Neues Subsidiaritätsverfahren soll Entfremdung Bürger-EU überbrücken
Wien (pk) - Im Rahmen eines Gesprächs mit Medienvertretern im neuen Pressezentrum des Parlaments
informierte Nationalratspräsident Andreas Khol am Freitag (09. 12.) über seine Gespräche
mit EU-Parlamentspräsident Josep Borrell und mit den Fraktionsvorsitzenden der christdemokratischen sowie
der sozialdemokratischen Fraktionen des Europäischen Parlaments in Brüssel. Dabei seien die parlamentarischen
Termine im Rahmen des österreichischen EU-Vorsitzes geklärt worden.
Aus der umfangreichen Agenda - "eine parlamentarische Konferenz pro Monat" - hob der Nationalratspräsident
drei Großkonferenzen hervor: Von 31. Jänner bis 1. Februar 2006 wird das EU-Parlament gemeinsam mit
dem österreichischen Parlament und den Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten zum Lissabon-Prozess in Brüssel
tagen. An dieser Konferenz werden auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Kommissionspräsident Jose
Manuel Barroso teilnehmen. Im Mittelpunkt steht die Wachstums- und Wettbewerbsstrategie für Europa und die
Absicherung des europäischen Lebensmodells der sozialen Sicherheit.
Vom 18. bis 19. April 2006 wird sich die Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten, an der der Präsident
des Europaparlaments Josep Borrell, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der niederösterreichische Landeshauptmann
Erwin Pröll teilnehmen werden, mit einer Initiative gegen die Überzentralisierung befassen. Diese Konferenz
dient der Überprüfung überzentralisierter Rechtsakte der EU. Dieses ursprünglich österreichische
Anliegen werde nicht als österreichische Initiative, sondern als Initiative der regionalen Partnerschaft eingebracht,
sagte der Nationalratspräsident und informierte die Journalisten über das gemeinsame Ziel der Präsidenten
der Parlamente der sechs Mitgliedsländer der regionalen Partnerschaft: Die Entfremdung zwischen den Bürgerinnen
und Bürgern sowie den Zentralinstitutionen der Europäischen Union sollen überbrückt werden.
Er sei zuversichtlich, auch mit dieser Initiative Erfolg zu haben, sagte Khol auf diesbezügliche Fragen der
Journalisten. Konkret gehe es um ein neues Verfahren in der Rechtssetzung der EU. Die nationalen Parlamente sollen
früher und genauer über Rechtsakte informiert werden, um gegebenenfalls Signale gegen überzentralisierende
Maßnahmen aussenden können. In dieses Verfahren sollen überdies die Landtage und Gemeinden einbezogen
werden, teilte Khol mit.
Anfang Mai 2006 wird sich eine gemeinsame Konferenz des Europäischen, des österreichischen und der nationalen
Parlamente der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel der Zukunft des Verfassungsvertrages widmen, erfuhren die Medienvertreter
weiters. Neben den monatlichen Großkonferenzen in Wien wird auch der Hauptausschuss allmonatlich tagen, sodass
sich die Abgeordneten regelmäßig über die Fortschritte der österreichischen EU-Präsidentschaft
informieren können. Dazu kommen gemeinsame Sitzungen von EU-Ausschüssen mit den österreichischen
Fachausschüssen zu Themen wie Wirtschaft, Umwelt und Außenpolitik in Wien.
Österreich stehe ab 1.1.2006 mit seinem EU-Vorsitz "im Steuerungsstand der Europäischen Union",
sagte Nationalratspräsident Andreas Khol und unterstrich die klare Absicht, diesen Vorsitz erfolgreich, anständig,
professionell und zur Zufriedenheit der anderen Mitgliedsländer zu gestalten. Darin wisse er sich auch in
Übereinstimmung mit Altbundeskanzler Franz Vranitzky, dessen europapolitischen Leistungen der Nationalratspräsident
abschließend würdigte. |