Matznetter:
"Mittlere Einkommen sind mit 70 Prozent am stärksten belastet"
Wien (sk) - "Die Steuern- und Abgabenbelastung zeigt uns: der Mittelstand wird überbordend
belastet, je mehr jemand verdient, desto billiger wird es, und je mehr Arbeit dahinter steht, desto höher
wird die Belastung", so skizzierte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter am Montag (21. 11.) Abend
in einem Hintergrundgespräch das österreichische Steuersystem. Eine Reichensteuer, wie sie nun in Deutschland
eingeführt wird, lehnt die SPÖ ab, Matznetter wünschte sich aber eine breite nationale Diskussion
aller Experten, der Sozialpartner und der politischen Parteien mit dem Ziel, das leistungsfeindliche Steuersystem
einer Gesamtreform zu unterziehen und den Faktor Arbeit zu entlasten. Oberste Priorität sei es, "die
Leistungsträger im Mittelstand und die unteren Einkommen zu entlasten", so Matznetter.
"Um den Faktor Arbeit tatsächlich zu entlasten, wird es notwendig sein, die gesamte Breite der Wertschöpfung
zur Finanzierung der öffentlichen Leistungen heranzuziehen. Es kann nicht sein, dass es in unserem Land Einkommen
gibt, die keinen Beitrag zur Finanzierung des Sozialsystems leisten", so Matznetter. Vor allem werde es nötig
sein, dass große Unternehmen mit Rekordgewinnen wieder einen angemessenen Beitrag leisten. Hier gelte es,
bei den Steuerschlupflöchern nachzubessern. Die SPÖ bekenne sich zu einer Körperschaftsteuer von
25 Prozent – "aber bitte ehrliche und faire 25 Prozent", betonte Matznetter, der darauf verwies, dass
besonders Großunternehmen über die Gruppenbesteuerung viele Möglichkeiten hätten, die Steuern
abzusenken oder sich überhaupt vom Steuerzahlen zu verabschieden.
Matznetter widmete sich insbesondere der Frage, wie sich denn die Steuerlast in Österreich tatsächlich
verteilt. Bei den unselbstständig Erwerbstätigen zeigte Matznetter auf, dass bei einem monatlichen Bruttogehalt
von knapp 3.600 Euro die absolute Spitzenbelastung erreicht werde. Hier betragen Dienstgeber-Abgaben und Dienstnehmer-Abgaben
gemeinsam 69,24 Prozent. "Von den Leistungsträgern werden die höchsten Steuern und Abgaben einkassiert.
Während die Topverdiener, wie etwa ein Bankdirektor mit Millionengage, schon deutlich weniger, nämlich
etwa 53 Prozent an Dienstgeber-Abgaben und Dienstnehmer-Abgaben zu leisten haben", so Matznetter. Angesichts
der Tatsache, dass eine Supermarkt-Verkäuferin mit einem Brutto-Einkommen von 700 Euro monatlich bereits eine
Belastung von etwa 50 Prozent in Kauf nehmen muss, spricht Matznetter von einer "Flat-Tax, bei der allerdings
der Mittelstand mit 70 Prozent Spitzenbelastung überbordend zur Kasse gebeten werde. "Hier besteht echter
Reformbedarf. Eines ist angesichts der Fakten aber klar: Für Steuersenkungen im Spitzenbereich, wie sie etwa
die Herren Bartenstein, Molterer oder der Präsident der Wirtschaftstreuhänder Brogyanyi fordern, gibt
es wirklich keinen Grund", so der SPÖ-Budgetsprecher.
Auch bei den Einkommen aus selbstständiger Arbeit zeige sich ein ähnliches Bild wie bei den Einkommen
aus unselbstständiger Arbeit. Auch hier würden die Kleinunternehmen überproportional gegenüber
jenen Unternehmen mit Rekordgewinnen belastet, führte Matznetter aus. "In Wahrheit zahlen schon kleine
und mittelständische Unternehmen dieselbe Abgabenleistung, wie Unternehmen mit Millionengewinnen. Das muss
doch wohl Anlass genug sein, darüber nachzudenken, ob die Abgaben im mittleren Bereich nicht zu hoch sind",
sagte Matznetter.
Matznetter übte deutliche Kritik an der Steuerpolitik der Bundesregierung, die in den vergangenen Jahren dieses
Missverhältnis bei der Steuerlast zusätzlich verschärft habe. "Wir haben eine überbordende
Besteuerung beim Mittelstand. Die Daten zeigen uns: Je mehr das Einkommen mit Arbeit verbunden ist, umso höher
ist die Steuer- und Abgabenlast", so Matznetter. Durch ein faires Einbeziehen aller Einkommensarten in die
Finanzierung der öffentlichen Aufgaben könnte das notwendige Volumen aufgebracht werden, um den Mittelstand
tatsächlich zu entlasten, führte der SPÖ-Budgetsprecher aus. "Das wird eine der vordringlichsten
Aufgaben einer kommenden Bundesregierung sein. Die jetzige ist mit ihrer Steuerpolitik auf dem völlig falschen
Weg ", so Matznetter, denn dieses System sei von leistungsfeindlichen Strukturen geprägt und bestrafe
die Fleißigen und Tüchtigen. |
Stummvoll: Wirtschaftspolitischer Zick-Zack-Kurs
Wien (övp-pk) - Offensichtlich sei die SPÖ darauf erpicht, ihren verwirrenden wirtschaftspolitischen
Zick- Zack-Kurs mit aller Vehemenz fortzusetzen, erklärte ÖVP- Finanzsprecher Dr. Günter Stummvoll
am Montag (21. 11.). Während SPÖ-Chef Gusenbauer die Senkung der Lohnnebenkosten noch vor ein paar
Jahren als "gefährlich" tituliert hat, bekenne sich Matznetter heute klar zu einer Entlastung des
Faktors Arbeit. Gleichzeitig fordert er aber eine Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage, was wiederum
eine Erhöhung der Lohnnebenkosten bedeutet. Auch bei der Körperschaftssteuersenkung werden einerseits
"Bekenntnisse" dazu abgelegt, während andererseits von "Steuergeschenken" die Rede ist.
"Es stellt sich nun also die Frage, was in der SPÖ gilt", so Stummvoll. Würde ein Unternehmen
einen solchen Zick-Zack-Kurs fahren, wäre es jedenfalls längst bankrott.
Bei der Senkung der Steuer- und Abgabenlast unterliege Matznetter ebenfalls einer Fehleinschätzung, wenn er
von einer "überbordenden Steuer- und Abgabenbelastung" spreche. Schließlich habe diese Bundesregierung
die Abgabenquote von 44,6 Prozent im Jahr 1999 auf derzeit 41,5 Prozent gesenkt. Selbst bei den Lohnnebenkosten
könne die Bundesregierung auf eine Senkung im Rahmen von 650 Millionen Euro seit 2000 verweisen. "Und
wir werden weiter an einer Senkung arbeiten", so Stummvoll.
Matznetter sei auch gesagt, dass jeder Bürger in Österreich ein Leistungsträger sei, nicht nur die
Besserverdiener. Deshalb profitieren von der Steuerreform 2004/05 durch die Erhöhung der Kaufkraft, der Entlastung
der Familien, der Stärkung des Wachstumspotenzials, der Verbesserung des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes,
der Erhöhung der Eigenkapitalbasis der Unternehmen als auch durch die Vereinfachung des Steuertarifsystems
alle österreichischen Steuerzahler. Unverständlich sei, warum Matznetter das Sozialversicherungssystem
in Frage stelle, in dem er die Finanzierung durch die Beitragszahler hinterfragt. "Hier vermischt der SPÖ-Budgetsprecher
eindeutig Äpfel mit Birnen, nämlich Steuern mit Sozialversicherungsbeiträgen", so Stummvoll
abschließend. |