Wien (pk) - Als letzten Punkt der Tagesordnung nahm der Bundesrat am Donnerstag (09. 02.) einen Entschließungsantrag
der SPÖ in Verhandlung. Darin wird Innenministerin Liese Prokop aufgefordert, umgehend Maßnahmen einzuleiten,
um nach Absprache mit sämtlichen Trägerorganisationen, den politischen Parteien sowie der Plattform für
Zivildiener ein Kostenteilungsmodell einzuführen, das jedem Zivildiener ein einheitliches Verpflegsgeld von
13,60 € pro Tag garantiert und für die Zivildiensteinrichtungen keinen unzumutbaren Mehraufwand bedeutet.
Zudem urgiert die SPÖ eine rasche Refundierung vorenthaltener Verpflegsgelder.
Bundesrat Mag. BAIER (V) sprach sich gegen den Entschließungsantrag aus. Er lehne diesen nicht so sehr aus
inhaltlichen Gründen ab, meinte er, der Entschließungsantrag sei aus Sicht der ÖVP durch die Einigung
zwischen der Innenministerin und den Trägerorganisationen vom 2. Februar jedoch obsolet. Baier rechnet damit,
dass bereits bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses des Nationalrats am 22. Februar eine entsprechende
Gesetzesvorlage diskutiert werden kann. Zwischenrufe der SPÖ, wonach diese Einigung nicht von allen Trägerorganisationen
mitgetragen werde, quittierte er mit der Bemerkung, man könne nicht ernsthaft die Zustimmung aller erwarten,
das würde Jahre dauern.
Bundesrat WIESENEGG (S) betonte, es liege eine klare Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in Bezug auf das
Verpflegsgeld für Zivildiener vor. Zivildiener erfüllten eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe,
skizzierte er, sie verdienten daher Respekt und Hilfestellung. Der vorliegende Entschließungsantrag solle
diese Anerkennung unterstreichen. Zudem verwies Wiesenegg darauf, dass mit vielen Trägerorganisationen noch
keine Einigung erzielt worden sei. Generell hielt er fest, die Trägerorganisationen leisteten bereits einen
wesentlichen Beitrag zu den Aufwendungen für Zivildiener.
Bundesrätin KONRAD (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zum vorliegenden Entschließungsantrag
an. Es sei eine Sache des Hausverstandes, dass 6 € am Tag nicht ausreichten, um satt zu werden, sagte sie. Trotzdem
habe es des VfGH gebraucht, um dies festzustellen. Nach Auffassung Konrads ist der Zivildienst derzeit eine Art
"idealistischer Luxus", den man sich leisten können müsse. Zur von Baier angesprochenen Einigung
meinte Konrad, es sehe so aus, als würde die Sache wieder verschleppt und in die Länge gezogen.
Bundesrat Ing. Reinhold EINWALLNER (S) betonte, der Entschließungsantrag sei nach wie vor aktuell und "absolut
berechtigt". Seiner Meinung nach liegt noch kein konkretes Ergebnis vor. Würde es eine Einigung geben,
wäre Innenministerin Prokop hier und würde diese dem Bundesrat präsentieren, zeigte er sich überzeugt.
Für Einwallner sind die Regierungsparteien dafür verantwortlich, dass es in Bezug auf das Verpflegsgeld
für Zivildiener "ein grausames Schauspiel" gibt.
In einer zweiten Wortmeldung unterstrich Bundesrat Mag. BAIER (V), dass es auch der ÖVP um eine rasche Lösung
gehe. Die zwischen Innenministerium und Trägerorganisationen erzielte Einigung sieht ihm zufolge vor, dass
Zivildiener künftig voll verpflegt werden. Sollte dies nicht möglich sein, werde an die Betroffenen ein
Verpflegsgeld in jener Höhe ausgezahlt, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis genannt habe.
Zu einer Bemerkung von Bundesrätin Konrad, wonach Zivildiener gegenüber Grundwehrdienern benachteiligt
würden, merkte Baier an, es seien vor allem die Trägerorganisationen gewesen, die sich gegen eine weitere
Kürzung des Zivildienstes ausgesprochen hätten.
Bundesrat SCHENNACH (G)unterstrich einmal mehr die gesellschaftspolitisch wichtigen Leistungen der Zivildiener
und der Trägerorganisationen, die die Zivildiener brauchen, um die sozialen Aufgaben erfüllen zu können,
die der Staat an sie ausgelagert hat. Mit diesen Organisationen sollte man in Kontakt treten und sie ernst nehmen,
wenn sie - wie übrigens auch die Vertreter der Zivildiener - sagen, es sei nicht wahr, wenn die Innenministerin
verkünde, es gäbe eine Einigung. Der Volkspartei hielt der Redner vor, man habe den Verfassungsgerichtshof
bemühen müssen, um auszurechnen, dass ein Zivildiener, der von 6 Uhr morgens an schwere Arbeit leisten
müsse, nicht von 6 € täglich leben könne. Jetzt habe die ÖVP endlich begriffen, dass man dafür
13,6 € brauche, man könne aber dennoch nicht zur Tagesordnung übergehen, solange 40.000 Fälle ungeregelt
bleiben und das Ressort sage: "Wir haben 100.000 € eingespart". - "Auf wessen Kosten?" fragte
Schennach und sagte: "Auf dem Rücken hart arbeitender Zivildiener!" - Außerdem fühle
sich das Ressort für die Altfälle nicht zuständig, kritisierte Schennach weiter und nannte es "unanständig",
eine knappe Frist vorzusehen, die viele Zivildiener verpassen und daher ihre Ansprüche verlieren werden. Der
vorliegende Antrag sei nicht überholt. "Wir wollen eine umfassende, faire Lösung!" schloss
Bundesrat Schennach.
Auch Bundesrat Reisenberger (S) warf der ÖVP vor, etwas schön reden zu wollen, was nicht schön zu
machen sei. Wenn man etwas für die Zivildiener tun wolle, könne man die Organisationen nicht unberücksichtigt
lassen, die für die Allgemeinheit tätig sind. Man müsse mit allen Organisationen reden, hielt Reisenberger
fest und sah technisch kein Problem darin, Kontakt auch mit einer Vielzahl von Organisationen aufzunehmen. Noch
sei nichts geregelt. Wenn man für die Zivildiener "Nägel mit Köpfen machen wolle", müsse
man den vorliegenden Antrag unterstützen, sagte Bundesrat Reisenberger.
Bundesrat Konecny (S) erinnerte an die Empörung von Innenminister Strasser, als ihm Bundesrätin Trunk
anlässlich einer Debatte über die Zivildienerverpflegung auf einem Tablett servierte, was man für
6 € im günstigsten Fall zum Essen kaufen könne. Niemand könne sich mit dem bisherigen Zivildiener-Taggeld
verpflegen, sagte Konecny und hielt fest, dass es ohne den Zwang durch den VfGH keine Erhöhung dieses Taggeldes
gegeben hätte, obwohl die Regierung lange genug Zeit dafür hatte. Jetzt gibt es eine generelle Linie,
eine Gesprächsgrundlage zwischen dem Ministerium und einigen wichtigen Trägerorganisationen, aber immer
noch keine Einigung, hielt Konecny fest. Das Gespräch mit allen Organisationen sei wichtig, weil die Verhältnisse
bei der Verpflegung der Zivildiener im Einzelnen sehr unterschiedlich seien und nicht über einen Kamm geschoren
werden können. Der Entschließungsantrag sei daher nicht überholt, es gelte festzuhalten, dass es
eine Lösung im Interesse der Zivildiener geben müsse, wenigstens als Bekräftigung für die Innenministerin.
Bundesrat Wiesenegg (S) zitierte aus einem Schreiben der Bundesregierung an die Zivildienstträgerorganisationen
und an die Gemeinden mit der lapidaren Mitteilung über die Erhöhung der Pauschalvergütung, der Sozialversicherungsbeiträge
der Zivildiener und des Zivildienstgeldes. "Das haben die Kommunen und die Trägerorganisationen zu zahlen!
Das ist eine unerträgliche Situation", klagte Bundesrat Wiesenegg.
Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 147/A(E)-BR/2005 betreffend einheitliches Verpflegungsgeld
der Zivildiener mit S-G-Mehrheit verabschiedet.
Parlamentarische Enquete des Bundesrates zur EU-Dienstleistungsrichtlinie
Einstimmig beschloss der Bundesrat sodann auf Antrag der Bundesräte Schimböck (S), Bieringer (V) und
Schennach (G) die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema "Die EU-Dienstleistungsrichtlinie und
deren Konsequenzen für Österreich". Diese Enquete ist für den 20. April 2006 in der Zeit von
9 Uhr bis 13.30 Uhr anberaumt. Die Liste der Referenten umfasst Experten der Wirtschafts- und Sozialpartner. |