Fernsehen ohne Grenzen  

erstellt am
14. 12. 05

EU-Kommission schlägt modernere Regel für Fernsehen und fernsehähnliche Dienste im Digitalzeitalter vor
Brüssel (eu-int) - Angesichts der rasanten Entwicklung der Technik und der Märkte im audiovisuellen Bereich in Europa hat die Kommission am Dienstag (13. 12.) einen Vorschlag zur Neufassung der aus dem Jahr 1989 stammenden Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vorgelegt. Ganz im Einklang mit dem Grundsatz der „besseren Rechtssetzung“ will sie damit weniger Regulierung für europäische Fernsehveranstalter und Anbieter fernsehähnlicher Dienste und mehr Flexibilität für die Finanzierung audiovisueller Inhalte durch neue Formen der Werbung erreichen. Der Vorschlag schafft außerdem gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen, die fernsehähnliche Dienste anbieten, unabhängig von der genutzten Technik (z. B. Rundfunk, schnelles Breitband-Internet, Mobilfunk der 3. Generation). Die Kommission schlägt vor, die zahlreichen einzelstaatlichen Vorschriften für den Jugendschutz, gegen die Aufstachelung zum Rassenhass und gegen Schleichwerbung endlich durch EU-weit einheitliche, grundlegende Mindestnormen für audiovisuelle Abrufdienste zu ersetzen. Diese neue Politik soll das Entstehen eines nahtlos funktionierenden Binnenmarktes für Fernsehdienste und fernsehähnliche Dienste beschleunigen und eine starke und kreative europäische Inhaltsproduktion fördern.

„Mein Ziel ist es, die weltweit modernsten und flexibelsten Rahmenbedingungen zu schaffen, um so das Wachstum der audiovisuellen Medien in Europa beizutragen zu fördern“, erklärt Viviane Reding, die für die Informationsgesellschaft und Medien zuständige EU-Kommissarin. „Die neuen Regeln eröffnen neue multimediale Chancen, verbessern den Wettbewerb und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und erleichtern die Verwirklichung der Ziele, die im Interesse der Allgemeinheit liegen, z. B. im Hinblick auf den Jugendschutz und die kulturelle Vielfalt. Bestehende Vorschriften, die durch die Technologie- und Marktentwicklung überflüssig geworden sind, werden aufgehoben. Dies ist ein entscheidender Schritt zur Schaffung audiovisueller Medien ohne Grenzen innerhalb des europäischen Binnenmarkts.“

Nach dem heute vorgelegten Kommissionsvorschlag soll die modernisierte Fernsehrichtlinie sowohl für das Fernsehen als auch für fernsehähnliche Dienste gelten. Um die derzeitigen EU-Vorschriften für künftige technologische Entwicklungen zu öffnen, wird in dem Vorschlag zwischen „linearen“ Diensten (z. B. Sendungen über das traditionelle Fernsehen, das Internet oder den Mobilfunk, die den Zuschauer nach Programmplan laufend mit Inhalten versorgen) und „nicht-linearen Diensten“, d. h. dem Abruf von Filmen oder Nachrichten, die sich der Zuschauer selbst aus dem Netz holt.

Für lineare Dienste würden die heutigen Fernsehvorschriften – in moderner, flexiblerer Form – weiter gelten. Für nicht-lineare Dienste sollen dagegen nur minimale Grundvorschriften festgelegt werden, z. B. für den Jugendschutz und gegen die Aufstachelung zum Rassenhass und zur Verhinderung von Schleichwerbung. Dank EU-weit einheitlicher Regeln werden die Anbieter audiovisueller Mediendienste künftig nur noch den Vorschriften des Mitgliedstaats unterliegen, in dem sie niedergelassen sind, und nicht mehr den vielfältigen Vorschriften all der Mitgliedstaaten, in denen ihre Dienste empfangen werden können.

Flexiblere Vorschriften für die Werbung
Für die Fernsehwerbung empfiehlt die Kommission Bürokratieabbau, flexiblere Vorschriften für neue Formen der Werbung und eine verstärkte Selbst- und Mitregulierung. Anstelle der überaus detaillierten Vorschriften darüber, wie oft und unter welchen Voraussetzungen ein Programm durch Werbung unterbrochen werden darf, soll die neu gefasste Richtlinie die Regeln vereinfachen. Künftig könnten die Fernsehveranstalter dann selbst entscheiden, wann sie Werbung in ihr laufendes Programm einfügen wollen, anstatt wie jetzt zwischen den Werbeunterbrechungen mindestens 20 Minuten zu warten. Die Gesamtdauer der Werbung darf dadurch allerdings nicht zunehmen, da die Kommission vorschlägt, die bestehende Begrenzung von 12 Minuten pro Stunde beizubehalten.

Die neue Richtlinie würde auch neue Formen der Werbung wie geteilte Bildschirme, virtuelle und interaktive Werbung zulassen. Erstmalig soll eine explizite Begriffsbestimmung und ein klarer rechtlicher Rahmen für die Produktplatzierung geschaffen werden. Außer in den Nachrichten, in Sendungen zum aktuellen Zeitgeschehen und in Kinderprogrammen würde die deutlich gekennzeichnete Produktplatzierung dadurch europaweit sowohl in linearen wie auch nicht-linearen audiovisuellen Diensten erlaubt werden. Um Schleichwerbung zu verhindern, müssten die Verbraucher zu Beginn einer Sendung auf die Produktplatzierung hingewiesen werden. Dank dieser neuen Regeln wird nicht nur Rechtssicherheit geschaffen, es werden auch zusätzliche Finanzierungsquellen für europäische Produktionen erschlossen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der audiovisuellen Inhalte und Medien in Europa gestärkt wird.

Im Einklang mit den Bemühungen der Kommission um eine bessere Rechtsetzung bleiben der private Schriftverkehr, elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften, Websites, die nicht hauptsächlich der Verbreitung audiovisueller Medieninhalte dienen, sowie reine Tonübertragungen und das Radio von der vorgeschlagenen Modernisierung der Fernsehrichtlinie unberührt. Damit trägt die Kommission den Stellungnahmen Rechnung, die im Rahmen der im Juli 2005 begonnenen intensiven, EU-weiten Konsultation (siehe IP/05/908) eingegangenen waren. Daran hatten sich Vertreter des audiovisuellen Sektors, Telekommunikationsunternehmen, Internet-Diensteanbieter, Verbraucherverbände und andere Interessengruppen aktiv beteiligt.

Die Modernisierung der EU-Vorschriften über audiovisuelle Medieninhalte ist Teil der i2010-Initiative zur Schaffung einer europäischen Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung
     
zurück