Verfassungsgrundlage für EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien  

erstellt am
26. 01. 06

Schüssel: Integration mit klarem Monitoring
Wien (pk) - Die beinahe einhellige Zustimmung des Nationalrats fand am Mittwoch (25. 01.) eine Vorlage, mit der die verfassungsrechtliche Grundlage für die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in die Europäische Union geschaffen werden.

Abgeordneter Dr. SPINDELEGGER (V) erläuterte den juristischen Hintergrund der in Rede stehenden Vorlage und stellte die Überlegung an, ob nicht künftig ein einstufiges Verfahren zweckmäßiger wäre. Zum Inhalt selbst merkte der Redner an, Rumänien und Bulgarien hätten eine klare Zeitleiste genannt bekommen, die nicht ob anderer Probleme innerhalb der EU in Frage gestellt werden sollte. Er sei daher dafür, den Beitritt dieser beiden Staaten zur EU zu unterstützen.

Abgeordneter SCHIEDER (S) regte in einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung an, es möge ein Regierungsmitglied auf der Regierungsbank der Debatte folgen. Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) plädierte dafür, eine diesbezügliche Lösung zu finden, derweilen aber die Debatte fortzusetzen.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) wies auf die Bedeutung der beiden Staaten als Handelspartner hin und meinte, ein Beitritt dieser Länder würde mehr Rechtssicherheit und eine weitere Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingungen mit sich bringen. Es gäbe zwar noch Mängel, die nicht negiert werden dürften, doch werde man auf diese Punkte einen entsprechenden Fokus legen. Es sei also ein positives Signal, diese Ermächtigung heute zu beschließen. Dies umso mehr, als in diesem Haus seinerzeit noch Rumänisch gesprochen worden sei.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) meinte, es sei wichtig, sich über die kommenden Erweiterungsrunden im Hohen Haus auseinanderzusetzen. In der konkreten Sache trete seine Fraktion dafür ein, hier sorgsam vorzugehen, denn man müsse dafür Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen Erweiterungen auch zuließen. Die EU selbst sei noch nicht so weit, alle Erweiterungen durchzuführen, auch seien viele Beitrittswerber noch nicht reif für die EU. Im Falle von Rumänien und Bulgarien könne man konstatieren, dass deren Beitritt ein positiver Schritt für Österreich sei, es müsse aber noch genau geprüft werden, ob dieser Schritt nun schon 2007 oder erst 2008 erfolgen solle. Seine Fraktion werde dieser Vorlage jedenfalls zustimmen.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) wünschte sich, man möge gemeinsam einen Beitrittsfahrplan für diese beiden Länder erarbeiten. Für beide Staaten stelle die aktuelle Situation eine große Chance dar, ihre Fraktion stehe der Angelegenheit sehr offen gegenüber und werde der Vorlage daher die Zustimmung geben.

Abgeordneter DONABAUER (V) hielt fest, dass viele wichtige Prozesse in Europa sehr positiv verlaufen seien, auch für Österreich habe sich eine deutliche ökonomische Verbesserung ergeben. Wenn es nun heiße, dass diese beiden Staaten noch einige offene Kapitel aufwiesen, so sei er zuversichtlich, dass die verantwortlichen Politiker diesem Umstand entsprechend Rechnung tragen werden. Für unser Land gäbe es in diesem Zusammenhang viele positive Nachrichten, nach dem Beitritt könne es zu einer weiteren Vertiefung der ökonomischen Beziehungen zu Rumänien und Bulgarien kommen, meinte der Redner.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) setzte sich mit dem Stand der Beitrittsverhandlungen der beiden Staaten auseinander und wies darauf hin, dass die Aussicht auf einen Beitritt das Reformtempo in Rumänien und Bulgarien stark beschleunigt habe. Von zentraler Bedeutung sei jedoch auch die Reform des Justizwesens dieser Staaten, erklärte die Rednerin, die auch auf die Lage der Minderheiten hinwies und Themen wie Korruption und Menschenhandel ansprach.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) fragte sich, weshalb man in dieser Angelegenheit eine solche Eile an den Tag lege. Es gebe gute Gründe, eine Verschiebung des Beitritts dieser Staaten in Betracht zu ziehen, gebe es doch hinsichtlich der Beitrittsreife dieser Staaten noch gravierende Mängel, und angesichts der Vielzahl von offenen Fragen in der EU müsse man genau überlegen, ob man solche Schritte am Bürger vorbei setzen wolle. Man solle Europa erst besser vermitteln, mahnte die Rednerin.
   

Abgeordnete MAREK (V) plädierte für den Beitritt der beiden Staaten, werde Österreich doch konkret davon profitieren. Der Beitritt werde den bemerkenswerten wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung weiter verstärken, und dies werde dazu beitragen, die Mängel endgültig zu überwinden. Die Vorteile eines Beitritts überwögen mithin bei weitem die Nachteile.

Abgeordneter MARIZZI (S) sprach sich gleichfalls dafür aus, die entsprechende Ermächtigung zu erteilen, sei dies doch ein positives Signal an die beiden Staaten, ihren Reformprozess fortzusetzen und zu vertiefen. Gleichzeitig gelte es aber, auf die soziale Balance im eigenen Land nicht zu vergessen. Die diesbezüglichen Sorgen müssten ernst genommen werden, hielt der Redner fest.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung zu dieser Vorlage und nutzte die Gelegenheit, sich inhaltlich mit Rumänien und Bulgarien auseinanderzusetzen und auf die Geschichte des diesbezüglichen Beitrittsprozesses einzugehen. Sodann erläuterte der Kanzler, weshalb er dem Haus den Beitritt dieser Staaten empfehlen könne. Der gewählte Weg – Integration mit einem klaren Monitoring – sei der einzig richtige. Zudem sei in der kommenden Finanzvorschau der Beitritt Rumäniens und Bulgariens bereits fix eingeplant, sodass auch in dieser Hinsicht kein Grund zur Sorge bestehe. Aus ehrlicher Überzeugung solle man also heute diesen jungen Demokratien einen Vertrauensvorschuss geben, meinte der Kanzler abschließend.

Abgeordnete SCHIEFERMAIR (V) schloss an ihren Vorredner an und plädierte gleichfalls für eine Beschlussfassung, dabei die bereits genannten Gründe ins Treffen führend.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) forderte sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Kinderhandels, meinte aber, die Herabsetzung der Strafmündigkeit von Jugendlichen sei der schlechteste Weg, um diesem Problem beizukommen. Vielmehr sollte die Zusammenarbeit mit Rumänien und Bulgarien gesucht werden, um zu verhindern, dass Kinder aus diesen beiden Ländern von organisierten Bettlerbanden missbraucht werden, schlug sie vor.

Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) trat für eine möglichst rasche Vollintegration des südosteuropäischen Raums in die EU ein und wies auf die alte europäische Tradition von Bukarest und Sofia hin, aber auch auf die österreichische Verbundenheit mit Siebenbürgen.

Abgeordneter PRÄHAUSER (S) begrüßte es, dass Europa nun wieder um zwei Länder größer wird, und sah im Beitritt Rumäniens und Bulgariens auch große wirtschaftliche Chancen für Österreich. Nun gelte es vor allem, die österreichische Bevölkerung auf die neuen Beitritte vorzubereiten und Ängste zu nehmen, mahnte er.

Abgeordneter PRASSL (V) erinnerte als Mandatar aus dem Grenzgebiet zu Ungarn und Slowenien an die großen Vorteile, die der Beitritt dieser beiden Staaten für Österreich gebracht hatte, und erwartete sich ebensolche positive Auswirkungen auch durch die Erweiterung um Rumänien und Bulgarien. Mehr Europa bedeutet mehr Sicherheit, mehr Sicherheit wiederum bedeutet mehr Zukunft für uns alle, stand für Praßl fest.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) beurteilte die beiden Beitritte ebenfalls als positiv und meinte, die österreichische Wirtschaft befinde sich ohnehin schon lange in Rumänien und Bulgarien. Dabeisein sei besser als Ausgrenzen, betonte Langreiter, der überdies dazu aufrief, gemeinsam mit den Kandidatenländern zur Beseitigung ihrer noch bestehenden Defizite beizutragen.

Abgeordneter SCHIEDER (S) sah es als positives Zeichen, dass der Beitritt Rumäniens und Bulgariens von allen Balkanstaaten begrüßt wird. Die Aufgabe Österreichs und der EU sei es nun, darauf zu achten, dass die Beitritte einzelner Staaten nicht zu neuen großen Unterschieden am Balkan führen. Nach Meinung Schieders gilt es nun, bei den Stabilisierungsabkommen rasch vorzugehen und auch immer die Gesamtregion in die Überlegungen einzubeziehen.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit der verfassungsrechtlich erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.
     
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