt der Durchlässigkeit zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten betonte.
Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) begrüsste die Verbesserungen für Behinderte, die einen barrierefreien
Zugang in baulicher und beruflicher Hinsicht zu den Pädagogischen Hochschulen erhalten.
In der Minderheit blieb der von Abgeordnetem Erwin Niederwieser mit den Argumenten eines umfassenderen Bildungsangebots,
der Berücksichtigung des Gender-Aspekts und mit der Einbeziehung der Kindergarten- und Vorschulpädagogik
sowie mit der Erwachsenenbildung vertretene SPÖ-Antrag betreffend ein Bundesgesetz über Pädagogische
Hochschulen (729/A). Diese Gesetzesinitiative zur Errichtung Pädagogischer Hochschulen sei als ein "Zwischenschritt
in der Modernisierung der österreichischen Lehrer- und Lehrerinnenbildung" zu verstehen, da sie grundsätzlich
eine Verlagerung der Ausbildung für alle Schultypen an die Universitäten, wo Pädagogische Fakultäten
eingerichtet werden sollten, eintreten.
Abgeordneter Alfred Brader (V) hielt den SPÖ-Antrag nicht für zeitgemäß; die vielen Gremien,
die er vorsehe, erinnerten ihn an das UOG 1993.
Abgeordneter Dieter Brosz (G) sah beim SPÖ-Entwurf wesentliche Verbesserungen gegenüber der Regierungsvorlage,
es wäre nun aber ein "großer Wurf" fällig, er lehnte daher auch den SP-Antrag ab.
Abgeordneter Erwin Niederwieser kündigte einen Minderheitsbericht seiner Fraktion an.
Mit dem nun dem Plenum des Nationalrates zur Beschlussfassung vorliegenden Hochschulgesetz 2005 werden die bestehenden
51 Institutionen der Pädagogischen, Berufspädagogischen, Agrarpädagogischen und Religionspädagogischen
Akademien sowie der Pädagogischen und Religionspädagogischen Institute zu Pädagogischen Hochschulen
zusammengeführt und in den tertiären Bildungssektor eingegliedert.
Absolventen und Absolventinnen von Studiengängen schließen mit dem akademischen Grad "Bachelor
of Education" ("BEd") ab. Die Hochschullehrgänge schließen mit der Bezeichnung "Akademischer
bzw. Akademische ..." mit einem dem Inhalt des jeweiligen Lehrgangs charakterisierenden Zusatz ab.
Mit Ausnahme des Burgenlandes wird es in jedem Bundesland eine Pädagogische Hochschule geben, in Wien darüber
hinaus eine Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Zur Aus- und Weiterbildung ihrer Lehrer und Lehrerinnen
werden für Kirchen und Religionsgemeinschaften besondere Optionen zur Nutzung von Räumlichkeiten und
Infrastruktur über privatrechtliche Verträge geschaffen.
Ein bei der Abstimmung mit der Mehrheit der Regierungsparteien angenommener V-F-Abänderungsantrag enthält
redaktionelle Verbesserungen und trägt organisationsrechtlichen Änderungen Rechnung. Pädagogische
und Berufspädagogische Akademien und Pädagogische Institute des Bundes sowie die Agrarpädagogische
Akademie werden per Gesetz aufgelöst. Das Personal wird - ebenfalls per Gesetz - den neuen Pädagogischen
Hochschulen zugewiesen.
Anträge der Oppositionsparteien
Der Bildungssprecher der Grünen Dieter Brosz hatte zahlreiche Entschließungsanträge eingebracht,
die sich mit unterschiedlichen Problemen und Fragestellungen des schulischen Alltags befassen und auf Vorschlägen
der Zukunftskommission beruhen. "Der Inhalt dieser Anträge würde eine sehr wesentliche Reform des
österreichischen Schulsystems bringen", sagte Brosz.
Sein Antrag für mehr Unterstützung der Lehrer beim Umgang mit verhaltensauffälligen Schülerinnen
und Schülern zielte auf eine Erhöhung der Personalreserven von fachlich ausgebildetem Lehrpersonal, den
Auf- und Ausbau der Schulsozialarbeit sowie die Einrichtung von multidisziplinären regionalen Beratungs- und
Unterstützungszentren unter Einbeziehung von Psychologen, Sozialarbeitern und Ärzten (628/A[E]). - Auf
Antrag des Abgeordneten Nikolaus Prinz (V) wurde dieser Antrag mit V-F-Mehrheit vertagt, um eine in Vorbereitung
stehende Initiative des Ministeriums mit dem Titel "faire Schule" abzuwarten.
Eine Initiative der Grünen für den Ausbau der individuellen Förderung samt Bereitstellung der dafür
erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen (633/A[E]) wurde von der Mehrheit der Regierungsparteien
abgelehnt, weil bereits sehr viele Maßnahmen laufen, wie die V-Abgeordneten Brader und Großruck ausführten.
- Die Abgeordneten Werner Amon (V) und Mares Rossmann (F) legten einen gemeinsamen Entschließungsantrag "für
den gezielten Einsatz des Förderunterrichtes" vor, der eine V-F-Mehrheit erzielte. Der von V-Abgeordnetem
Franz-Josef Huainigg eingebrachte Entschließungsantrag zur "Förderung von gehörlosen Kindern
und Jugendlichen" wurde einstimmig angenommen.
Alle anderen Oppositionsanträge wurden von den Koalitionsparteien abgelehnt.
Abgeordneter Dieter Brosz hatte seitens der Grünen die Einführung eines Kurssystems an den Oberstufen
von AHS und BHS gefordert. Aus einem Vorlesungsverzeichnis sollen die Schülerinnen und Schüler verpflichtende
Basis-, typenbildende, alternative und freie Wahlmodule sowie Unterricht zu Schlüsselqualifikationen auswählen
können. (621/A)
Auch wollten die Grünen den Schulen bei der Aufteilung der Unterrichtszeit mehr Autonomie einräumen.
Der Umfang der in einem Fach anzubietenden Unterrichtszeit soll demnach künftig in "normalen" Stunden
angegeben werden, über die Verteilung dieser Unterrichtszeit sollen die Schulen frei entscheiden können
sollen. (622/A[E])
Überdies soll nach Ansicht der Grünen die Schulpartnerschaft gestärkt und die demokratische Mitbestimmung
auf die Unterstufe ausgeweitet werden. (626/A[E])
Die Grünen sprechen sich auch für eine Einschränkung der Klassenwiederholungen im Pflichtschulbereich
aus. Repetieren sollte damit nur noch durch einen entsprechenden Konferenzbeschluss auf Antrag der Erziehungsberechtigten
erfolgen. (627/A[E])
Zudem wird die Forderung nach einer Neuordnung der Leistungsbeurteilung im Schulsystem erhoben. Ziffernnoten hätten
einen generell geringen Informationswert, wiesen mangelnde Vergleichbarkeit im Hinblick auf die zugrunde liegenden
Leistungen auf und ließen es an einer stärker am Prozess des Lernens orientierten schulischen Diagnostik
fehlen. (629/A[E])
Die Grünen plädierten auch für den offenen Unterricht, da eine aktive Einbeziehung der Schüler
in den Lernprozess, etwa durch Projektunterricht, Freiarbeit oder Stationen-Unterricht, die Selbständigkeit
der Schüler bestärke und den Lernerfolg dadurch erheblich verbessern könne. (631/A[E])
Unzufrieden zeigte sich Abgeordneter Brosz (G) auch mit der Umsetzung der Bildungsstandards durch das Ministerium
und forderte entsprechende Änderungen gemäß den Anregungen der Zukunftskommission (619/A[E]).
Bildungsministerin Gehrer berichtete von einem Pilotprojekt zur Erprobung von Bildungsstandards in Kooperation
mit Deutschland, das erst im Jahr 2006 abgeschlossen werde. Die Ministerin wandte sich entschieden gegen einen
nationalen Alleingang bei diesem Thema.
Zur Kontrolle der Qualität des heimischen Unterrichts wünschen sich die Grünen zudem ein entsprechendes
Monitoringsystem, dessen Ergebnisse in einen nationalen Bildungsbericht einfließen sollen (632/A[E]).
In der Minderheit der Oppositionsparteien blieb auch der Entschließungsantrag des Bildungssprechers der SPÖ,
Erwin Niederwieser. Er forderte die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur dazu auf, 800 Lehrer-
und Lehrerinnendienstposten für den Integrationsunterricht zusätzlich zur Verfügung zu stellen (727/A[E]).
- Abgeordneter Werner Amon rief die SPÖ-Abgeordneten dazu auf, sich nicht von willkürlich in der Öffentlichkeit
kolportierten Zahlen beeindrucken zu lassen, sondern zur Kenntnis zu nehmen, dass die heute vom Ausschuss verabschiedete
Regierungsvorlage einen einstimmigen Ministerratsbeschluss zur Grundlage habe.
Den Abschluss der Tagesordnung bildete ein Antrag der Grünen, worin eine rechtliche Gleichstellung von Alternativschulen
mit konfessionellen Privatschulen gefordert wird, um der prekären finanziellen Lage von Alternativschulen
gegensteuern zu können. Konkret fordern die Grünen, dass auch bei Alternativschulen die Personalkosten
vom Staat abgedeckt werden, wie dies derzeit schon bei den konfessionellen Privatschulen der Fall ist. (625/A[E])
Abgeordneter Werner Amon begründete die Ablehnung mit dem quantitativen und rechtlichen Unterschied, der zwischen
konfessionellen Schulen und privaten Alternativschulen, die er begrüße, bestehen. Bei konfessionellen
Schulen seien bilaterale Verträge einzuhalten. |