Wien (sora) - Die Wiener Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren haben von ihrem Wahlrecht gleich häufig
wie alle anderen Wahlberechtigten Gebrauch gemacht. 59% der Jugendlichen haben am 23. Oktober 2005 ihre Stimme
abgegeben. Jugendliche Frauen beteiligten sich mit 61% im Vergleich zu den gleichaltrigen Männern (57%) etwas
stärker an der Landtagswahl. "Die hohe Wahlbeteiligung zeigt, dass die Wiener Jugendlichen die Demokratie
ernst nehmen", so Günther Ogris, wissenschaftlicher Leiter von SORA, bei der Präsentation der Studie.
Aktiv eingebracht
Viele der jugendlichen Wahlberechtigten in Wien haben sich aktiv ins Geschehen rund um die Wahl eingebracht – und
nicht nur passiv den Wahlkampf über sich ergehen lassen. 41% der Wiener Jugendlichen haben selbst jemanden
aufgefordert, an der Wahl teilzunehmen, und so selbst eine informelle Opinion-Leader-Rolle übernommen. Bei
den AHS-SchülerInnen war sogar jede/r Zweite (49%) aktiv, um andere zur Wahlteilnahme zu aktivieren.
Rot-Grün dominiert bei Jugendlichen
Die SPÖ ist bei den 16- bis 18-Jährigen ähnlich stark wie bei der Gesamtwählerschaft in Wien
und auch bei den jüngsten WählerInnen eindeutig die stärkste Partei. Die Grünen bekamen bei
den Jugendlichen ein Viertel aller Stimmen, sie schnitten signifikant besser ab als im Rest der Wiener Wahlbevölkerung.
ÖVP und FPÖ liegen in dieser Altersschicht etwas hinter ihrem Gesamtergebnis. Fast drei Viertel (72%)
aller Jugendlichen haben entweder rot oder grün gewählt.
Starke Unterschiede im Wahlverhalten gibt es zwischen SchülerInnen und Lehrlingen bzw. BerufsschülerInnen.
Zwar ist die SPÖ bei allen Gruppen stark, bei den Lehrlingen und BMS-SchülerInnen ist ihr Anteil mit
57% aber besonders hoch. Die Grünen konnten vor allem bei AHS-SchülerInnen punkten. Jugendliche in einer
Lehrausbildung haben zu 22% FPÖ gewählt.
Soziale Schichtzugehörigkeit ist auch bei den Wiener Jugendlichen ein wesentlicher Einflussfaktor für
das Wahlverhalten. Besonders deutlich zeigt sich dies, wenn man die Jugendlichen nach dem Bildungsabschluss der
Mütter unterteilt. Je niedriger die höchste abgeschlossene Bildung der Mutter desto eher sind die Jugendlichen
SPÖ-affin. Ist die Mutter eine Akademikerin, dann sind die Grünen die stärkste Partei und auch die
ÖVP liegt noch vor der SPÖ.
Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man soziale Schichtzugehörigkeit über den subjektiv wahrgenommenen
Lebensstandard definiert. Jugendliche, die ihren Lebensstandard niedrig bis durchschnittlich einschätzen,
sind stark SPÖ-affin. Je höher der eigene Lebensstandard eingestuft wird desto größer wird
die Affinität zur ÖVP und zu den Grünen.
Zur Studie
Die Studie zum Wahlverhalten der Wiener Jugendlichen bei der Gemeinderatswahl 2005 wurde von SORA, dem Österreichischen
Institut für Jugendforschung und dem Wissenschaftszentrum Wien gemeinsam durchgeführt. Sie ist eine post-election
study und umfasst zwei quantitative und einen qualitativen Teil.
In einer telefonischen Befragung wurden 700 wahlberechtigte Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren interviewt
(repräsentative Zufallsauswahl). Der Fragebogen dazu baut auf einen international vergleichbaren Modell-Fragenkatalog
auf, der im Rahmen des EU-Forschungsprojektes EUYOUPART entwickelt wurde.
Die Frage nach der Wahlbeteiligung in der Umfrage birgt das Problem sozial erwünschter Antworten. Daher hat
SORA zur Erhebung der tatsächlichen Wahlbeteiligung eine Stichprobe aus Wiener Wahlsprengeln ausgewertet.
In einem dritten, qualitativen Teil führte Dr. Ulrike Kozeluh (Wissenschaftszentrum Wien) elf qualitative
Face-to-face Interviews mit Jugendlichen durch. |