Zweckwidrige Verwendung von Steuermitteln im Sozialministerium?  

erstellt am
10. 02. 06

Werbeoffensive des Ressorts Gegenstand einer S-Dringlichen
Wien (pk) - Bundesrat KONECNY (S) erinnerte am Sitzung des Bundesrates am Donnerstag (09. 02.) in der Begründung der dringlichen Anfrage zunächst an eine Aussage von Jörg Haider. Als dieser das BZÖ gegründet hat, habe er verkündet, dass die neue Partei keine bürokratischen Strukturen aufbauen werde, da sie momentan mit dem Apparat der Regierungsmitglieder das Auslangen finde. "Diese Aussage sei in Wirklichkeit als Aufforderung zum Amtsmissbrauch zu interpretieren", denn es sei sicher nicht die Aufgabe der Kabinette der Bundesminister, die Parteiarbeit für das BZÖ zu leisten, unterstrich Konecny. Diese Aussage war gleichzeitig eine gefährliche Drohung, weil damit klar wurde, dass über die persönlichen Dienstleistungen hinaus öffentliche Mittel das ersetzen sollten, was dem BZÖ an finanziellen Möglichkeiten fehlt.

Nun gebe es einen konkreten Beweis für diese Befürchtungen, führte der Bundesrat weiter aus, und zwar im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, wo sich laut eines Berichts im "Kurier" unglaubliche Vorgänge zugetragen haben sollen. Es wurde nämlich eine Werbekampagne ins Leben gerufen, deren Slogan "Zukunft soziales Österreich" mit der Parteibezeichnung sehr leicht verwechselt werden könne. Außerdem war die ganze Kampagne, die insgesamt 4,2 Millionen Euro gekostet haben soll, von unzähligen Peinlichkeiten überschattet. Es wurden sogar hunderttausende Folder eingestampft, weil genau dieser Slogan auf den Broschüren gefehlt hat.

Gerade weil das Thema "Regierungsinformation" so ein heikles Thema sei, habe der Rechnungshof dankenswerterweise sehr klare Richtlinien dafür ausgearbeitet. Er könne aber nicht erkennen, wo und wie diese Richtlinien bei der angesprochenen Kampagne berücksichtigt wurden. Sein Resümee sei, dass hier eindeutig eine parteipolitische Werbeaktion mit Mitteln des Steuerzahlers durchgeführt wurde. Man wolle kein vorschnelles Urteil abgeben, aber er hoffe sehr, dass die Ministerin sehr konkret auf alle gestellten Fragen antworten wird.

Bundesministerin HAUBNER versprach ihrem Vorredner, sehr konkrete Antworten auf die Fragen zu geben. Sie wehre sich jedoch entschieden dagegen, dass eine Informationskampagne des Sozialministeriums für Parteienfinanzierung, Parteiwerbung oder ähnliches missbraucht wurde. Für übertrieben halte sie es auch, wenn man die Verwendung der Farbe Orange kritisiert, da sie von vielen Institutionen verwendet wird. Es sei auch legitim, besonders für ein Sozialministerium, das Wort Zukunft in einem Slogan zu verwenden, da es um die Sicherung der sozialen Zukunft gehe.

Grundsätzlich halte sie es für notwendig, die Bevölkerung über wichtige Themen zu informieren. Gerade das Sozialministerium umfasse so viele Bereiche, die wirklich alle Bürger und Bürgerinnen im Laufe ihres Lebens unmittelbar betreffen. Da viele Leistungen nur per Antrag in Anspruch genommen werden können, habe man als politisch Verantwortlicher die Verpflichtung, die Menschen gut zu informieren, betonte die Ministerin. Im konkreten gehe es um eine Kampagne, die im März 2005 europaweit ausgeschrieben und im Oktober dem Bestbieter zugeschlagen wurde. Seit diesem Zeitpunkt laufe die Aktion, wobei die Bevölkerung über die Bereiche Familie, Altersvorsorge (Pensionen), Pflege, Menschen mit Behinderung sowie Konsumentenschutz informiert werden soll. Man könne bereits am Anstieg der Anträge erkennen, dass die Aktion erfolgreich ist, konstatierte Haubner.

Nachdem sie an die vielen Verbesserungen im Sozialbereich, die in den letzten Jahren von der Bundesregierung erreicht wurden, erinnert hatte, ging Haubner auf die konkreten Fragen ein. Sie stellte zunächst noch grundsätzlich fest, dass bei allen Informationskampagnen der Bundesregierung und der Ressorts auf die Empfehlungen des Rechnungshofes Rücksicht genommen wurde. Die Ministerin bestätigte, dass ihr Ressort im Oktober 2005 einen Rahmenvertrag mit einer Werbeagentur für die Durchführung einer Informationskampagne über rund 4,2 Mill. € abgeschlossen hat. Vertragsgegenstand war die Umsetzung eines einheitlichen Kommunikationskonzeptes für das BMSG sowie das Bundessozialamt anhand ausgewählter Themenschwerpunkte. Gemäß der Ausschreibungsunterlage geht es bei den Einzelprojekten um Themen wie Behinderung und Pflegevorsorge, Kinderbetreuungsgeld, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kindererziehung, Altersvorsorge, Pensionsharmonisierung etc. Die Kampagne entspricht allen gesetzlichen Vorschriften und auch den Empfehlungen des Rechnungshofes, führte Haubner weiter aus. Was die angelaufenen Kosten angeht, so wurden bisher Rechnungen in der Höhe von 3,570.488 € inkl. Ust. bezahlt. Ein Teil der Infofolder mussten deshalb entsorgt werden, weil sie inhaltlich obsolet waren. Damit waren Kosten in der Höhe von 2.033,66 € verbunden.

Nicht richtig sei auch, dass es ein orange farbiges Logo gibt; es wurden Gelbtöne in verschiedenen Schattierungen verwendet. Sie schließe es absolut aus, dass irgendwelche Mittel ihres Ressorts für Parteiveranstaltungen des BZÖ verwendet wurden. Es sei auch nicht der Fall, dass Mitarbeiter in ihrem Büro oder beim Staatssekretär in der Dienstzeit politische Arbeit für das BZÖ geleistet haben. Schließlich ging sie noch auf die Frage hinsichtlich des Behindertenanwaltes ein. Er sei natürlich weisungsfrei, denn er müsse sich überparteilich und unabhängig um die Belange der Behinderten kümmern. Der nunmehrige Behindertenanwalt war Vizekanzler, Minister und Dritter Präsident des Nationalrates; es werde daher öfter vorkommen, dass er von Journalisten zu politischen Themen befragt werde. Wenn er dann seine eigene Meinung äußere, geschehe dies nicht in seiner Funktion als Behindertenanwalt.

Wenn man sich den Bericht des "Kurier" genau durchlese, dann müsse man zum Schluss kommen, dass die heutige dringliche Anfrage sehr wohl berechtigt ist, meinte Bundesrätin BLATNIK (S). Es wurden 4,2 Mill. € für eine Informationskampagne ausgegeben, die von der Farbe Orange geprägt ist. Außerdem werden die Menschen nicht besser informiert, sondern eher verunsichert, wie dies zum Beispiel beim Thema Pensionen der Fall ist. In einem Folder wurde nämlich fälschlicherweise behauptet, dass die Anträge für die Rezeptgebührenbefreiung bei der Pensionsversicherungsanstalt zu stellen sind. Außerdem wurde der Eindruck erweckt, dass alle Pensionisten die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos benutzen können. Dies ist aber nur der Fall, wenn man blind, taub oder stumm ist. Sie sei daher der Meinung, dass nun der Rechnungshof gefordert ist, um zu klären, was genau hinter dieser Causa steckt.

Das Parlament habe natürlich das Recht, darüber zu diskutieren, was mit den öffentlichen Geldern passiert, räumte Bundesrat Mag. HIMMER (V) ein. Wenn nun die hohen Kosten für die angesprochene Kampagne kritisiert werden, dann solle man bedenken, dass etwa der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien nur im letzten Jahr ca. 28 Mill. € ausgibt. Im Juni 2005 wurde zudem ein Vertrag für die Medienarbeit für die nächsten zehn Jahre abgeschlossen in der Höhe von 263 Mill. €.

Der Redner verwies auf eine ähnlich gelagerte Anfrage der Wiener Landesorganisation seiner Partei an den Bürgermeister von Wien, die dieser nicht zur Zufriedenheit der ÖVP beantwortet habe. Himmer übte Kritik an der PR-Praxis der Stadt Wien, die seines Erachtens nach nicht objektiv sei, und meinte, die Funktionäre und Mandatare der Sozialdemokraten würden in den in Rede stehenden Medien bemerkenswert häufig vorkommen.

Bundesrat SCHENNACH (G) hielt seinem Vorredner entgegen, seine Rede sei inhaltlich eine klassische Themenverfehlung gewesen. Jedes Mal, wenn Missstände in der Bundesregierung angesprochen würden, erhalte man im Bundesrat eine Wiener Gemeinderatssitzung geboten, beklagte der Redner. Wenn es auf Wiener Ebene Dinge gebe, die hinterfragenswert seien, so müsse dies in den Wiener Gremien diskutiert werden, hier aber gehe es um eine Angelegenheit des Bundes.

So stehe seit dem Februar 2000 für PR-Kampagnen, Beraterverträge und dergleichen eine runde halbe Milliarde Euro zu Buche, und dies müsse man als Geldverschwendung bezeichnen, meinte der Redner, der an ein Zitat des Kärntner Landeshauptmannes erinnerte, wonach dieser gemeint habe, das BZÖ finde derzeit das Auslangen mit dem Regierungsapparat. Im gegenständlichen Fall stehe der Verdacht im Raum, dass diese Kampagne nicht den erarbeiteten Kriterien entspreche. Der Informationsgehalt dieser Kampagnen sei zu hinterfragen, auch die Grundfarbe der Spots sei bemerkenswert, erklärte der Redner. Die Ministerin sei vor diesem Hintergrund noch eine Reihe von Antworten schuldig, schloss der Bundesrat.

Der fraktionslose Bundesrat KAMPL sagte hingegen, wenn die Bundesministerin bereit sei, hier offen und umfassend Rede und Antwort zu stehen, so sei es seitens des Bundesrates geboten, auch ein Wort des Dankes an das Ressort zu richten, hätten doch die Bundesregierung und insbesondere die Ministerin zahlreiche wichtige soziale Maßnahmen gesetzt, von denen viele Bürgerinnen und Bürger profitiert hätten. Der Redner nannte konkrete Beispiele für diese Aktivitäten und meinte, die Bundesregierung gebe das Geld jenen, die es wirklich brauchten.

Die Mittel für die PR seien vor diesem Hintergrund gut angelegt, zeigte sich der Redner überzeugt. Von Geldabzweigungen oder indirekter Parteienfinanzierung könne hingegen nicht die Rede sein. Man solle nicht immer dramatisieren, sondern gemeinsam für Österreich arbeiten.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) erklärte hingegen, es sei auffällig, dass derartige Kampagnen stets im Vorfeld von Wahlen stattfänden. Es stelle sich die Frage, warum man nicht kontinuierlich informiere. Auch der farbliche Gleichklang zwischen der Ministeriumswerbung und den Materialien des BZÖ sei bemerkenswert. Zudem ließe sich über den Informationswert dieser Kampagnen durchaus diskutieren, betonte Kerschbaum.

Der fraktionslose Bundesrat VILIMSKY erinnerte Bundesrat Himmer daran, dass dessen Partei zwischen 1996 und 2001 durchaus ebenfalls von den Werbemaßnahmen der Stadt Wien profitiert habe. Seine Kritik an diesen Zuständen sei vor diesem Hintergrund wohl zu relativieren. Zudem könne man nicht einem Unrecht ein anderes Unrecht entgegenhalten. Das BZÖ müsse auch weiterhin mit dem Vorwurf leben, es sei eine Phantompartei, die sich noch keiner Bundeswahl gestellt habe. Und als es sich in Wien der Wahl stellte, da landete es hinter den Kommunisten. Der Kärntner Landeshauptmann sei ein "politischer Zechpreller", habe er doch die Schulden, die unter seiner Ägide in der FPÖ aufgelaufen seien, entgegen seinen Ankündigungen nicht übernommen.

Es sei unglaublich, wie mit öffentlichen Mitteln umgegangen worden sei, kritisierte der Redner. Die gegenständliche Sache sei so offensichtlich, dass ein Blinder die Zusammenhänge sehe, meinte der Redner, der einen Prüfauftrag an den Rechnungshof als dringend geboten ansah, gelte es doch, Licht in dieses Dunkel zu bringen und die politische Verantwortung für diese Angelegenheit zu klären.

Der fraktionslose Bundesrat MITTERER sagte, er habe viel Verständnis für die Tätigkeit der Opposition, er sei aber erschüttert, dass die Opposition unhinterfragt Pressemeldungen, die hier einen Skandal sähen, Glauben schenke. Es habe bemerkenswert rasch klare Antworten gegeben, von einer Verfehlung könne daher nicht die Rede sein. An die Adresse der Sozialdemokraten gerichtet meinte der Redner, sie möge ihren Ton mäßigen und die Leistungen dieser Regierung im Sozialbereich anerkennen. Es habe viele Errungenschaften für die Bürger gegeben, und darüber müsse man auch informieren, schloss Mitterer.
     
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