Bei weiteren WTO-Verhandlungen Parallelität in allen Bereichen erforderlich
Straßburg (bmlfuw) - Bundesminister Josef Pröll stellte am Mittwoch (25. 01.) im
Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments die Arbeitsschwerpunkte der österreichischen Ratspräsidentschaft
im Agrarbereich vor. Pröll nannte als Schwerpunkte insbesondere die Konkretisierung der nationalen Programme
für die Ländliche Entwicklung. Der Minister hielt einmal mehr fest, dass bei den weiteren WTO-Verhandlungen
"Parallelität in allen Bereichen" einzufordern sei. Als weitere Bereiche führte Pröll
die Erarbeitung der Rechtstexte zur Zuckermarktreform an. Beim ersten Agrarministerrat in diesem Jahr (er fand
Anfang dieser Woche statt) habe er auch den EU-Biomasse-Aktionsplan sowie das Thema Gentechnik auf die Tagesordnung
gesetzt, berichtete der Minister. Aus aktuellem Anlass sei auch die Vogelgrippe-Problematik erörtert worden.
Pröll bezeichnete das EU-Parlament als "wichtigen Mit-Gesetzgeber" und ersuchte die Abgeordneten
um Unterstützung bei den legislativen Vorhaben.
"Das übergeordnete Ziel meiner Arbeit besteht darin, das bereits Erreichte in der Gemeinsamen Agrarpolitik
zu konsolidieren und zu verteidigen. Mein Ziel ist es, Europas Bäuerinnen und Bauern Sicherheit und Planungsperspektive
zu geben. Nach den häufigen Reformen der letzten Zeit und den internationalen neuen Handelvereinbarungen ist
es angebracht, ein stabiles Signal der Verlässlichkeit zu setzen", stellte Pröll vor dem Agrarausschuss
fest. Kein Sektor habe in jüngster Zeit so viele Veränderungen ertragen müssen wie der Agrarbereich.
Die luxemburgischen Reformbeschlüsse samt der Ergänzung um den Zucker müssten deshalb bis 2013 halten.
Auch die WTO dürfe nicht zu weiteren Anpassungen der Marktordnungen führen.
Zweite Säule der GAP festigen
Ein hoher Stellenwert werde auch dem Beitrag des europäischen Landwirtschaftsmodells zur Lissabonner
Strategie beigemessen. Für die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für die ländliche
Bevölkerung sei es sehr wichtig die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, die Ländliche Entwicklung,
zu stärken und zu festigen, unterstrich der Minister. Das EU-Parlament werde um seine Stellungnahme zu den
Strategischen Leitlinien zur Ländlichen Entwicklung ersucht. Erst danach und nach dem formellen Beschluss
durch den Rat sei es den Mitgliedstaaten möglich, ihre nationalen Strategiepläne der Kommission vorzulegen.
Die Einigung der Staats- und Regierungschefs über die Finanzielle Vorausschau für den Zeitraum 2007 bis
2013 bezeichnete der Minister als "wichtiges Signal für Europa". Dadurch sei es möglich, eine
Planung für die nationalen Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes auszuarbeiten. Er, Pröll,
zähle bei den Verhandlungen über die Budgetfrage auf die Unterstützung des EU-Parlaments.
WTO: Ausgewogenes Ergebnis notwendig
Ein weiteres wichtiges Thema dieses Jahres sei das Follow up der WTO-Verhandlungen nach Hongkong, "wobei wir
auf ein ausgewogenes Ergebnis in der Landwirtschaft, aber auch zwischen den einzelnen WTO-Verhandlungsbereichen
achten müssen", erklärte der Ressortchef. Die EU habe mit ihrem Angebot, die Exporterstattungen
bis 2013 auslaufen zu lassen, maßgeblich dazu beigetragen, dass der WTO-Verhandlungsprozess weitergeht. In
den verbleibenden Phasen der Verhandlungen sei sicherzustellen, dass nicht-landwirtschaftliche Erzeugnisse in der
Frage des Marktzugangs in gleicher Weise wie der Agrarsektor behandelt werden. "Die Parallelität in allen
Bereichen ist einzufordern", hielt Pröll mit Nachdruck fest.
Zuckermarktreform: Finalisierung bei nächstem Agrarrat
Gleich zu Beginn dieses Jahres müssten die Rechtstexte zur Zuckermarktreform finalisiert werden, erläuterte
der Minister. Das Parlament habe erst vor einer Woche seine Stellungnahme dazu abgegeben, somit könne der
Rat nunmehr die Verhandlungen zum Abschluss bringen und die drei Gesetzgebungstexte der Reform voraussichtlich
am 20.02.2006 annehmen. Die Verhandlungen über diese Reform seien äußerst schwierig gewesen und
erforderten große Flexibilität für die Beteiligten des Sektors, hob Pröll hervor.
Lebensmittel: Verbraucheranliegen berücksichtigen
"Bei der Planung der Arbeiten des Agrarrates habe ich mich bemüht, sie so zu organisieren, dass
auch größtmögliche Fortschritte im Sinne der Lebensmittelsicherheit für die Verbraucher erzielt
werden", erläuterte der Minister. Dabei gehe es insbesondere um den ökologischen Landbau, den Herkunftsschutz
von Lebensmitteln sowie um offene Fragen im Zusammenhang mit der Gentechnik.
Die Kommission habe kürzlich zwei neue Vorschläge angenommen, die eine vollständige Neufassung der
derzeitigen Bestimmungen über den biologischen Landbau vorsehen. "Der Rat wird sich bemühen, dieses
Dossier voranzubringen, dabei zähle ich auch auf die Hilfe des Parlaments, damit wir vor dem Ende des österreichischen
Vorsitzes das hoch gesteckte Ziel einer politischen Einigung über die beiden Vorschläge erreichen",
sagte der Minister.
Weiters habe die Kommission zwei Vorschläge über geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen für
Agrarerzeugnisse und Lebensmittel verabschiedet. Mit diesen Vorschlägen sollten die derzeit geltenden Gemeinschaftsregeln
verbessert und mit den Anforderungen der WTO in Einklang gebracht werden. Auch hier werde sich der Rat um eine
rasche Einigung bemühen.
Sein besonderes Engagement gelte der Frage genetisch veränderter Organismen, stellte Pröll fest. Das
derzeitige Beschlussverfahren zur Genehmigung von GVO werde von den europäischen Verbrauchern in vielerlei
Hinsicht kritisiert. Vor allem werde damit das Problem der Koexistenz nicht wirklich gelöst. Anfang April
werde daher in Wien eine gemeinsam mit der Kommission vorbereitete Konferenz über die Koexistenz von konventionellen,
biologischen sowie von GVO-Kulturen abgehalten. Die Ergebnisse dieser Konferenz sollten als Grundlage für
eingehende Überlegungen des Rates im Mai dienen, dieser werde dann hoffentlich zu Empfehlungen im Hinblick
auf die Einführung gemeinsamer verbindlicher Regeln gelangen.
Schwerpunkt Biomasse
Ein besonderes Augenmerk gelte in diesem Halbjahr auch den nachwachsenden Rohstoffen. Auf der Grundlage des EU-Aktionsplans
zur Biomasse und der erwarteten Mitteilung der Kommission zur Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen
solle der Einsatz erneuerbarer Energiequellen im Rahmen der GAP erörtert werden. Der Erdgasstreit Ukraine-Russland
habe vor Augen geführt, "wie sehr wir von fossilen Energieformen abhängig sind". Wenn die EU
hier nicht handle, werde sie immer anfälliger für Versorgungsunterbrechungen oder Preissteigerungen auf
Grund internationaler Krisen werden.
Vogelgrippe: Alles tun, um Gefahren zu vermindern
Aus aktuellem Anlass ging Pröll auch auf die Vogelgrippe-Vorbeugemaßnahmen der EU ein. Dazu
habe der Rat vor einem Monat eine Richtlinie angenommen, mit der die derzeit in diesem Bereich geltenden Rechtsvorschriften
aktualisiert und verstärkt werden. "Seitens der Gemeinschaft wird alles getan, um die Gefahren der Vogelgrippe
zu vermindern", gab der Minister zu verstehen. Der gegenüber der Regelung von 1992 erzielte Fortschritt
bestehe insbesondere darin, dass neue Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle schwach pathogener Viren
getroffen wurden, um eine Mutation der Viren zu verhindern.
Im Zusammenhang mit dem Tierschutz verwies der Ressortchef auf einen Aktionsplan, den Gesundheitskommissar Markos
Kyprianou diesen Montag den EU-Landwirtschaftsministern vorgestellt hat und in dem eine Reihe von Initiativen skizziert
werden, die zur Verbesserung und Ergänzung der gegenwärtigen Rechtsvorschriften dienen. Der österreichische
EU-Vorsitz organisiert außerdem am 30.03.2006 in Brüssel eine Konferenz über den Schutz landwirtschaftlicher
Nutztiere.
EU-Forstaktionsplan soll Ende des Halbjahres vorliegen
Abschließend ging Pröll auch auf Fragen der Forstwirtschaft ein: Der österreichische Vorsitz will
sich dafür einsetzen, dass die EU auf der sechsten Tagung des UNO-Waldforums (13. bis 24.02.2006) in New York
einen wesentlichen Beitrag leisten wird. Insbesondere geht es dabei um die Festlegung globaler Ziele für die
Erhaltung der Waldgebiete und Waldressourcen sowie um die Sicherstellung der dafür erforderlichen Mittel.
Was den EU-Forstaktionsplan anbelangt, so soll er laut Pröll gegen Ende des ersten Halbjahres 2006 von der
Kommission vorgelegt werden und einen kohärenten Rahmen für die Durchführung forstbezogener Maßnahmen
auf EU- und nationaler Ebene bieten. |