Innenpolitik / Bundesrat  

erstellt am
01. 12. 05

 Konecny: Bundesrat kann politische Wirkung erzielen
SPÖ wird Oppositionsmehrheit verantwortungsvoll nützen
Wien (sk) - Anlässlich der diesjährigen Klubklausur der SPÖ-Bundesratsfraktion in Graz betonte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion, Albrecht K. Konecny, am Mittwoch (30. 11.) die besondere Rolle des Bundesrates durch die Zugewinne und die damit verbundenen Mehrheit der Opposition in der Zweiten Kammer. "Damit wurde ein zentrales Instrumentarium der Meinungsbekundung im Willensbildungs- und Normsetzungsprozess für die Opposition verfügbar", erklärte Konecny.

Insbesondere verwies er auf den sensiblen Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel der Geschäftsordnung und der Bundesverfassung. "Wir werden äußerst differenziert im Bundesrat vorgehen. Ziel muß es sein, die neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der Schüssel-Koalition im Sinne einer sozialdemokratischen, solidaren Politik des Miteinanders für die Menschen in Österreich zu beantworten", unterstrich Konecny.

"Wir werden diese Mehrheit nutzen, verantwortungsvoll und überlegt. Nichtsdestotrotz müssen sich die Schüssel-Regierung und die Regierungsfraktionen nun darauf einstellen, dass sie es nun mit einem Bundesrat zu tun hat, der auch politische Wirkung erzielen kann", erklärte Konecny.

Hinsichtlich des Wirkungsbereiches des Bundesrates forderte Konecny die Erweiterung des Zustimmungsrechtes, wie dies derzeit in Deutschland diskutiert wird. "Wir fordern, dass der Bundesrat ein Zustimmungsrecht in jenen Angelegenheiten erhält, bei denen die Bundesländer und Gemeinden auf Grund eines Bundesgesetzes finanziellen Belastungen ausgesetzt sind", betonte Konecny.

Im Zusammenhang mit der von der ÖVP geführten Bundesratsdebatte meinte Konecny, dass dies nur die Verunsicherung der ÖVP zeige, die sich dagegen sträube, dass sie nicht mehr über eine selbstverständliche Mehrheitsbeschaffung im Parlament verfüge und sich einer demokratischen Willensbildung stellen müsse. "Wir werden zeigen, dass der Bundesrat ein politisches Gremium ist, das Einfluss nehmen kann und dies auch im Sinne der Verfassung und der österreichischen Demokratie tun wird", stellte Konecny fest. "Dies wird der österreichischen Demokratie genauso gut tun, wie im Grunde wohl auch der Volkspartei, die sich wieder auf den Boden der demokratischen Selbstverständlichkeiten begeben muss."

 

Molterer: SPÖ macht Bundesrat zum "Blockaderat"
ÖVP-Klubobmann und Bundesrats-Fraktionsvorsitzender kritisieren SPÖ-Verhalten - Missbräuchlicher Umgang mit demokratischem Instrument
Wien (övp-pk) - Der Bundesrat ist nach der österreichischen Bundesverfassung ein wichtiges demokratisches Instrument des demokratischen Rechtsstaates Österreich. Der Bundesrat ist die Länderkammer mit der Aufgabe, die Länderinteressen zu vertreten und nötigenfalls im Interesse der Bundesländer die Stimme zu erheben. Allerdings steht in der Bundesverfassung nichts darüber, dass der Bundesrat ein "Blockaderat" ist, zu dem ihn die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat bedauerlicherweise machen möchte. Das erklärte ÖVP-Klubobmann Mag. Wilhelm Molterer am Mittwoch (30. 11.) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden der ÖVP-Bundesräte, Ludwig Bieringer.

"Das Verhalten von SPÖ und Grünen im Bundesrat ist bedauerlich. Sie gehen missbräuchlich mit diesem demokratischen Instrument um und nutzen den Bundesrat als Spielwiese für ihre Wahltaktik", kritisierte Molterer. Dabei sei deutlich zu beobachten, wie sehr das Verhalten der SPÖ von ihren Mehrheitsverhältnissen bestimmt wird. Wollte Salzburgs SPÖ-Chefin Burgstaller noch voriges Jahr den Bundesrat schlichtweg abschaffen, so sei nun nichts mehr davon zu hören. "Die ÖVP als föderale Partei hingegen wollte und will den Bundesrat immer als wichtiges demokratiepolitisches Instrument beibehalten."

Scharfe Kritik übte der ÖVP-Klubobmann am Einspruch der SPÖ-Bundesräte gegen den Zukunftsfonds. "Bundesländerinteressen sind von dieser Regelung überhaupt nicht berührt. Hier herrscht reine parteipolitische Motivation. Dadurch kommt es zu einer bedauerlichen Zeitverzögerung", führte Molterer an. Auch der Einspruch der SPÖ gegen das Postgesetz, das von den Post-Mitarbeitern durchwegs begrüßt werde, sei bedauerlich und unverständlich, so wie jener gegen das Fremdengesetz und die FamilienGmBH. "Diese ist ein effizientes Instrument für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und ein großer Wunsch, der auf einem breiten Konsens basiert."

Molterer erwartet auch, dass zwei wichtige Gesetze, die im Nationalrat kommende Woche beschlossen werden sollen, von der SPÖ im Bundesrat blockiert werden: Die Novelle zum Staatsbürgerschaftsrecht, die mehr Klarheit bringt und von 61 Prozent der Österreicher begrüßt wird und die Schaffung der pädagogischen Hochschulen. "Ich hätte mir erwartet, dass dieses Verfahren beschleunigt werden sollen. Nun wird blockiert."

"Der Bundesrat als wichtiges Gremium der Demokratie droht zum Blockaderat zu werden. Das schadet den österreichischen demokratischen Spielregeln", schloss Molterer.

Bieringer: Wo die SPÖ die Mehrheit hat, ist ihr jedes Mittel recht
Auch der Fraktionsvorsitzende der ÖVP im Bundesrat, Ludwig Bieringer, schlug angesichts der zu erwartenden Einsprüche und Vertagungen der Opposition im Bundesrat in die selbe Kerbe wie der Klubobmann: "Die SPÖ will nur blockieren." Bieringer verwies neuerlich auf eine Vereinbarung von ÖVP, SPÖ und FPÖ aus dem Jahr 1984, "die für uns nach wie vor Gültigkeit hat." Diese Vereinbarung von Alois Mock, Sepp Wille und Friedrich Peter sieht vor, dass ein Einspruch gegen einen Nationalratsbeschluss in der nächst folgenden Bundesratssitzung erfolgen muss und nichts verzögert werden soll. "Die ÖVP hält sich - anders als die SPÖ - noch heute an diese Vereinbarung. Denn parlamentarische Vereinbarungen werden nicht für eine Legislaturperiode, sondern auf Dauer geschlossen."

"Wo die SPÖ die Mehrheit hat, ist ihr jedes Mittel recht. Wo sie in der Minderheit ist, verlangt sie mehr Minderheitenrechte oder wie dereinst im Fall des Bundesrates, die Abschaffung des Bundesrates", schloss Bieringer.

   
Der Bundesrat und die Feinheiten seiner Geschäftsordnung
Opposition hat verschiedene Möglichkeiten, Gesetze zu verzögern
Wien (pk) - Seit die Opposition im Bundesrat über die Mandatsmehrheit verfügt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Bundesrat gegen einen Gesetzesbeschluss des Nationalrats Einspruch erhebt, erheblich gestiegen. Bereits am 4. November wurde ein erster Einspruchsbeschluss gefasst, weitere drei Einsprüche werden, schließt sich das Bundesratsplenum den Empfehlungen der zuständigen Ausschüsse an, heute folgen.

Nicht jedem Gesetz, das SPÖ und Grüne im Nationalrat abgelehnt haben, droht jedoch automatisch ein Einspruch im Bundesrat. Die Geschäftsordnung gibt der Opposition auch andere Möglichkeiten, unliebsame Nationalratsbeschlüsse zu verzögern, ohne sie ausdrücklich beeinspruchen zu müssen.

Hintergrund dafür ist, dass der Bundesrat grundsätzlich acht Wochen Zeit hat, um über einen etwaigen Einspruch zu entscheiden. Vor Ablauf dieser acht-Wochen-Frist kann das Gesetzgebungsverfahren nur dann fortgesetzt und das betreffende Gesetz kundgemacht werden, wenn der Bundesrat - wie in den letzten Jahren grundsätzlich üblich - ausdrücklich beschließt, keinen Einspruch zu erheben.

Der Bundesrat kann die acht-Wochen-Frist aber auch ohne eine ausdrückliche Entscheidung verstreichen lassen. Vertagt beispielsweise der zuständige Ausschuss des Bundesrates die Vorberatungen so lange, bis die Einspruchsfrist abläuft und liegt auch kein Fristsetzungsantrag vor, kommt der Gesetzesbeschluss nie auf die Tagesordnung einer Plenarsitzung.

Gleiches gilt, wenn der zuständige Ausschuss keine Empfehlung abgibt. Findet etwa ein von ÖVP-Mandataren vorgelegter Antrag, keinen Einspruch gegen einen vorliegenden Gesetzesbeschluss zu erheben, im Ausschuss keine Mehrheit und fasst der Ausschuss auch keinen anderen Beschluss, gilt das Verfahren im Bundesrat als "meritorisch erledigt". Mangels eines Ausschussberichts befasst sich auch das Plenum nicht mehr mit der Gesetzesvorlage - die acht-Wochen-Frist muss dennoch abgewartet werden.

Einsprüche des Bundesrates gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats haben grundsätzlich nur aufschiebende Wirkung - der Nationalrat kann sie mit einem so genannten Beharrungsbeschluss umgehen. Nur bei Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern und Angelegenheiten, die den Bundesrat selbst betreffen, hat die Länderkammer ein absolutes Vetorecht.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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