Innsbruck (universität) - WissenschafterInnen des Instituts für
Mikrobiologie der LFU Innsbruck und des Instituts für Zoologie der Johannes Gutenberg Universität Mainz
entdeckten in den Wurzeln der Weinrebe einen bisher unbekannten Parasiten, der zur Gruppe der parasitischen Schleimpilze
gehört. Der Parasit Sorosphaera viticola verursacht ein Absterben von Wurzelgewebe und öffnet somit die
„Tür“ für andere Schädlinge. Weiter mögliche Schäden werden derzeit noch untersucht.
Der neue Parasit wurde im Rahmen eines interdisziplinären Projekts entdeckt, bei dem der Einfluss verschiedener
pflanzenschädigender Bodenpilze auf Absterbeerscheinungen von Weinreben untersucht wurde.
Bei der Untersuchung der Weinwurzeln stießen die WissenschafterInnen auf massenhaft auftretende, an Fußbälle
erinnernde Gebilde, die sich als Dauersporen eines bis dahin unbekannten Parasiten der Weinrebe herausstellten.
Mit Hilfe dieser Dauersporen kann Sorosphaera viticola lange Zeit im Boden überdauern. Diese Tatsache ist
deshalb von Bedeutung, da der Parasit nur in Anwesenheit der Wirtspflanze leben kann. Bekannt ist, dass Dauersporen
anderer Organismen der Gruppe der Plasmodiophoriden (parasitische Schleimpilze), zu denen der neuentdeckte Parasit
zählt, Überdauerungszeiten im Boden von bis zu 30 Jahren aufweisen.
Verwandte von Sorosphaera viticola sind überdies bekannte und gefürchtete Erreger verschiedener Pflanzenkrankheiten:
der Pulverschorf der Kartoffel, die Kohlhernie (Klumpfüßigkeit des Kohls) sowie die Wurzelbärtigkeit
der Zuckerrübe (Rhizomanie). Andere Verwandte des neuen Parasiten übertragen mehr als 20 verschiedene
Getreideviren.
Konkrete Schadenssymptome werden untersucht
Erste Untersuchungen der von Sorosphaera viticola hervorgerufenen Schadsymptome ergaben bisher lediglich, dass
kleine Bereiche von abgestorbenem Wurzelgewebe mit einem Befall des Parasiten zusammenhängen. Dieser Umstand
alleine hat zwar keinen negativen Einfluss auf das Wachstum der Rebe, bietet aber anderen Parasiten des Weinstocks
offene Türen. Darüber hinaus muss auch noch überprüft werden, ob Sorosphaera viticola Viren
überträgt, da die Überträger vieler Viren der Weinrebe noch unbekannt sind. Im Moment wird
daran gearbeitet, mehr über die Häufigkeit, weitere Schadsymptome und eine mögliche Virenübertragung
von Sorosphaera viticola zu erfahren.
Stellt sich nur die Frage: Wie konnte ein Parasit wie Sorosphaera viticola in einer der ältesten Kulturpflanzen
der Welt bis heute unentdeckt bleiben? Die Antwort hängt mit Untersuchungspräferenzen in der Forschung
zusammen: Im Weingarten werden primär oberirdische Schad- und Krankheitssymptome der Reben untersucht. Untersuchungen
im Boden wurden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend über die Reblaus durchgeführt, da dieser
Schädling das dominierende Problem im Weinbau seit ihrer Einschleppung aus Amerika 1860 war. Die von den Innsbrucker
und Mainzer WissenschafterInnen durchgeführte Arbeit war eine der ersten, die sich nicht nur mit der Reblaus,
sondern auch mit den Pilzen im Boden und den Wurzeln der Weinrebe beschäftigte. |