Dortmund (esa) - Weltraummüll – eine ernsthafte Bedrohung der Raumfahrt: Zu einem europäischen
Workshop lädt die ESA am 8. Februar in ihr Raumflugkontrollzentrum ESOC nach Darmstadt ein. Im Mittelpunkt
steht das MASTER-Modell, mit dem das Kollisionsrisiko von Raumflugkörpern mit Müllpartikeln berechnet
werden kann.
Ob Schrottsammler im Weltall einmal ein lukrativer Berufszweig werden wird, ist noch unklar. Aber gesucht ist er
schon heute. Hunderttausende Satelliten- und Raketentrümmer umkreisen derzeit die Erde. Sie stellen latente
Gefahrenpotentiale dar – in erster Linie für die Raumfahrt selbst.
Seit dem Start von Sputnik 1 am 4. Oktober 1957, dem Beginn des Raumfahrtzeitalters, gelangten etwa 5500 Raumflugkörper
ins All. Annähernd 700 funktionieren noch. Der Rest ist Schrott. Müll also, der entweder abgestürzt
und in den dichten Schichten der Erdatmosphäre verglüht ist oder sich noch auf Umlaufbahnen befindet
und damit die vielfältigen Anwendungen der Raumfahrt bedroht.
ESOC: Europas Zentrale zur Beobachtung von Weltraumschrott
ESOC, das in Darmstadt ansässige Europäische Satellitenkontrollzentrum der ESA, verfolgt den Weltraummüll
minuziös. Die auch als Space Debris bezeichneten Müll-Partikel existieren in vielfältiger Form und
Größe. Es mag paradox erscheinen, aber am ungefährlichsten sind die „großen Brocken“.
Tagungsort: ESA/ESOC
Über 14.000 sind von ihnen ab Tischtennisballgröße aufwärts genauestens erfasst. Ihre
Bahnen werden mit den aktiven Missionen abgeglichen, so dass unerwartete Ereignisse nahezu ausgeschlossen sind.
Wesentlich gefährlicher sind die schwer auszumachenden und damit weitestgehend unbekannten Objekte unter 10
Zentimeter Größe. Sie verkörpern die unberechenbaren Amokfahrer, die mit 28 000 km/h um die Erde
rasen. Im Falle einer Kollision könnten sie einen Raumflugkörper völlig zerstören - und damit
auch Jahrzehnte von Entwicklungsarbeit sowie umfangreiche Investitionen.
Aber auch Space Debris, die nur etwa einen Millimeter groß sind, können einen Satelliten beschädigen.
Die Müll-Experten schätzen, dass sich davon etwa 330 Millionen Objekte in Umlaufbahnen um die Erde befinden.
Daher stellen diese Winzlinge ein enormes Risikopotential für die bemannte sowie unbemannte Raumfahrt dar.
MASTER 2005: Präzise Gefahren-Prognosen
Mit Hilfe von mathematischen Modellen kann nicht nur die räumliche Verteilung von Weltraummüll
berechnet werden, es lassen sich auch das Kollisionsrisiko und damit die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Satelliten
bestimmen.
Das führende europäische Modell zur Abschätzung dieses Risikos ist MASTER (Meteoroid and Space Debris
Terrestrial Environment Reference). Es wurde unter der Leitung des Institutes für Luft- und Raumfahrtsysteme
der TU Braunschweig in Zusammenarbeit mit mehreren europäischen Partnern im Auftrag der ESA entwickelt und
in den letzten Jahren immer weiter verfeinert. MASTER gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Satellit auf
einer bestimmten Bahn von einem Partikel bestimmter Größe und Geschwindigkeit getroffen wird.
In einer jahrelangen Sisyphosarbeit haben die Forscher MASTER so weit vorangetrieben, dass es heute eine international
führende Rolle einnimmt. Das Softwarepaket MASTER 2005 ermöglicht Einschlagprognosen bis zu einer Teilchengröße
von einem tausendstel Millimeter! Es liefert für alle möglichen Umlaufbahnen realistische Risikoabschätzungen,
also auch für den kommerziell wichtigen geostationären Bereich.
Die neue Version MASTER 2005 wird auf dem Workshop am 8. Februar in Darmstadt detailliert vorgestellt und eine
Einführung in seine Installation und Bedienung gegeben. |