Die Einführung neuer digitaler Dienste in Europa ist nach Ansicht der Kommission am besten
durch freiwillige Standardisierung zu erreichen
Brüssel (eu-int) - Für die Einführung des interaktiven Digitalfernsehens in Europa
sind keine von Regulierungsstellen erlassenen verbindlichen technischen Normen erforderlich. Diesem dynamischen
Markt dienen am besten freiwillige Standardisierungsinitiativen der Industrie, erklärt die Europäische
Kommission in ihrer am Dienstag (07. 02.) veröffentlichten Mitteilung über die Interoperabilität
des interaktiven digitalen Fernsehens. Die Kommission will mit den Mitgliedstaaten daran arbeiten, einen reibungslosen
und zügigen Übergang zum Digitalfernsehen sicherzustellen. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten weiter
offene interoperable Standards fördern, während die Kommission ergänzend dazu die europäischen
Standards für digitales Fernsehen in anderen Regionen der Welt unterstützt.
„Ich möchte die Verbreitung des digitalen Fernsehens in Europa beschleunigen“, sagte Viviane Reding, EU-Kommissarin
für Informationsgesellschaft und Medien. „Unsere Politik geht dahin, Investitionen zu fördern und für
die Innovationsfreiheit der Unternehmen einzutreten. Dank immer zahlreicherer technischer Lösungen ist die
Interoperabilität glücklicherweise kein großes Hindernis für das interaktive Fernsehen mehr.
Dies zeigt, dass in Europa erfolgreich Standards für das digitale Fernsehen entwickelt wurden, was zur Folge
hat, dass die Käufer von Fernsehgeräten den größten Nutzen aus ihrer Investition ziehen können.“
Mit dem interaktiven digitalen Fernsehen kann der Zuschauer durch einen „Rückkanal“ unmittelbar mit dem Fernsehanbieter
in Kontakt treten. Der Zuschauer kann direkt mit Fernsehsendungen interagieren, Spiele spielen oder Nachrichten
schicken. Interaktivität erfordert ein Softwaremodul im Empfänger, das Anwendungsprogrammschnittstelle
(API) genannt wird. Ein offenes, interoperables API ist für die Entstehung von Größenvorteilen
und die Vermeidung technischer Unvereinbarkeiten zum Nachteil der Verbraucher unverzichtbar; seine Verwendung wird
daher durch die EU-Vorschriften unterstützt.
Um zu interoperablen Lösungen und zur erfolgreichen Einführung des interaktiven Fernsehens beizutragen,
arbeitet die Kommission seit 2004 in der Gruppe zur Umsetzung der MHP (multimediale Heimplattform) mit interessierten
Kreisen, darunter Ministerien und Regulierungsbehörden, Rundfunkanstalten, Netzbetreibern, Herstellern, Wirtschaftsverbänden
und Mitarbeitern von Forschungsprojekten zusammen. Diese Arbeit sowie Umfragen bei Regulierungsbehörden und
öffentliche Anhörungen haben gezeigt, dass es wegen der Dynamik des europäischen digitalen Fernsehmarktes
keines besonderen EU-weiten technischen Standards bedarf.
Der Markt profitiert bereits von einer Reihe durch Unternehmen entwickelter robuster digitaler Fernsehnormen für
sowohl die Übertragung als auch interaktive Anwendungen.
Heute sind in Europa über 47 Millionen Digitalempfänger in Gebrauch, von denen 26 Millionen ein herstellereigenes
API besitzen und rund 4 Millionen über MHP verfügen, was von der Kommission als offener interoperabler
Standard anerkannt wird. Die beiden erfolgreichsten Neueinführungen von terrestrischem Digitalfernsehen in
Europa beruhen auf standardisierten API (MHEG-5 im Vereinigten Königreich und MHP in Italien). Solche zukunftsweisenden
Entwicklungen zeigen, wie eine echte Interoperabilität durch das flexible und einvernehmliche Vorgehen der
Marktteilnehmer erreicht werden kann und wie dadurch Größenvorteile entstehen, die zu Preissenkungen
bei den Verbraucherendgeräten führen.
Daher wird die Kommission weiterhin in Europa und weltweit offene, interoperable Standards für das Digitalfernsehen
fördern. Sie hat eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet und finanziert, um die internationale Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der Forschung, Entwicklung und Normung zum digitalen Fernsehen voranzubringen. Diese Unterstützung
könnte künftig auf die internationale Zusammenarbeit bei der Einführung von Standards und bei der
digitalen Fernsehproduktion ausgeweitet werden.
Bisher geht die Verbreitung interaktiver Fernsehdienste langsamer vonstatten als von vielen erwartet. Die Geschäftsmodelle
müssen sich weiter entwickeln, und es bedarf zusätzlicher Investitionen, bevor das Angebot von Online-Behördendiensten
über das Fernsehen größere Verbreitung finden kann, so hat die Kommission erkannt. Im Mai 2005
veröffentlichte sie eine Mitteilung über die Beschleunigung des Übergangs vom analogen zum digitalen
Rundfunk, in der sie das Jahr 2012 als Termin vorschlägt, bis zu dem die Mitgliedstaaten den Übergang
zum digitalen Fernsehen und die Abschaltung der analogen Fernsehübertragung vollziehen sollen. |