Wien (prd) - Wie Leberzellen auf Signale zur Aktivierung eines Selbstzerstörungsprogramms
reagieren wird von dem Protein Raf-1 maßgeblich mitbestimmt. Diese bisher unbekannte Funktion des
schon seit langem bekannten Signalmoleküls hat eine Gruppe des Campus Vienna Biocenter in Mäusezellen
entdeckt und jetzt im Journal of Cell Biology veröffentlicht. Durch die Veröffentlichung dieser vom Wissenschafts
Fonds FWF unterstützten Arbeit bieten sich zukünftig Ansatzpunkte zur Entwicklung von Therapien gegen
eine ganze Reihe von Lebererkrankungen.
Wenn's der Leber schlecht geht wird ein Schutzmechanismus aktiviert der sogenannte programmierte Zelltod
oder Apoptose. So werden infizierte oder beschädigte Leberzellen in den Tod getrieben. Bei der Aktivierung
des Schutzmechanismus haben die Fas-Rezeptoren auf der Oberfläche der Leberzellen eine ganz bestimmte Rolle:
sie empfangen das als FasL bezeichnete Signalmolekül und initiieren anschließend die Selbstzerstörung
der Zelle. Raf-finierte Regulation Jetzt konnte eine Gruppe um Prof. Manuela Baccarini, Max F. Perutz Laboratories,
Dept. Mikrobiologie und Immunbiologie der Universität Wien zeigen, dass die Menge an Fas-Rezeptoren auf der
Zellmembran von dem Protein Raf-1 reguliert wird. Tatsächlich gelang es dem Team zu belegen, dass Zellen bis
zu fünf mal mehr Fas-Rezeptoren besitzen, wenn sie kein Raf-1 herstellen können. Dazu Prof. Baccarini:
"Dieser beträchtliche Anstieg an der Anzahl von Fas-Rezeptoren führt bei den verwendeten Mäusezellen
zu einer extremen Empfindlichkeit für das FasL-Signalmolekül."
Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse liefern eine Erklärung für die vor einiger Zeit entdeckte
Tatsache, dass Raf-1 gerade in der Embryonalentwicklung eine wichtige Funktion hat. Dann verhindert es nämlich
die zu dem Zeitpunkt ungewollte Aktivierung des Zelltod-Programms durch das Signalmolekül FasL. Jetzt ist
geklärt, dass dieser Effekt durch die Regulierung der Anzahl der dafür zuständigen Rezeptoren auf
der Zelloberfläche erfolgt. Rezeptor-Recycling Wie es dazu kommt, dass soviel Rezeptoren auf der Zelloberfläche
vorhanden sind erläutert Prof. Baccarini: "Zur korrekten Funktionsweise der Fas-Rezeptoren gehört
auch, dass sie nach Bindung des FasL-Signalmoleküls und Aktivierung der Apoptose in das Zellinnere transportiert
werden. Dort werden sie quasi recycled und wieder funktionstüchtig an die Zelloberfläche zurück
transportiert. Während dieses Vorgangs wird die Signalübetragung unterbrochen. Wenn aber Raf-1 fehlt,
dann werden die Rezeptoren nicht in das Zellinnere aufgenommen. Sie bleiben im aktivierten Zustand auf der Zelloberfläche
und bewirken ein kontinuierliches Initiieren der Apoptose."
Wenn Raf-1 fehlt ist aber auch die Effizienz mit der die einzelnen Rezeptoren, das Selbstmordprogramm initiieren
geringer, als wenn Raf-1 in normalen Mengen vorhanden ist. Dieser doppelte Effekt mehr Rezeptoren, die aber
weniger effektiv sind veranlasst Dr. Baccarini ein Modell der Wirkung von Raf-1 zu postulieren. In diesem
Modell wirkt Raf-1 auf ein weiteres Protein, Rok-alpha, ein, was in der Folge die Verbindung der Rezeptoren mit
Bestandteilen des Zellgerüsts beeinflusst. Diese Verbindung der Rezeptoren ist aber zum einen für das
Recycling und zum anderen für deren vollständige Funktionstüchtigkeit notwendig. Wird diese Verbindung
nun gestört sammeln sich zwar viele aber dafür weniger funktionstüchtige Rezeptoren auf der Zelloberfläche
an.
Bei Erkrankungen der Leber kann das über die Fas-Rezeptoren aktivierte Schutzprogramm nun ganz verschiedene
Rollen haben. So zerstört es z. B. bei Infektionen oder Abstoßreaktionen aus Selbstschutz
weitere Leberzellen, die durch moderne Medikamente eigentlich gerettet werden könnten. In dieser Situation
ist es wichtig dieses Programm zu stoppen. Ganz anders bei Lebertumoren. Diese bewirken eine Schwächung des
Fas-abhängigen Selbstschutzes und können so stetig wachsen. Hier wäre eine Stärkung des Schutzprogramms
wünschenswert, so dass die Tumorzellen abgetötet werden. Die Erkenntnisse aus dem Projekt deuten nun
auf eine zentrale Rolle von Raf-1 bei der Regulation des Selbstschutzes hin und bieten damit einen Ansatz für
zukünftige Therapien bei diesen verschiedensten Lebererkrankungen.
Originalpublikation: Raf-1 sets the threshold of Fas sensitivity by modulating Rok-alpha signaling. Piazzolla
et. al. J Cell Biol, Vol. 171 (6), pp |