Zählen Kinder weniger?  

erstellt am
10. 01. 06

In Schulbussen werden viele Kinder durch die 3:2-Regelung ungesichert befördert. KFG-Novelle bringt nur eingeschränkt mehr Sicherheit.
Wien (kfv) - Drei Kinder zwischen sechs und 14 Jahren zählen genau so viel wie zwei Erwachsene, Kinder unter sechs Jahren zählen gar nicht - und zwar dann, wenn sie mit dem Bus unterwegs sind. "Die 3:2-Zählregel ist nicht nur unverständlich, sie stellt auch ein wesentlich größeres Verletzungsrisiko für Kinder dar", erläutert Dr. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV). "Wenn Kinder zu dritt auf zwei Plätzen sitzen, sind sie natürlich nicht gesichert - und das kann nicht nur im Falle eines Unfalls, sondern auch bei einer Notbremsung oder in Kurven gefährlich werden!"

Neue Regelung seit 1.1.2006 - Grund zur Freude?
Zwischen 1991 und Oktober 2005 verunglückten 427 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre bei Schulbusunfällen in Bussen, rund 85 Prozent von ihnen waren zwischen sechs und 14 Jahre alt. Lange Zeit schon appellierte das KfV für die einheitliche Umsetzung der 1:1-Regelung: Für jedes Kind einen eigenen Sitzplatz im Bus. Mit 1. Jänner 2006 ist eine Novellierung zum Kraftfahrgesetz in Kraft getreten, doch Grund zur Freude gibt es leider nur eingeschränkt. Denn die 1:1-Regelung ist nun zwar für den Bedarfs-Gelegenheitsverkehr, wie etwa Schulausflüge oder Schikurse, vorgeschrieben. Tägliche Fahrten von und zu Schule bzw. Kindergarten sind jedoch ausgenommen und fallen weiterhin unter die 3:2-Regelung - obwohl sie die überwiegende Anzahl an Fahrten darstellen.

Paradox: Kein Sitzplatz, aber Sicherungspflicht
Die momentane Gesetzeslage ist nicht nur unlogisch, sondern auch widersprüchlich. Denn seit dem Jahr 1999 müssen in allen neu zugelassenen Bussen Gurte vorhanden und die Gäste angeschnallt sein; ausgenommen davon sind Busse im Linienverkehr, in denen es auch Stehplätze gibt. Die Gurtanlegepflicht ist jedoch nicht umsetzbar, wenn nicht jedes Kind einen eigenen Sitzplatz hat. "55 Prozent aller schweren und tödlichen Verletzungen können nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durch einen Gurt gemildert oder verhindert werden", berichtet Thann. "Die Gurtanlegepflicht ist sinnvoll und wichtig, jetzt sollte man sie nur noch für jedermann möglich machen!"

Österreich als Ausnahme
Österreich ist eines der wenigen Länder, das eine 3:2-Regelung gesetzlich vorschreibt. In Deutschland, der Schweiz, Slowenien, Finnland, den Niederlanden oder Spanien zählen Kinder genauso viel wie Erwachsene und können somit auch richtig gesichert werden. "Österreich sollte sich an jenen Ländern orientieren, die in puncto Verkehrssicherheit in Bussen einen Schritt voraus sind", fordert Thann. "Denn es ist nicht einleuchtend, dass Kinder weniger zählen als Erwachsene."
     
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