Freibauer: Landesparlamente als Partner und nicht Untergebene
St. Pölten (nlk) - Im Sitzungssaal des NÖ Landtages in St. Pölten fand am Montag (12. 12.)
ein Festakt zum 60. Jahrestag der ersten Sitzung des Landtages von Niederösterreich statt: Am 12. Dezember
1945 war der am 25. November neu gewählte NÖ Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten.
An der Spitze der großen Zahl an Festgästen standen Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll mit nahezu
der gesamten Landesregierung, die aktiven Abgeordneten sowie Abgeordnete und Regierungsmitglieder außer Dienst.
Auszüge aus den stenografischen Protokollen vermittelten Einblicke in die Sitzungen des NÖ Landtages
von 1945 bis heute.
Landtagspräsident Mag. Edmund Freibauer widmete diesen Festakt in Erinnerung an die Wiedererstehung des demokratisch
gewählten niederösterreichischen Parlaments nach der „langen Nacht des totalitären Regimes“ sowie
an den Weg des Landes vom zerstörten Kriegsschauplatz „zu einer der blühendsten Regionen am Beginn des
3. Jahrtausends“ jenen Frauen und Männern des NÖ Landtages, die nicht mehr leben.
Trotz des Gedenkjahres beginne sich der „Nebel der Vergangenheit“ über diese Zeit zu legen, so Freibauer,
der hervorhob, dass sich damals alle Abgeordneten eines gemeinsamen Zieles bewusst gewesen seien: in einer nahezu
aussichtslosen Situation durch entschlossenes praxisnahes Handeln und den Willen zur Zusammenarbeit das Bestmögliche
für Land und Bevölkerung zu leisten.
Bestrebungen, den Schutz der Abgeordneten vor willkürlicher Verfolgung aufzuheben, erteilte der Landtagspräsident
in Erinnerung an die beiden im Sommer 1946 von der sowjetischen Besatzungsmacht festgenommenen und nach Sibirien
verschleppten niederösterreichischen Abgeordneten Franz Gruber und Ferdinand Riefler eine ebenso klare Absage
wie Tendenzen zur Abschaffung der Landesparlamente: „Wer die Landesparlamente in Frage stellt, stellt die Bundesländer
selbst in Frage.“
Der NÖ Landtag habe in den sechzig Jahren Großartiges geleistet und sei in vielem für andere Bundesländer
und die Republik Vorbild gewesen. Entscheidend sei auch das Selbstwertgefühl, hier wichtige Arbeit zu leisten,
warnte Freibauer vor dem „alltäglichen Schlendrian“ und forderte, bei jeder Sitzung „miteinander statt aneinander
vorbei oder bloß in die Kamera zu reden“.
Das Landesparlament sei ein Ort des Bedenkens und Entscheidens, nicht des Verhandelns. Der Landtag müsse daher
nicht nachvollziehen, was der Landeshauptmann oder die Landesregierung schon verkündet hätten, sprach
der Landtagspräsident in Folge das NÖ Sendemastenabgabegesetz an: „Die Verantwortung für Gesetze
und deren budgetäre Vorsorge tragen allein die Abgeordneten des Landtages.“
Von den Bundeseinrichtungen forderte Freibauer, die Landesparlamente als Partner und nicht als Untergebene oder
„mündige Minderjährige“ anzusehen. So habe der Nationalrat zuletzt die Wahl der Bundesräte durch
die Landtage in einem Punkt verändert, ohne Kontakt mit den Landtagen aufgenommen zu haben. Den Landesparlamenten
sei der ihnen nach der Verfassung zustehende Respekt entgegenzubringen: „Bestand und Geschichte der Länder
sind älter als die der Republik“.
Um die Arbeit des Landtages attraktiver zu machen, sei etwa das NÖ Persönlichkeitswahlrecht ein Schritt
in die richtige Richtung. Eine möglichst große Zustimmung am Wahltag sei das beste Argument für
den Landtag, kündigte der Landtagspräsident schlussendlich an, zuversichtlich an die neuen Aufgaben heranzugehen:
„Gutes erhalten und Neues gestalten ist der Auftrag für Niederösterreich.“ |