Bartenstein:
Politische Einigung bei REACH im Dezember möglich
Bartenstein diskutiert Chemikalienverordnung REACH beim Wettbewerbsfähigkeitsrat in
Brüssel
Brüssel (bmwa) - „Der von der britischen EU-Präsidentschaft vorgelegte Kompromiss ist eine
gute Basis für die weiteren Verhandlungen. Es müssen aber noch einige Verbesserungen und Klarstellungen
vorgenommen werden", sagte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein am Dienstag (29. 11.) in Brüssel
anlässlich der Debatte über die Chemikalienverordnung REACH im Wettbewerbsrat. Vor der geplanten Beschlussfassung
im Sonder-Wettbewerbsrat am 13. Dezember 2005, so Bartenstein weiter, müsse es noch eine Einigung geben, die
die berechtigten Anliegen des Konsumenten- und Umweltschutzes mit jenen der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Chemiewirtschaft vereinbart .
Es könne wohl nicht im Interesse des Umweltschutzes liegen, so Bartenstein, wenn durch praxisfremde Regelungen
die Produktion von Chemikalien von Europa in andere Länder mit niedrigeren Standards verdrängt wird und
dann diese Chemikalien wieder in Fertigprodukten importiert werden. Dieser Import unterliege nur dann den REACH-Bestimmungen,
wenn die in den Produkten verwendeten Chemikalien zur Freisetzung bestimmt seien. Diese Problematik könne
nicht nur im Bereich der chemischen Industrie, sondern auch bei anderen Industriezweigen wie der Glas-, Elektronik-
und Automobilindustrie, zu Abwanderungseffekten führen und damit Arbeitsplätze gefährden.
Die Herausforderung bei REACH, so Bartenstein, sei es, die Gesundheits-, Umwelt- und Konsumentenschutzinteressen
zu berücksichtigen und gleichzeitig die für Europa wichtigen Wachstumseffekte zu generieren.
Konkret seien für einen erfolgreichen Abschluss beim geplanten Sonderministerrat am aus österreichischer
Sicht noch folgende Verbesserungen notwendig, die auch von der Europäischen Kommission und dem deutschen Bundesumweltminister
Sigmar Gabriel vorgebracht wurden:
Österreich steht dem Vorschlag des Europäischen Parlaments kritisch gegenüber, eine Zulassung von
Chemikalien generell für 5 Jahre zu befristen. „Das macht keinen Sinn, da eine Befristung von den Eigenschaften
des Stoffes und auch von der technologischen Entwicklung abhängt. Hier braucht es eine gewisse Flexibilität",
so Bartenstein. Es sei außerdem wichtig, die Unternehmen beim Zulassungsverfahren nicht mit unnötigem
bürokratischem Aufwand zu belasten. Kommissar Verheugen, so Bartenstein, habe etwa von negativen Auswirkungen
auf die Hochtechnologieindustrie gesprochen, etwa die Abwanderung der Halbleiterindustrie.
Auch bei der für die Registrierung von Chemikalien vorgesehenen Zusammenarbeit von Unternehmen, bei der diese
die Informationen über diese Chemikalien austauschen und gemeinsam registrieren, seien noch Verbesserungen
notwendig. Damit solle den berechtigten Anliegen des Datenschutzes und der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen
entsprochen werden. Eine verpflichtende Datenweitergabe solle es bei Tierversuchen geben, um diese auf ein Minimum
zu begrenzen. Darüber hinaus solle aber über so genannte Opt-Out-Kriterien oder über freiwillige
Konsortienbildung mehr Flexibilität bei der Registrierung ermöglicht werden.
Beim Wettbewerbsrat, so Bartenstein abschließend, herrsche unter den Mitgliedsländern in weiten Bereichen
große Einigkeit. Er hoffe, dass beim "Sonderwettbewerbsrat" am 13. Dezember eine politische Einigung
erzielt werden könne. |
Krainer: Bartenstein will REACH amputieren
Wien (sk) - "Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Wirtschaftsminister Bartenstein will die Chemikalienverordnung
REACH nicht mehr nur verwässern, sondern amputieren", stellte SPÖ-Umweltsprecher Kai Jan Krainer
am Dienstag (29. 11.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst fest. Krainer bezieht sich dabei auf die ablehnende
Haltung Bartensteins gegenüber der vom EU-Parlament geforderten einheitlichen Fünf-Jahres-Frist für
die Zulassung gefährlicher Chemikalien. "Die neue Chemikalienverordnung ist die größte umweltpolitische
Herausforderung auf europäischer Ebene und dient dem Schutz unserer Umwelt und Gesundheit. Bartenstein negiert
diesen Umstand jedoch und will Unternehmen einen Persilschein ausstellen, auf ewig gefährliche Substanzen
verwenden zu dürfen", so der SPÖ-Umweltsprecher.
Der eigentliche Grundgedanke hinter dieser Verordnung war, ein Gütesiegel für die chemische Industrie
zu entwickeln, das dem Konsumenten die Sicherheit gibt, weder gesundheits- noch umweltschädliche Produkte
zu kaufen, erklärte Krainer. Zudem soll durch ein verbindliches Substitutionsprinzip gewährleistet werden,
dass gefährliche durch weniger gefährlichere Substanzen ersetzt werden. "Wenn Bartenstein jetzt
verlangt, dass es ein zeitliches Limit für die Zulassung gefährlicher Chemikalien gar nicht mehr geben
soll, dann führt er damit die Verordnung völlig ad absurdum", hielt Krainer abschließend fest. |