EU-Dienstleistungsrichtlinie  

erstellt am
15. 02. 06

  Bartenstein: Chance für mehr Wachstum und Beschäftigung
Wien (övp-pd) - "Die Dienstleistungsrichtlinie ist ein wichtiger Teil der Lissabon-Strategie und eine große Chance für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa", sagte Wirtschaftsminister und EU-Ratsvorsitzender Martin Bartenstein am Dienstag (14. 02.) im EU-Parlament in Strassburg. Das Ziel der Dienstleistungsrichtlinie, einen europäischen Markt für Dienstleistungen zu schaffen und ungerechtfertigte Barrieren für Dienstleistungserbringer zu beseitigen, sei klar und werde grundsätzlich unterstützt.

Breite Mehrheit im Parlament
Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission, der so genannte Bolkestein-Entwurf, sei seit Februar 2004 in den entsprechenden Ratsarbeitsgruppen und auch in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden. Dabei habe dieser Entwurf teilweise zu Recht für Kritik gesorgt. Die österreichische Präsidentschaft und der Rat würden die Stellungnahme des Europäischen Parlaments nun mit großem Interesse erwarten. Er hoffe, so Bartenstein, nun auf eine breite Mehrheit im Parlament. Er begrüße in diesem Zusammenhang auch die Initiativen und Bemühungen der beiden großen Fraktionen dieses Hauses, EVP und SPE, einen breiten Konsens in kontroversiellen Punkten zu finden.

Einsatz für ausgewogene Richtlinie
Nach der Abstimmung im Plenum des Parlaments sei nun die Kommission gefordert, eine aktive Rolle im Mitentscheidungsverfahren zu übernehmen. Die Präsidentschaft werde sich - in enger Zusammenarbeit mit dem Parlament und mit der Kommission - für eine ausgewogene Richtlinie einsetzen, die den geäußerten Bedenken über den ursprünglichen Vorschlag weitgehend Rechnung trage und gleichzeitig eine Rechtsgrundlage für einen funktionierenden Binnenmarkt für Dienstleistungen schaffe, der die Wachstums- und Beschäftigungspotenziale bestmöglich ausschöpfen werde.

Einbringung der europäischen Sozialpartner
Bartenstein begrüßte in diesem Zusammenhang auch die Ankündigung von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso vom Jänner, dass die Kommission sehr bald nach der Abstimmung im Europäischen Parlament und rechtzeitig vor dem Frühjahrsgipfel im März die wesentlichen Punkte für eine politische Einigung vorschlagen werde. Der österreichische Vorsitz werde diesen neuen Vorschlag dann intensiv diskutieren und unter Einbindung der europäischen Sozialpartner voranbringen.

Nutzen und Vorteile für Bürger Europas
Die Vollendung des Binnenmarktes für Dienstleistungen, so Bartenstein, solle den europäischen Unternehmen und Europas Bürgern Nutzen und Vorteile bringen. Dabei sei es aber wichtig darauf zu achten, dass das europäische Lebensmodell nicht ausgehöhlt werde. Europas Bürger, so Bartenstein, hätten ein Recht darauf, einen Dienstleistungsbinnenmarkt ohne Risiko von Lohn- und Sozialdumping zu bekommen. Dazu bedürfe es der Neutralität der Dienstleistungsrichtlinie gegenüber dem Arbeitsrecht und einer klaren und unmissverständlichen Regelung, die sicherstellt, dass die Entsenderichtlinie nicht beeinträchtigt wird. Gleichzeitig sei für eine ausreichende Kontrollmöglichkeit zu sorgen.

Vertrauen der Bürger nicht gefährden
Ebenso müsse unmissverständlich klar gestellt werden, dass die Dienstleistungsrichtlinie die Qualität, die flächendeckende Versorgung und die Leistbarkeit von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge nicht beeinträchtigte. Es muss unser aller Ziel sein, so Bartenstein abschließend, die Wachstums- und Beschäftigungspotenziale des Dienstleistungsbinnenmarktes bestmöglich auszuschöpfen ohne dabei das Vertrauen der Bürger in ein soziales Europa zu gefährden.

 

Sburny: Zurück an den Start!
Grüne fordern grundsätzliche Neukonzeption
Wien (grüne) - "Die Dienstleistungsrichtlinie ist von ihrer Konzeption her untauglich und muss von der Europäischen Kommission grundsätzlich überarbeitet werden. Daher werden die Grünen den von den Großparteien geplanten Änderungen nicht zustimmen", bekräftigt Michaela Sburny, die Wirtschaftsprecherin der Grünen, anlässlich der am Dienstag (14. 02.) im Europäischen Parlament stattfindenden Diskussion zur Dienstleistungsrichtlinie ihre Position: Die Forderungen der Grünen, allen voran die umfassende und tatsächliche Beseitigung des Herkunftslandprinzips, würden darin nicht ausreichend berücksichtigt. In der Umsetzung entstünde zusätzliche Rechtsunsicherheit, die lediglich den KritikerInnen der EU neue Argumente liefern würde. "Seit vor zwei Jahren ein erster Entwurf zur Dienstleistungsrichtlinie veröffentlich wurde, ist die Position der Grünen klar: Ja zur Weiterentwicklung des Europäischen Binnenmarkts für Dienstleistungen unter strenger Einbeziehung erreichter Standards. Der heute diskutierte Kompromiss schafft aber weder die Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung im Dienstleistungssektor, noch garantiert er bestehende Standards zu sichern", so Sburny. Die beste Lösung sei daher, den aktuellen Entwurf zurückzuziehen und die vielen guten Ideen der letzten Monate in ein neues Konzept einzubringen. Daher fordert Sburny abschließend: "Zurück an den Start mit der Dienstleistungsrichtlinie!"

 

Leitl und Verzetnitsch: Ja zu Dienstleistungsfreiheit
Soziale Marktwirtschaft muss allerdings gewährleistet sein – Gemeinsamer Brief von ÖGB und WKÖ vor Abstimmung über Dienstleistungsrichtlinie
Wien (pwk/ögb) - Im Vorfeld der für Donnerstag (16. 02.) anberaumten ersten Lesung des Europäischen Parlaments über die Verbesserung der Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union haben Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in einem gemeinsamen Brief an die Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP) und der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) Verbesserungsvorschläge präsentiert.

"Die Dienstleistungsfreiheit ist im EG-Vertrag als Kernstück des europäischen Integrationsprozesses verankert. In der Realität bestehen jedoch noch immer zahlreiche Hürden, die das Wachstums- und Beschäftigungspotenzial des EU-Binnenmarkts gerade auch für Österreich konterkarieren", sagt WKÖ-Präsident Christoph Leitl. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnisch weist ausdrücklich darauf hin, dass die Dienstleistungsfreiheit keinesfalls zur Aushöhlung der Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft führen darf." Deshalb müsse sichergestellt werden, so die beiden Sozialpartnerspitzen unisono, "dass ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen und UnternehmerInnen gleichermaßen vom Dienstleistungsbinnenmarkt profitieren können." Die mittlerweile erfolgte Klarstellung, dass die Dienstleistungsrichtlinie das Arbeitsrecht unberührt lässt, sei in dieser Hinsicht ein wichtiger Beitrag und wird von beiden ausdrücklich begrüßt.

Noch nicht zufrieden stellend gelöst sei hingegen die Frage, wie die Einhaltung arbeitsrechtlicher und sozialer Standards in der Praxis effizient kontrolliert und etwaige Verstöße wirksam sanktioniert werden können. "Ausreichende Kontrollmöglichkeiten des Ziellandes sind unerlässlich, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen und Gesetzesverstöße durch ausländische Dienstleistungserbringer zu unterbinden", warnen Leitl und Verzetnitsch.

Die im Kompromissvorschlag der Europäischen Volkspartei (EVP) und der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) vorgesehene Schaffung verstärkter Kontrollmöglichkeiten des Ziellandes - etwa die Möglichkeit Sicherheiten zu verlangen und diese zur Vollstreckung verwaltungs-, zivil- und strafrechtlicher Entscheidungen zu nützen - wird zwar befürwortet. Jedoch seien weitere Verbesserungen notwendig. "Dieser erste, gute Ansatz kann nicht ein von uns gefordertes EU-weites Verwaltungsvollstreckungsabkommen ersetzen", stellen Verzetnitsch und Leitl fest. Das gelte etwa für Situationen, in denen der ausländische Dienstleistungserbringer keine Gegenstände mit sich führt, die als Sicherheit dienen können. In solchen Fällen könne nur ein EU-Verwaltungsvollstreckungsabkommen eine wirksame Sanktionierung der Gesetzesverstöße ausländischer Dienstleistungserbringer gewährleisten.

ÖGB und WKÖ appellieren deshalb an das Europäische Parlament, sich dafür einzusetzen, dass so rasch wie möglich ein solches Instrument geschaffen wird. Zudem sollte in der Dienstleistungsrichtlinie auch eine praktikable Lösung betreffend die Entsendung von Drittstaatsangehörigen gefunden werden.

 

Bundesrat: Enquete zur EU-Dienstleistungsrichtlinie am 20. April
Wien (pk) - Der Bundesrat wird am 20. April 2006 um 9 Uhr eine parlamentarische Enquete zum Thema "Die EU- Dienstleistungsrichtlinie und deren Konsequenzen für Österreich" abhalten. Dies hat das Plenum der Länderkammer auf Antrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck (S), Ludwig Bieringer (V) und Stefan Schennach (G) (148/ABR/2006) vor kurzem einstimmig beschlossen. Die Liste der ReferentInnen umfasst Evelyn Regner (ÖGB-Europabüro), Georg Rathwallner (Arbeiterkammer Oberösterreich), Christina Fürnkranz (Industriellenvereinigung), Markus Stock (Wirtschaftskammer Österreich) und Veronika Litschel (Netzwerk Sozialwirtschaft).
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

     
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