Schüssel: Integration mit klarem Monitoring
Wien (pk) - Die beinahe einhellige Zustimmung des Nationalrats fand am Mittwoch (25. 01.) eine
Vorlage, mit der die verfassungsrechtliche Grundlage für die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in die
Europäische Union geschaffen werden.
Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) erläuterte den juristischen Hintergrund der in Rede stehenden Vorlage und
stellte die Überlegung an, ob nicht künftig ein einstufiges Verfahren zweckmäßiger wäre.
Zum Inhalt selbst merkte der Redner an, Rumänien und Bulgarien hätten eine klare Zeitleiste genannt bekommen,
die nicht ob anderer Probleme innerhalb der EU in Frage gestellt werden sollte. Er sei daher dafür, den Beitritt
dieser beiden Staaten zur EU zu unterstützen.
Abgeordneter SCHIEDER (S) regte in einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung an, es möge ein Regierungsmitglied
auf der Regierungsbank der Debatte folgen. Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) plädierte dafür, eine diesbezügliche
Lösung zu finden, derweilen aber die Debatte fortzusetzen.
Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) wies auf die Bedeutung der beiden Staaten als Handelspartner hin und meinte, ein
Beitritt dieser Länder würde mehr Rechtssicherheit und eine weitere Verbesserung der ökonomischen
Rahmenbedingungen mit sich bringen. Es gäbe zwar noch Mängel, die nicht negiert werden dürften,
doch werde man auf diese Punkte einen entsprechenden Fokus legen. Es sei also ein positives Signal, diese Ermächtigung
heute zu beschließen. Dies umso mehr, als in diesem Haus seinerzeit noch Rumänisch gesprochen worden
sei.
Abgeordneter SCHEIBNER (F) meinte, es sei wichtig, sich über die kommenden Erweiterungsrunden im Hohen Haus
auseinanderzusetzen. In der konkreten Sache trete seine Fraktion dafür ein, hier sorgsam vorzugehen, denn
man müsse dafür Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen Erweiterungen auch zuließen. Die EU selbst
sei noch nicht so weit, alle Erweiterungen durchzuführen, auch seien viele Beitrittswerber noch nicht reif
für die EU. Im Falle von Rumänien und Bulgarien könne man konstatieren, dass deren Beitritt ein
positiver Schritt für Österreich sei, es müsse aber noch genau geprüft werden, ob dieser Schritt
nun schon 2007 oder erst 2008 erfolgen solle. Seine Fraktion werde dieser Vorlage jedenfalls zustimmen.
Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) wünschte sich, man möge gemeinsam einen Beitrittsfahrplan für diese
beiden Länder erarbeiten. Für beide Staaten stelle die aktuelle Situation eine große Chance dar,
ihre Fraktion stehe der Angelegenheit sehr offen gegenüber und werde der Vorlage daher die Zustimmung geben.
Abgeordneter DONABAUER (V) hielt fest, dass viele wichtige Prozesse in Europa sehr positiv verlaufen seien, auch
für Österreich habe sich eine deutliche ökonomische Verbesserung ergeben. Wenn es nun heiße,
dass diese beiden Staaten noch einige offene Kapitel aufwiesen, so sei er zuversichtlich, dass die verantwortlichen
Politiker diesem Umstand entsprechend Rechnung tragen werden. Für unser Land gäbe es in diesem Zusammenhang
viele positive Nachrichten, nach dem Beitritt könne es zu einer weiteren Vertiefung der ökonomischen
Beziehungen zu Rumänien und Bulgarien kommen, meinte der Redner.
Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) setzte sich mit dem Stand der Beitrittsverhandlungen der beiden Staaten auseinander
und wies darauf hin, dass die Aussicht auf einen Beitritt das Reformtempo in Rumänien und Bulgarien stark
beschleunigt habe. Von zentraler Bedeutung sei jedoch auch die Reform des Justizwesens dieser Staaten, erklärte
die Rednerin, die auch auf die Lage der Minderheiten hinwies und Themen wie Korruption und Menschenhandel ansprach.
Abgeordnete ROSENKRANZ (F) fragte sich, weshalb man in dieser Angelegenheit eine solche Eile an den Tag lege. Es
gebe gute Gründe, eine Verschiebung des Beitritts dieser Staaten in Betracht zu ziehen, gebe es doch hinsichtlich
der Beitrittsreife dieser Staaten noch gravierende Mängel, und angesichts der Vielzahl von offenen Fragen
in der EU müsse man genau überlegen, ob man solche Schritte am Bürger vorbei setzen wolle. Man solle
Europa erst besser vermitteln, mahnte die Rednerin. |
Abgeordnete MAREK (V) plädierte für den Beitritt der beiden Staaten, werde Österreich doch konkret
davon profitieren. Der Beitritt werde den bemerkenswerten wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung weiter verstärken,
und dies werde dazu beitragen, die Mängel endgültig zu überwinden. Die Vorteile eines Beitritts
überwögen mithin bei weitem die Nachteile.
Abgeordneter MARIZZI (S) sprach sich gleichfalls dafür aus, die entsprechende Ermächtigung zu erteilen,
sei dies doch ein positives Signal an die beiden Staaten, ihren Reformprozess fortzusetzen und zu vertiefen. Gleichzeitig
gelte es aber, auf die soziale Balance im eigenen Land nicht zu vergessen. Die diesbezüglichen Sorgen müssten
ernst genommen werden, hielt der Redner fest.
Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung zu dieser Vorlage und nutzte
die Gelegenheit, sich inhaltlich mit Rumänien und Bulgarien auseinanderzusetzen und auf die Geschichte des
diesbezüglichen Beitrittsprozesses einzugehen. Sodann erläuterte der Kanzler, weshalb er dem Haus den
Beitritt dieser Staaten empfehlen könne. Der gewählte Weg – Integration mit einem klaren Monitoring –
sei der einzig richtige. Zudem sei in der kommenden Finanzvorschau der Beitritt Rumäniens und Bulgariens bereits
fix eingeplant, sodass auch in dieser Hinsicht kein Grund zur Sorge bestehe. Aus ehrlicher Überzeugung solle
man also heute diesen jungen Demokratien einen Vertrauensvorschuss geben, meinte der Kanzler abschließend.
Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V) schloss an ihren Vorredner an und plädierte gleichfalls für eine Beschlussfassung,
dabei die bereits genannten Gründe ins Treffen führend.
Abgeordnete Mag. BECHER (S) forderte sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Kinderhandels, meinte aber,
die Herabsetzung der Strafmündigkeit von Jugendlichen sei der schlechteste Weg, um diesem Problem beizukommen.
Vielmehr sollte die Zusammenarbeit mit Rumänien und Bulgarien gesucht werden, um zu verhindern, dass Kinder
aus diesen beiden Ländern von organisierten Bettlerbanden missbraucht werden, schlug sie vor.
Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) trat für eine möglichst rasche Vollintegration des südosteuropäischen
Raums in die EU ein und wies auf die alte europäische Tradition von Bukarest und Sofia hin, aber auch auf
die österreichische Verbundenheit mit Siebenbürgen.
Abgeordneter PRÄHAUSER (S) begrüßte es, dass Europa nun wieder um zwei Länder größer
wird, und sah im Beitritt Rumäniens und Bulgariens auch große wirtschaftliche Chancen für Österreich.
Nun gelte es vor allem, die österreichische Bevölkerung auf die neuen Beitritte vorzubereiten und Ängste
zu nehmen, mahnte er.
Abgeordneter PRASSL (V) erinnerte als Mandatar aus dem Grenzgebiet zu Ungarn und Slowenien an die großen
Vorteile, die der Beitritt dieser beiden Staaten für Österreich gebracht hatte, und erwartete sich ebensolche
positive Auswirkungen auch durch die Erweiterung um Rumänien und Bulgarien. Mehr Europa bedeutet mehr Sicherheit,
mehr Sicherheit wiederum bedeutet mehr Zukunft für uns alle, stand für Praßl fest.
Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) beurteilte die beiden Beitritte ebenfalls als positiv und meinte, die österreichische
Wirtschaft befinde sich ohnehin schon lange in Rumänien und Bulgarien. Dabeisein sei besser als Ausgrenzen,
betonte Langreiter, der überdies dazu aufrief, gemeinsam mit den Kandidatenländern zur Beseitigung ihrer
noch bestehenden Defizite beizutragen.
Abgeordneter SCHIEDER (S) sah es als positives Zeichen, dass der Beitritt Rumäniens und Bulgariens von allen
Balkanstaaten begrüßt wird. Die Aufgabe Österreichs und der EU sei es nun, darauf zu achten, dass
die Beitritte einzelner Staaten nicht zu neuen großen Unterschieden am Balkan führen. Nach Meinung Schieders
gilt es nun, bei den Stabilisierungsabkommen rasch vorzugehen und auch immer die Gesamtregion in die Überlegungen
einzubeziehen.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit der verfassungsrechtlich erforderlichen Zweidrittelmehrheit
angenommen. |