Staatssekretär Hans Winkler im Plenum des Europäischen Parlaments am 15. Februar
Herr Präsident, geschätzte Mitglieder des Europäischen Parlaments, meine Damen und Herren!
Der Rat ist über die negativen Entwicklungen in Belarus sehr besorgt. Das Regime von Präsident Lukaschenko
verhält sich immer repressiver und isoliert sich zunehmend selbst. Dies ist im Hinblick auf die bevorstehenden
Wahlen am 19. März besonders Besorgnis erregend.
Belarus wurde zuletzt wiederholt im Rat behandelt. Wir nahmen natürlich die ausgesprochene Einladung an OSZE/OHIHR
zur Wahlbeobachtung mit Befriedigung zur Kenntnis. Jedoch bleibt unsere große Sorge über die Verschlechterung
der Lage in Belarus aufrecht. Der Rat Allgemeine Angelegenheiten und Auswärtige Beziehungen diskutierte Belarus
am 30. Jänner, und die Minister einigten sich auf neue Schlussfolgerungen. Diese sendeten ein klares Signal,
dass sichergestellt werden muss, dass OSZE/ODIHR dem Auftrag zur Wahlbeobachtung umfassend und ungehindert nachgehen
kann. Gleichzeitig wurde eine Warnung ausgesprochen, dass weitere restriktive Maßnahmen gegen verantwortliche
Individuen ergriffen werden können, sollten die Präsidentschaftswahlen nicht den anerkannten internationalen
Standards entsprechen.
Die Politik der EU gegenüber Belarus wurde das letzte Mal in den Schlussfolgerungen des Rates vom 7. November
2005 überprüft. Die Schlussfolgerungen stellten eine ausgewogene Mischung aus Engagement gegenüber
der Bevölkerung und der Zivilgesellschaft auf der einen Seite und einer härteren Linie gegenüber
dem Regime auf der anderen Seite dar. Sie bezogen sich auch auf die Absicht des Hohen Vertreters für die GASP,
Javier Solana, einen engen Mitarbeiter zu seinem „Kontaktpunkt für Belarus“ zu ernennen.
Wir sind uns des Erfordernisses bewusst, die Arbeit mit Belarus langfristig anzulegen. Es ist denke ich keine kühne
Prophezeiung, dass die Wahlen am 19. März keinen wirklichen Wandel bringen werden. Es wurden Versuche unternommen,
unsere Botschaften im Vorfeld der Wahlen zu übermitteln. Wir hatten geplant, Anfang Februar eine hochrangige
gemeinsame EU-US Demarche auf der Ebene des Generaldirektors für Auswärtige und Politisch-Militärische
Beziehungen des Rates, Robert Cooper, und des US-Assistant Secretary of State for Europe, Dan Fried, durchzuführen,
doch die belarussischen Behörden lehnten es ab, ihnen Sichtvermerke für einen gleichzeitig erfolgenden
Besuch zu erteilen. Dies machte die Durchführung der gemeinsamen Demarche unmöglich. Wir drückten
unsere Enttäuschung darüber aus, dass die belarussischen Behörden es verabsäumt haben, diese
ausgezeichnete Gelegenheit für einen offenen und freien Dialog mit der internationalen Gemeinschaft wahrzunehmen.
Am 30. Jänner, dem Tag des letzten Rates Allgemeine Angelegenheiten und Auswärtige Beziehungen besuchte
der Kandidat der belarussischen Opposition, Alexander Milinkewitsch, Brüssel. Er traf informell mit Vertretern
der Mitgliedsstaaten zusammen und wurde auch von GS/HR Solana, Kommissionspräsident Barroso und Kommissarin
Ferrero-Waldner empfangen. Dies war ein klares Zeichen für die Unterstützung der EU für den demokratischen
Prozess in Belarus, auch wenn wir nicht individuelle Kandidaten unterstützen.
Es ist keinesfalls Ziel unserer Politik, Belarus zu isolieren. Stattdessen möchten wir ein demokratisches,
stabiles und wirtschaftlich erfolgreiches Belarus – mit starken Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft –
sehen. Aus diesem Grund haben wir klargestellt, dass bei einer nachhaltigen Entwicklung in die richtige Richtung
Belarus von der Europäischen Nachbarschaftspolitik profitieren könnte. Dies zeigt deutlich, dass wir
bereit sind, Belarus und seiner Bevölkerung die Hände zu reichen.
Wir möchten mit einem Land, das unser direkter Nachbar ist, normale und freundschaftliche Beziehungen unterhalten,
aber dies erscheint unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Der Rat wird seine Augen nicht vor den
anhaltenden Verletzungen der Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten verschließen, und er wird auch
weiterhin seine Besorgnis über negative Entwicklungen in Belarus deutlich aussprechen. Um Demokratie in Belarus
zu fördern ist der Rat weiterhin für ein intensives Engagement sowie zur Zusammenarbeit und Koordination
mit internationalen Partnern bereit.
Ungeachtet des wahrscheinlichen Ergebnisses der Wahl müssen wir gemeinsame Anstrengungen unternehmen, die
Präsenz und den Einfluss der EU in Belarus zu erhalten. Das EU-Engagement gegenüber Belarus ist ein langfristiges
Projekt, und daher sollten wir durch derzeitige Schwierigkeiten nicht entmutigt werden. |