Eierstock-Krebs: 65 % der Zellen setzen Abwehr schachmatt  

erstellt am
16. 12. 05

Wien (pr & d) - Tumorzellen des Eierstock-Krebs nutzen zwei unabhängige Mechanismen, um den Abwehrreaktionen des Körpers zu entgehen - und entziehen sich damit auch einer neu entdeckten Bekämpfung durch das umliegende Gewebe. Details dieser bei 65 % der untersuchten Krebszellen beobachteten Strategien wurden im Clinical Cancer Research publiziert. Die Gruppe um Prof. Michael Krainer an der Medizinischen Universität Wien schafft mit dieser vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Arbeit auch eine wichtige Grundlage zur Optimierung einer neuen Krebs-Therapie.

Eine Krebszelle macht noch keinen Tumor. Damit es so weit kommt muss die Krebszelle sich vielfach teilen - und dazu auch Mechanismen entwickeln, die es den Tochterzellen ermöglicht der körpereigenen Abwehr zu entgehen. Zwei Mechanismen, die bisher unbekannt waren, hat jetzt Prof. Michael Krainer, Klinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien bei der Untersuchung von Zellen des Eierstock-Krebs entdeckt.

TRAIL & Error
Beide Mechanismen bewirken, dass ein als TRAIL bezeichnetes Signalmolekül des Körpers in den entarteten Zellen wirkungslos bleibt. Dieses Signalmolekül bewirkt eigentlich das Absterben in ihrer Funktion beeinträchtigter Zellen. Tatsächlich ist TRAIL Teil eines ausgeklügelten Schutzprogrammes des Körpers, das schädliche Zellen in den als Apoptosis bezeichneten Selbstmord treibt.

Prof. Krainer und sein Team konnten nun feststellen, dass über 20% der Tumorzellen das TRAIL-Molekül erst gar nicht binden können. Denn dazu fehlen ihnen die notwendigen Rezeptoren DR4 und DR5. So kann TRAIL bei diesen Krebszellen die zur Apoptosis notwendigen Mechanismen nicht aktivieren. Bereits im Herbst 2005 konnte das Team zeigen, dass Modifikationen des für DR4 kodierenden Genes zu einer geringeren Herstellung dieses Rezeptors in Tumorzellen führen und damit einen Hintergrund der molekularen Mechanismen der TRAIL Resistenz bei Ovarialkarzinomen klären. Dieser Mechanismus und seine klinische Bedeutung wurden mit der nun vorliegenden Arbeit eindrucksvoll bestätigt.

Zusätzlich konnte das Team zeigen, dass weitere 40% der Krebszellen ein Protein herstellen, das die Aktivierung des Selbstmord-Programms selbst dann verhindert, wenn TRAIL bindet. Dieses als FLIP bezeichnete Protein unterbindet die von TRAIL im Zellinneren aktivierten Prozesse. Tatsächlich hat FLIP eine ähnliche Struktur wie ein Enzym, das durch TRAIL eigentlich aktiviert werden soll. Eben diese Ähnlichkeit bewirkt, dass TRAIL seine Wirkung auf FLIP ausübt und nicht auf das tatsächlich aktive Enzym.

Zur Häufigkeit dieser Schutzmechanismen meint Dr. Peter Horak, Co-Autor der jetzt veröffentlichten Studie: "Wir haben sogar festgestellt, dass 6 % der untersuchten Krebszellen beide Mechanismen gemeinsam besaßen. Insgesamt haben über 65 % der 68 untersuchten Krebszellen zumindest einen Mechanismus, der es ihnen erlaubt den von TRAIL mediierten körpereigenen Gegenangriffen zu entkommen." Tumor-Therapie mit TRAIL Weiterhin fand das Team, dass gerade in Gewebeproben von Patientinnen in fortgeschrittenem Stadium erhöhte Konzentrationen an TRAIL auftraten. Interessanterweise insbesondere im gesunden Gewebe nahe des Tumors. Dazu Prof. Krainer: "Nach bisherigem Erkenntnisstand wird TRAIL vor allem von den Krebs-Zellen selber hergestellt. Gesundes Gewebe der Eierstöcke stellt normalerweise kein TRAIL her. Die von uns nun erstmals beobachtete Präsenz von TRAIL in diesem Gewebe ist als Reaktion auf die Tumorentstehung zu sehen. Der Körper kämpft zurück. Tatsächlich zeigen unsere Daten, dass jene Patientinnen die TRAIL auch in diesem Gewebe produzieren eine höhere Lebenserwartung hatten." Gerade diese letzte Erkenntnis deutet an, dass TRAIL zukünftig auch therapeutisch eingesetzt werden könnte.

Tatsächlich werden derzeit zwei innovative Therapieansätze entwickelt, die beide auf der gesteuerten Aktivierung der TRAIL-bindenden Rezeptoren beruhen. Die jetzt in Clinical Cancer Research publizierten Daten des Teams um Prof. Krainer liefern für beide Ansätze wichtige Informationen zu deren möglicher Wirksamkeit. Denn diese wird sowohl von der körpereigenen Herstellung dieses Signalmoleküls als auch von den nun entdeckten Schutzmechanismen beeinflusst werden.
     
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