Ein wichtiger Schritt in Richtung Quantencomputer
Innsbruck (universität) - In Innsbruck ist es erstmals nachweislich gelungen, eine größere
Anzahl von Atomen miteinander zu verschränken. Die Forscher um Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt und Dr. Hartmut
Häffner berichten darüber in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift
Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt
Foto: C. Lackner |
NATURE. Weltweit zum ersten Mal wurde ein so genanntes "Quantenbyte (Qubyte)" realisiert, indem acht
Ionen kontrolliert verschränkt wurden.
Die Erzeugung eines "Quantenbytes" gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zum Quantencomputer. "Dass
wir dieses Ziel als erste erreicht haben, ist eine Bestätigung für die erfolgreiche Arbeit der Innsbrucker
Quantenphysik", freut sich Prof. Rainer Blatt. "Für unsere Forschung ist allerdings entscheidend,
dass wir mit diesem Experiment nun ein Werkzeug zur Hand haben, mit dem wir die Prozesse der Quanteninformationsverarbeitung
sehr genau studieren können", so Blatt weiter. In enger Zusammenarbeit mit den Theoretikern Dr. Otfried
Gühne und Dr. Wolfgang Dür aus der Innsbrucker Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Hans J. Briegel haben
die Wissenschaftler um Rainer Blatt und Hartmut Häffner gezeigt, dass sie vier, fünf, sechs, sieben oder
acht Ionen auf kontrollierte Art und Weise verschränken können. Die Kalzium-Ionen werden dazu mit
Acht Kalzium-Ionen gefangen in einer Paul-Falle
Photo: IQOQI |
elektromagnetischen Feldern in einer Ionenfalle eingefangen, in einer Reihe nebeneinander angeordnet und mit ausgeklügelter
Lasertechnologie in so genannten W-Zuständen verschränkt.
Aufwändige Messung
Die eigentliche Schwierigkeit in dem Experiment war der Nachweis, dass die Teilchen tatsächlich miteinander
verschränkt sind. Es mussten rund 650.000 Messungen durchgeführt werden, um die acht "Quantenbits
(Qubits)" durch Zahlen beschreiben zu können. Allein dieser Messprozess nahm über zehn Stunden in
Anspruch. Die Berechnung der Zahlen und deren Umsetzung in eine grafische Darstellung auf einem Hochleistungscomputer
der Universität dauerte gleich mehrere Wochen. Dies deutet bereits die hohe Überlegenheit der Quanteninformationsverarbeitung
gegenüber herkömmlichen Computern an. "Was mit den acht Qubits in etwa einer Millisekunde passiert,
kann mit einem normalen Rechner nur in vielen Stunden berechnet und charakterisiert werden", erklärt
Prof. Blatt. Das erfolgreiche Experiment beweist auch: Ionenfallen, wie sie in Innsbruck verwendet werden, stellen
die derzeit vielversprechendste Technologie für die Umsetzung größerer Rechenräume dar. Im
Fall der acht Ionen besteht dieser Rechenraum aus 65.536 zum Großteil unabhängigen Elementen.
Quantenhochburg Innsbruck
Der Gruppe um Prof. Rainer Blatt ist bereits im letzten Jahr die erste Teleportation mit Atomen gelungen.
Das aktuelle Experiment unterstreicht einmal mehr die führende Stellung der Innsbrucker Quantenphysik, die
sowohl national als auch international hohes Ansehen genießt. Mit der engen Kooperation von Theoretikern
und Experimentalphysikern und der großen Dichte an hochqualifizierten Forschern um die Professoren Rainer
Blatt, Hans J. Briegel, Rudolf Grimm und Peter Zoller hat sich in Innsbruck in den letzten Jahren eine Hochburg
der Quantenphysik herausgebildet. Entscheidenden Beitrag dazu leisten die Österreichische Aka-demie der Wissenschaften
mit dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI), der Österreichische Wissenschaftsfonds
mit einem österreichweiten Spezialforschungsbereich und die Europäische U-nion sowie Land Tirol, Stadt
Innsbruck und die Tiroler Industrie. Der neuerliche Erfolg der Innsbrucker Quantenphysiker bahnt den Weg für
ein noch besseres Verständnis zukünftiger Quantencomputer und bietet den Physikern erstmals die Möglichkeit
für ausführliche Analysen der Verschränkung von mehreren Teilchen. |