Direktor Christl präsentiert den Finanzmarktstabilitätsbericht
Nr. 10 der OeNB
Wien (oenb) - „Der Beitrag des Zentral- und Osteuropageschäfts zur Rentabilität der österreichischen
Banken ist 2005 so hoch wie nie zuvor. Während sich auch das Inlandsgeschäft leicht erholt hat, profitierten
die österreichischen Banken vor allem von einem starken Kreditwachstum und anhaltend hohen Gewinnmargen in
Zentral- und Osteuropa“, stellte Direktor Christl anlässlich der Präsentation des Finanzmarktstabilitätsberichts
der OeNB fest. Auch die weiterhin günstige Gewinnsituation der Unternehmen in Österreich sowie ein gestiegenes
Nettovermögen der privaten Haushalte trugen zu einer positiven Entwicklung der Finanzmarktstabilität
bei.
Finanzposition von Unternehmen und Haushalten profitiert von günstigem Umfeld
Im inländischen Unternehmenssektor haben eine anhaltend gute Gewinnsituation und günstige Finanzierungsbedingungen
die Finanzposition gestärkt. Nahezu 40% der Neufinanzierung von Unternehmen erfolgte im ersten Halbjahr 2005
über Kapitalmarktinstrumente. Das Kreditwachstum entwickelte sich hingegen mit einer Steigerungsrate von 2,1%
deutlich schwächer.
Die privaten Haushalte bauten im Verlauf des ersten Halbjahres 2005 ihr Geldvermögen um 11,5 Mrd Euro deutlich
stärker als im Vorjahr aus. Auch bei den privaten Haushalten gewannen Kapitalmarktinstrumente an Popularität:
Mit 4,1 Mrd Euro war die Veranlagung in Aktien, Investmentfonds und Anleihen bedeutender als jene in Bargeld und
Bankeinlagen (3,4 Mrd Euro). Auch Versicherungsprodukte wuchsen – getrieben durch die private Pensionsvorsorge
– überdurchschnittlich.
Die Verschuldung der privaten Haushalte nahm im 1. Halbjahr 2005 mit +3,9 Mrd Euro weiter zu, blieb im europäischen
Vergleich mit rund 50% des BIP aber noch immer verhältnismäßig gering. In ihrem Verschuldungsverhalten
setzten sich die Haushalte jedoch zunehmend Marktrisiken aus. Zum einen steigert der anhaltend hohe Anteil von
Fremdwährungskrediten ihre Verwundbarkeit gegenüber Währungsschwankungen. Zum anderen übernehmen
sie vermehrt das Risiko von Zinsschwankungen, da mehr als drei Viertel aller Haushaltskredite bereits variabel
verzinst sind.
Starke Rentabilitätsverbesserung bei den österreichischen Banken
In den ersten drei Quartalen 2005 konnten die österreichischen Banken ihre Rentabilität weiter verbessern.
Im Inlandsgeschäft schlug sich die zunehmende Bedeutung von Kapitalmarktinstrumenten bei Unternehmen und privaten
Haushalten im Provisionsergebnis nieder, während das Zinsgeschäft durch hohen Wettbewerb weiter unter
Druck blieb. Der unkonsolidierte Return on Assets (ROA) wird voraussichtlich deutlich von 0,45% im Jahr 2004 auf
0,54% im Jahr 2005 ansteigen. Die Aufwand/Ertrag-Relation erreichte in den ersten drei Quartalen 2005 mit 63,4%
einen historischen Bestwert.
Den wichtigsten Beitrag zur Steigerung der Profitabilität lieferte wiederum das Geschäft in Zentral-
und Osteuropa: Mit einem Betriebsergebnis von 1,2 Mrd Euro trugen die zentral- und osteuropäischen Tochterbanken
den bislang höchsten Ergebnisanteil zu ihren österreichischen Mütterkonzernen bei: 42% des Betriebsergebnisses
der elf in Zentral- und Osteuropa tätigen österreichischen Bankkonzerne stammen aus diesem Raum. Die
hohe Rentabilität dieser Bankenmärkte bringt nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Erschließung
neuer Länder naturgemäß zusätzliche Risiken mit sich. „Die österreichischen Banken dürfen
sich daher nicht nur auf die Rentabilität ihrer zentral- und osteuropäischen Töchter verlassen,
sondern müssen auch ihre Anstrengungen auf dem Inlandsmarkt weiter intensivieren. Denn trotz einer Verbesserung
bleibt die Ertragslage am Inlandsmarkt deutlich unter dem europäischen Schnitt“, ergänzte Direktor Christl.
Angesichts gestiegener Gewinne, einer konstant hohen Eigenmittelausstattung und der niedrigen Belastung durch Risikokosten
hat sich die Stabilität des österreichischen Bankensektors insgesamt weiter erhöht. Stresstests
auf Basis freiwillig gemeldeter Bankendaten lassen erkennen, dass die Risikoposition der österreichischen
Banken gegenüber Hedge Fonds beherrschbar ist. Auch die Versicherungen sehen sich einer günstigen Geschäftsentwicklung
gegenüber, welche ebenfalls von den zentral- und osteuropäischen Ländern positiv beeinflusst wird.
Pensionskassen und Investmentfonds konnten ihren Mittelbestand ausweiten und profitierten von einem guten Börsenumfeld.
Mögliche Risikofaktoren für die zukünftige Stabilitätsentwicklung sind neben einer plötzlichen
Reaktion von Wechselkursen und Zinsen auf die anhaltenden Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft und einem weiter
steigenden Erdölpreis, nicht zuletzt auch die hohe Abhängigkeit der Erträge der österreichischen
Banken von ihrem Osteuropageschäft. Zudem hat sich die Exponierung der privaten Haushalte gegenüber Aktienkursrückgängen,
Zinsanstiegen und – in Hinblick auf Fremdwährungskredite – Aufwertungen des Schweizer Franken weiter erhöht. |