Wachsschichten überlisten Insekten – Kannenpflanze: zwei Wachsschichten als Antihaftsystem
Stuttgart (pte) - Die Natur steht technischen Materialien in nichts nach. Dies wiesen Stuttgarter
Wissenschaftler am Beispiel der fleischfressenden Kannenpflanze Nepenthes alata nach. Sie nutzt ein raffiniertes
Materialdesign, um Insekten zu fangen. "Dabei ist diese Pflanzenart schon uralt, es gibt sie mindestens seit
dem Tertiär", erklärt Dr. Klaus Haas von der Universität Hohenheim im Gespräch mit pressetext.
Normalerweise können sich Fliegen mittels Haftsekret und kleinen Härchen an fast jeder Oberfläche
festhalten. Bezogen auf menschliche Verhältnisse würde die Kraft, mit der sich die Fliege festhält,
es einem durchschnittlichen Mann ermöglichen, das fünffache seines Körpergewichts kopfüber
an der Decke zu halten. Das Design der Kannenpflanze überlistet die Insekten jedoch. Ihr Antihaftsystem soll
in Zukunft auch für die Entwicklung von Antihaftfolien genutzt werden. Daran arbeitet zur Zeit das Max-Planck-Institut
für Metallforschung http://www.mf.mpg.de.
Zunächst lockt die Pflanze durch Aussehen und Geruch die Insekten an. Einige ihrer Blätter enden in Kannen,
die ähnlich einer Grubenfalle arbeiten. Landet dann ein Insekt auf dem Kragenrand der Kanne, gerät es
bereits ins Rutschen, denn dieser Rand ähnelt in Oberfläche und Struktur kleinen Dachziegeln. Einmal
im straucheln, kommt das Insekt in die Wachszone der Kanne. Diese besteht aus zwei übereinander liegenden
Schichten, die wiederum die Haftkraft des Insekts reduzieren. Während die obere Schicht die Insektenfüße
verschmutzt und damit weniger haftfähig macht, reduziert die untere Schicht die Fläche, über die
die Füße mit der Kannenwand Kontakt haben. Dadurch fällt das Insekt schließlich auf den Grund
der Kanne, der mit einer aus Verdauungsenzymen bestehenden Flüssigkeit gefüllt ist.
Bleibt nur noch die Frage, warum die Insekten nicht einfach aus der Falle herausfliegen. "Zum einen brauchen
die Insekten einen sicheren Platz zum starten, zum anderen sind sie wohl auch einfach zu blöd", meint
Haas. Die Kannenpflanze, die ursprünglich aus Sumatra stammt, kann man sich auch einfach zu Hause halten.
Sie ist im Blumenhandel und im Internet erhältlich. Füttern braucht man sie aber nicht. "Durch die
Insekten gewinnt die Pflanze Nährstoffe, die im Boden fehlen," so Haas im pressetext-Gespräch. "Wird
sie in normaler Blumenerde gehalten, braucht sie keine zusätzliche Fleischnahrung." |