Gemeinsames Vorgehen von Österreich und Deutschland bei Übergangsfristen  

erstellt am
18. 01. 06

Bilaterales Gespräch des österreichischen und des deutschen Wirtschaftsministers – Gastreferat beim Jahrestag der Deutschen Telekom
Berlin (bmwa) - Österreich und Deutschland wollen und werden in Sachen Verlängerung der dreijährigen Übergangsfristen für den Zugang von Dienstnehmern aus den neuen Mitgliedsländern zum heimischen Arbeitsmarkt abgestimmt vorgehen, betonten am Dienstag (17. 01.) der österreichische Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein und der deutsche Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering im Anschluss an einen bilateralen Termin in Berlin.

Es sei eine Tatsache, dass aus den neuen Mitgliedsländern entsprechender Druck komme, daher sei angesichts der Entwicklungen am Arbeitsmarkt in Österreich und Deutschland ein gemeinsames Vorgehen notwendig und sinnvoll. Im Hinblick auf den Bericht der Kommission habe er den heutigen Termin in Berlin dazu benützt, dieses Thema intensiv mit dem deutschen Wirtschaftsminister zu diskutieren, sagte Bartenstein. Deutschland und Österreich würden jedenfalls gemeinsam vorgehen und zeitgerecht vor dem 1. Mai die Kommission von der Inanspruchnahme der Übergangsfristen in Kenntnis setzen.

Bei dem Arbeitsgespräch wurden auch die Schwerpunkte der österreichischen Präsidentschaft ausführlich besprochen. Zum Beispiel gebe es bei der Arbeitszeitrichtlinie zwei heikle Punkte, in denen ein Konsens zu finden sei. Bei den Fragen des Opt Out und ob Höchstarbeitszeitgrenzen pro Arbeitnehmer oder pro Arbeitsvertrag zu gelten hätten, werde Österreich versuchen, einen für alle tragbaren Kompromiss zu finden.

Zum Leitthema für den informellen Beso-Rat in Villach „Flexicurity - Flexibilität durch Sicherheit“ betonte Bartenstein, wer von den Arbeitnehmern Weltklasse in Sachen Flexibilität verlange müsse auch Weltklasse an Sicherheit bieten. Vizekanzler Müntefering habe dazu gesagt, dass dies seinem Konzept "Sicherheit im Wandel" sehr nahe käme, in dem es darum gehe, Arbeitnehmern in Zeiten des schnellen Wandels Sicherheit zu geben. Bartenstein sprach sich dafür aus, zu diesem Thema ebenso wie zu den Beratungen über die Arbeitszeitrichtlinie und über die Dienstleistungsrichtlinie die europäischen Sozialpartner mit einzubeziehen.
Vertrauen in Projekt Europa muss gestärkt werden

In seinem an das Gespräch mit Müntefering anschließenden Gastreferat beim Neujahrsempfang der Deutschen Telekom in Berlin betonte Bartenstein, "die wichtigste Aufgabe der österreichischen EU-Präsidentschaft ist es, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Projekt Europa zu stärken". Europa müsse beweisen, dass es die Probleme lösen kann, die den Menschen am Herzen liegen. Ziel sei es daher, unter dem Motto „Europe 4 People – People 4 Europe“ Europa der Bevölkerung näher bringen. erklärte Bartenstein.
Ziele der Präsidentschaft

"Der EU-Vorsitz ist eine Dienstleistung an Europa und der Welt", fuhr Bartenstein fort. In den über zweitausend Sitzungen und Tagungen werde es darum gehen, Beschäftigung und Wachstum zu fördern und zu sichern, das spezifisch europäische Lebensmodell weiter zu entwickeln, gemeinsame Sicherheit in Europa zu gewährleisten und die EU verstärkt als "global player" und als verantwortungsvollen internationalen Partner zu positionieren.

Für mehr Beschäftigung und Wachstum zu sorgen, zählt für Bartenstein zu den vordringlichsten Aufgaben der europäischen Politik. Die dazu formulierte "Lissabon-Strategie" sei von Beginn an als die europäische Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung konzipiert gewesen, habe allerdings die ambitionierten Zielsetzungen vorerst wegen widersprüchlicher Prioritäten, schlechter Koordinierung und vor allem mangelnder Entschlossenheit im politischen Handeln nicht erreicht, betonte der Minister. Die Schwächen der europäischen Sozialsysteme habe jedenfalls nichts mit der Globalisierung zu tun.

Entwicklung der Arbeitsmärkte im Zeichen von "Flexicurity"
Mit steigenden Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich Anpassung an globale Marktentwicklungen steigen auch die Anforderungen an deren Arbeitnehmer, stellte Bartenstein fest. Beruflicher Erfolg werde in immer stärkerem Maß von der Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und zu Flexibilität und Mobilität abhängen. Europa brauche daher ein Arbeitsmarktmodell, das auf einem Gleichgewicht von Flexibilität und Sicherheit beruht. Flexibilität und Sicherheit seien nämlich keine Gegensätze, sondern verstärken sich gegenseitig, betonte der Minister. Denn funktionierende soziale Sicherungssysteme seien für die Mitarbeiter/innen die Grundlage der von den Unternehmen gewünschten Mobilität und Anpassungsfähigkeit, und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der auf diese Weise flexiblen europäischen Unternehmen sei wiederum die Basis für die nachhaltige Finanzierung eben dieser Systeme.

"Es geht darum, den Menschen zu vermitteln, dass die Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit keine Bedrohung - und auch kein notwendiges Übel - ist, sondern eine Investition in eine glänzende Zukunft Europas, in Wohlstand und Sicherheit für sie und die kommenden Generationen darstellt. Das ist keine leichte Aufgabe, aber wenn uns das gelingt, brauchen wir uns auch um das Thema Europaskepsis keine Sorgen mehr zu machen", schloss Bartenstein.
     
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