Gusenbauer
kündigt großes Entlastungspaket für Mittelstand in nächster Legislaturperiode an
Wien (sk) - "Die SPÖ wird ein Entlastungspaket für den Mittelstand umsetzen, von dem
alle Einkommensbezieher bis 3.700 Euro brutto im Monat profitieren werden", kündigte SPÖ-Vorsitzender
Alfred Gusenbauer am Sonntag (04. 12.) in der ORF-Pressestunde an. 90 Prozent aller Arbeitnehmer und
75 Prozent aller Selbständigen verdienen weniger als diese 3.700 Euro brutto, so Gusenbauer. Durch eine Steuerreform
soll diesen Menschen eine Entlastung in der Höhe von "mehreren hundert Euro" pro Jahr zukommen.
Den genauen Betrag konnte Gusenbauer noch nicht nennen, da er davon abhängt, was ein Kassasturz nach der Regierungszeit
von Schüssel und Grasser ergebe und wie hoch das Defizit sei, das diese Regierung hinterlasse werde. Die SPÖ
werde dieses Entlastungspaket innerhalb einer Legislaturperiode, beginnend mit 2007, umsetzen versprach der SPÖ-Vorsitzende.
Zu diesem Entlastungspaket gehört auch die Abschaffung der Studiengebühren, da vor allem der Mittelstand
von dieser Maßnahme betroffen sei. Weiters sollen 100.000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze geschaffen
werden, um die Vereinbarkeit von Kind und Beruf zu verbessern. In diese Richtung ziele auch die Schaffung von 100.000
Ganztagsschulplätzen. Zudem soll die Pendlerpauschale und das Kilometergeld um 15 Prozent angehoben werden,
da Arbeitnehmer, die ihr Auto benötigen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, besonders von dieser Regierung
belastet wurden. "Mit diesem Entlastungspaket werden sich die Lebensverhältnisse und die Lebenschancen
der Menschen wesentlich verbessern", gab sich Gusenbauer überzeugt.
Der SPÖ-Chef unterstrich, dass die SPÖ für soziale Gerechtigkeit und für Verteilungsgerechtigkeit
stehe. Deshalb müsse auch der Mittelstand entlastet werden, der besonders durch die Regierung Schüssel
zu leiden habe. Zudem sei die soziale Frage in die Mitte der Gesellschaft gerückt, nachdem immer mehr Menschen
unter der Armutsgrenze leben müssen oder Arbeitslos sind, vor allem Jugendliche. "Wir haben in Österreich
ein massives soziales Problem", unterstrich GUsenbauer.
Gusenbauer fordert in der Pressestunde die Einführung eines Investitionsfreibetrag Neu für kleine und
mittlere Unternehmen, um Investitionen in der inländischen Wirtschaft anzuregen. Um dies zu gewährleisten,
müsste die Gruppenbesteuerung, durch die Verluste von Auslandstöchtern von Großkonzernen subventioniert
werden, wieder abgeschafft werden. 600 Millionen Euro stünden zur Verfügung aus nicht budgetierten Mehreinnahmen
aus der Mehrwertsteuer. Außerdem sollen die "gewaltigen" Schlupflöcher bei der Körperschaftssteuer
gestopft werden.
Eurofigther problemlos einzusparen
Die SPÖ werde auch ausgabenseitig sparen, unterstrich Gusenbauer. So wisse man seit dieser Woche, dass die
Abfangjäger ein "Riesenschmäh" sind. Denn es sei laut Verteidigungsminister Platter nie etwas
anderes mit den Flugzeugen geplant, als die Identifikation von fremden Flugobjekten, wie sich im Falle der CIA-Überflüge
gezeigt habe. Die derzeit in Funktion stehenden Saab-Flugzeuge werden noch bis 2020 im Einsatz stehen. Zur reinen
Identifikation von fremden Flugobjekten wäre die Anschaffung der milliardenteuren Eurofighter obsolet.
Anzudiskutieren sei auch eine Verwaltungsreform, die wurde von der Regierung Schüssel bisher nie angegangen,
sagte der SPÖ-Chef. Gusenbauer nannte als Kronzeugen für die nicht stattgefunden Verwaltungsreform Ex-Kommissar
Fischler, der in einem Interview im Wirtschaftsblatt davon gesprochen hatte, dass zwar mittlerweile 90 Prozent
der Landwirtschaftspolitik auf europäischer Ebene abgewickelt werden, das Landwirtschaftsministerium aber
immer noch den gleiche Personalstand hat, als zu seiner Zeit als Minister.
Solidaritätslücke im Gesundheitssystem muss geschlossen werden
Gusenbauer bekräftigte in der Pressestunde, dass die Solidaritätslücke in der Finanzierung des Gesundheitssystems
geschlossen werden müsse. "Wenn jemand 20.000 Euro brutto im Monat verdient, dann zahlt er gleich hohe
Beiträge für die Krankenversicherung wie jemand, der 2.000 Euro brutto verdient. Das ist ungerecht",
sagte der SPÖ-Chef. Die SPÖ sei daher für die Anhebung der Höchstbeitragsbemessungsgrundlage
von derzeit 3.600 auf 5.000 Euro. "Dadurch wird das System etwas gerechter und es sind lediglich 25 Euro,
die bei einer Bemessungsgrundlage von 5.000 Euro pro Monat mehr zu entrichten sind", so Gusenbauer.
Der SPÖ-Vorsitzende wies darauf hin, dass es glücklicherweise einen großen medizinischen Fortschritt
gibt, dieser müsse auch bezahlt werden. Die SPÖ will aber keine Zwei-Klassen-Medizin, eine für die
armen Leute und eine andere bessere, für jene die es sich leisten können. Das Ziel der SPÖ sei es,
für alle einen Zugang zu allen Leistungen zu ermöglichen. Die Finanzierung dieses Systems müsste
dann entweder über höhere Selbstbehalte gewährleistet werden, oder durch eine Zwei-Klassen-Medizin
oder eben durch die Schließung der Solidaritätslücke, wie es die SPÖ will.
SPÖ-Regierung für grundsätzliche Verbesserungen im Bildungsbereich
Durch die Aufhebung der Zwei-Drittel-Mehrheit in Bildungsfragen, werde es möglich sein, die grundsätzlichen
Vorstellungen in der Schul- und Bildungspolitik nun leichter umzusetzen. Schritte, die eine SPÖ-geführte
Regierung ergreifen werde, skizzierte Gusenbauer in der Pressestunde. "Wir sind weiterhin für die Einführung
des verpflichtenden letzten Kindergartenjahres, damit alle die Chance haben, beim Schulbeginn die Einstiegsbarrieren
zu überwinden", so der SPÖ-Vorsitzende. Des Weiteren werde die SPÖ die Klassenschülerzahl
auf 25 Kinder pro Klasse reduzieren. Dies sei vor allem auch nötig, um eine entsprechende individuelle Förderung
und Unterstützung der Kinder zu gewährleisten. Auch die Schaffung von 100.000 Ganztagsschulplätzen
stellte Gusenbauer in Aussicht. "Damit es hier ein echtes Wahlrecht zwischen Ganztagsschulformen und Halbtagsschulformen
gibt."
Außerdem werde eine SPÖ-geführte Regierung die ersten Schritte für die Einführung einer
Gemeinschaftsschule mit innerer Leistungsdifferenzierung der bis 14-Jährigen setzen. Wegweisend sei hier das
finnische Modell, so Gusenbauer. "Was dort so gut funktioniert, sind die unterschiedlichen Betreuungsvarianten
am Nachmittag, die zur Folge haben, dass der Leistungsdurchschnitt besser ist, als in anderen Systemen", führte
Gusenbauer aus. Eine der grundlegenden Vorarbeiten für ein solches Schulmodell sei aber auch eine gemeinsame
Lehrerausbildung auf universitärer Ebene. Die Frage, ob Lehrerinnen und Lehrer in einer solchen Form der Ausbildung
auch verpflichtend eine der Migrationssprachen erlernen müssten, stand Gusenbauer aber eher skeptisch gegenüber.
"Pädagogisch gesehen mag das ein sehr guter Ansatz sein, das Problem ist aber, dass hier eine zusätzliche
Sprache kaum ausrichten wird, um wirkliche Veränderungen zu erzielen", so Gusenbauer. Es wäre sicher
von Vorteil, würden Lehrer zusätzliche Fremdsprachen beherrschen. Dies aber verpflichtend festzulegen
würde nicht grundsätzlich helfen. "Viel wichtiger wäre hier wieder das verpflichtenden letzte
Kindergartenjahr, damit alle Kinder mit vergleichbaren Sprachkenntnissen in der Schule beginnen können",
führte Gusenbauer aus.
SPÖ ist Anwältin der sozialen Gesellschaft
Wenn der letzte Armutsbericht und die aktuellen Daten vom Arbeitsmarkt zeigen würden, dass rund eine
Million Menschen in Österreich armutsgefährdet seien, dass 460.000 Menschen von Armut betroffen seien
und 312.000 Menschen - darunter 65.000 Jugendliche - arbeitslos seien, dann zeige dass, das es in Österreich
ganz massive soziale Probleme gibt. "Jede österreichische Familie ist heute mit sozialen Problemen konfrontiert",
so Gusenbauer. Die soziale Frage sei also in die Mitte der Gesellschaft gerückt worden. "Die SPÖ
ist die Anwältin der sozialen Gesellschaft", betonte Gusenbauer, sie sei deshalb eine große Volkspartei
vom politischen linken Spektrum bis in die Mitte. Die SPÖ sei also mit den Problemen der Menschen in der Mitte
der Gesellschaft anzusiedeln, so der SPÖ-Vorsitzende.
Gusenbauer hielt fest, dass bei den kommenden Nationalratswahlen zu aller erst eine Grundsatzentscheidung anstehe.
"Es wird darum gehen: wer der Meinung ist, es soll alles so bleiben, wie bisher, der wird die ÖVP wählen,
wer aber einen Kurswechsel für eine modernere, sozialere und gerechtere Gesellschaft in Österreich will,
der wird sich für die SPÖ entscheiden." Man werde von Seiten der SPÖ nun alles dafür tun,
diesen Kurswechsel einzuleiten. Am Wahltag würden sich die Wähler entscheiden und dann werde man sehen,
mit welchem Partner ein solches Vorhaben umgesetzt werden könnte. Die FPÖ habe aber im Wiener Wahlkampf
gezeigt, dass sie für die SPÖ nicht koalitionsfähig sei, so Gusenbauer, der auch unterstrich, dass
die ÖVP offensichtlich hier weniger Probleme zu haben scheint. Eine Spekulation über eine mögliche
Koalition mit dem BZÖ sei obsolet. Es würde nichts bringen, über eine Partei zu diskutieren, die
bei Umfragen unter zwei Prozent liegen würde. Für eine Regierung unter der Führung der SPÖ
würden aber eine ganze Reihe "hervorragender Persönlichkeiten", sowohl in den Ländern,
als auch in den Reihen der Bereichssprecher und Abgeordneten im Parlament zur Verfügung stellen. "Wir
haben ein großes und - im Unterschied zur Regierung - wirklich unverbrauchtes Personalreservoir", so
der SPÖ-Vorsitzende.
Angesprochen auf die zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten hob Gusenbauer hervor, dass es hier bereits eine
Einigung zwischen dem Bundeskanzler, dem Kärntner Heimatdienst und den Slowenenvertretern gegeben habe. Dieser
Kompromiss sei aber wieder vom Kärntner Landeshauptmann abgelehnt wurden, nachdem derselbe ihn kurz zuvor
als Durchbruch bezeichnet hatte. "Dieser Kompromiss wäre eine gute Grundlage zur Lösung des Konflikts.
Das Problem sind aber Wolfgang Schüssel und Jörg Haider, die zu feig sind, um diese Lösung umzusetzen",
sagte Gusenbauer. |
Absage an Gusenbauer-Schaunig Plänen zu Ortstafelfrage Strutz
Klagenfurt (bzö) - Eine klare Absage den Plänen von Alfred Gusenbauer und Gabriele Schaunig-Kandut
- in Kärnten mehr zweisprachige Ortstafeln aufstellen zu wollen - erteilte der orange Landesparteiobmann-Stellvertreter
Martin Strutz am Montag (05. 12.). In der SPÖ Kärnten gebe es, wenn man den gestrigen Aussagen von
Gusenbauer glaube, offensichtlich eine neue Linie in der Ortstafelfrage. Strutz fordert deshalb heute Schaunig
auf, zu erklären, ob der Parteienkonsens noch gelte, oder ob die neuen Vorgaben von Gusenbauer verfolgt werden.
"Sollte die gestrige Ankündigung Gusenbauers stimmen, nämlich gemeinsam mit Schaunig spätestens
bis 2009 in Kärnten mehr zweisprachige Ortstafeln aufstellen zu wollen, ist der Kärntner Parteienkonsens
gebrochen, da dies eine andere Vorgangsweise, welche im Einvernehmen mit der Kärntner Bevölkerung vereinbart
wurde, bedeutet", so Strutz. Schaunig habe zu erklären, ob die SPÖ nun auf "Kärnten- Linie",
oder auf "Gusenbauer-Linie" ist, so Strutz.
"Unrecht darf nicht Recht werden", sagte Strutz in Bezug auf die Tatsache, dass ein Verfassungsgerichtshoferkenntnis
durch ein Verkehrsdelikt und Straftat erzwungen wurde. Von Seiten des BZÖ gebe es keine Unterstützung
für die Gusenbauer-Linie, im Gegenteil, "wir werden alles unternehmen, um zusätzliche zweisprachige
Ortstafeln gegen den Willen der Bevölkerung zu verhindern".
Auch der runde Tisch mit der Bevölkerung sei ein Lösungsweg, um die Pläne, die Wien mit Kärnten
vorhat, nicht Realität werden zu lassen, sondern nach besseren Wegen zu suchen, anstatt Konflikte zu säen".
"Der Gusenbauer-Schaunig Vorschlag bedeutet Konflikt statt Konsens und bringt Wirbel in die Ortstafelfrage.
Das wollen wir nicht haben", sagte der orange Landesparteiobmann- Stellvertreter Martin Strutz. |