Opposition: Quotenregelung nur für Medizin
Wien (pk) - Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung beschloss am Dienstag (14. 02.)
mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien mehrheitlich eine Neuregelung des Universitätszugangs, vor
allem im Bereich Medizin, die nach dem Urteil des EuGH notwendig geworden war.
Grundlage dafür bildete ein Antrag der Abgeordneten Gertrude Brinek (V) und Magda Bleckmann (F) zur Änderung
des Universitätsgesetzes, der zunächst eine terminologische Anpassung vorsieht. Künftig soll es
keine Bakkalaureats- und Magisterstudien mehr geben, sondern Bachelor- und Masterstudien, die jeweils mit dem Titel
"Bachelor" bzw. "Master" abgeschlossen werden. (752/A)
Der von Abgeordneter Gertrude Brinek eingebrachte Abänderungsantrag erweitert die vorgesehenen Änderungen
um einen neuen Abs. 5 des § 124b Universitätsgesetz 2002. Darin wird festgelegt, dass die Bundesministerin
berechtigt ist, durch Verordnung jene Studien festzulegen, bei denen ein erhöhter Zustrom von InhaberInnen
nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse gegeben ist. Damit soll einer schwerwiegenden Störung
der Homogenität des Bildungssystems begegnet werden, der dann vorliegt, wenn der erhöhte Zustrom das
Recht auf Bildung und den Zugang zur Hochschulbildung der InhaberInnen in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse
stark beschränkt. In den Studien Human- und Zahnmedizin ist dies besonders der Fall, wenn die öffentliche
Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden
ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt ist.
Unbeschadet der Aufnahmeverfahren sind zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems in den betreffenden
Studien 95 % der jeweiligen Gesamtstudienplätze für StudienanfängerInnen den EU-BürgerInnen
und ihnen in Hinblick auf Studienzugang gleichgestellten Personen vorbehalten. 75 % der jeweiligen Gesamtstudienplätze
für StudienanfängerInnen stehen den InhaberInnen in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zur
Verfügung.
Wie die Begründung des Antrags ausführt ist die vorgeschlagene Regelung als eine "Safeguardklausel"
ausgestaltet. Die Regelung soll zunächst für zwei Jahre gelten und in diesem Zeitraum einer Evaluation
unterzogen werden.
Da in Hinkunft die einmalige Ausfertigung einer Dissertation nicht mehr für zwei oder mehr Doktoratsstudien
verwendet werden kann, stimmten die Abgeordneten mehrheitlich (V, F, G) einer Ausschussfeststellung zu, wonach
man davon ausgehe, dass die Einreichung von Dissertationen im Rahmen von Double- und Joint-Degree-Programmen weiterhin
möglich ist.
Schließlich nahmen die Abgeordneten einstimmig eine Ausschussfeststellung an, wonach bei den von den Medizinischen
Universitäten angewendeten Zulassungsverfahren neben der Studierfähigkeit auch die soziale Kompetenz
mit in die Bewertung einfließt. Abgeordneter Broukal (S) merkte dazu an, dass die verwendeten Tests weniger
die soziale Kompetenz und menschlichen Qualitäten bewerte, sondern lediglich den besten Lerner finde.
Die Abgeordneten Josef Broukal (S) und Kurt Grünewald (G) hielten die Quotenregelung für Medizin zwar
grundsätzlich für in Ordnung, sie stießen sich aber an der Tatsache, dass die Zugangsbeschränkungen
in anderen, nicht medizinischen Studienrichtungen weiter bestehen bleiben sollen und der Ministerin ein diesbezügliches
Verordnungsrecht eingeräumt wird. So meinte etwa Abgeordneter Broukal, in diesen Studienrichtungen, in denen
ein Studienplatz weit weniger als an den Medizin-Universitäten kostet, müsste es eine bessere Lösung
geben, als das Hinausprüfen nach einem Jahr. Es sei davon auszugehen, dass für diese Anzahl zusätzlicher
Studierender, rund 350 bis 400, ausreichend Geld zur Verfügung stehe, meinte Broukal, denn die erforderlichen
finanziellen Mittel würden nur einen äußerst geringen Teil des gesamten Universitätsbudgets
ausmachen. Er ließ Kritik an den Rektoren insofern laut werden, als diese die Mindestzahlen an Studienplätzen
als Höchstzahlen ausgewiesen hätten. Es sei daher notwendig, so Broukal, diese Grenze zu dynamisieren,
und deshalb sollte die Ministerin auf die Rektoren Einfluss nehmen.
Broukal bedauerte angesichts der in der Öffentlichkeit geäußerten Zweifel, ob diese Regelung EU-konform
ist, dass es nicht gelungen sei, eine informelle Stellungnahme des zuständigen EU-Kommissars zu bekommen.
Er zeigte sich jedoch zufrieden darüber, dass die deutsche Ministerin keinen Einwand dagegen erhebt.
Ähnlich argumentierte sein Klubkollege Erwin Niederwieser, der auf die Feststellung des Abgeordneten Roderich
Regler (V), in allen Studienrichtungen gebe es einen Flaschenhals und vielfach Knock-Out-Prüfungen, meinte,
derartige Prüfungen verstießen gegen das Gesetz. Niederwieser kritisierte vor allem die Möglichkeit,
dass der Abs. 1 des § 124b aufrecht bleibt, der den Rektoren die Möglichkeit einräumt, Beschränkungen
zu erlassen, ohne dass eine Verordnung der Ministerin vorliegt.
Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeigte ebenfalls Verständnis für diese "Notwehraktion",
sprach sich aber wie seine Vorredner vehement dagegen aus, auch in anderen als in medizinischen Studienrichtungen
Zugangsbeschränkungen erlassen zu können. Dabei handle es sich um rund 350 Studierende, die die Universitäten
verkraften könnten, meinte auch er. Die Rektoren müssten konkret sagen und begründen, wie viele
Studierende sie an den Universitäten ausbilden können und was besser würde, wenn sie den Zugang
beschränken. Diese Daten lägen aber nicht vor. Er appellierte daher an die Ministerin zu überlegen,
ob die Ermächtigungsverordnung für die Rektoren mit Ausnahme der Medizin nicht aufgehoben werden könnte.
Außerdem meinte er, dass diese komplizierte Materie zu rasch beschlossen werde und man bis zum Plenum noch
Gespräche führen sollte.
Abgeordnete Gertrude Brinek (V) verteidigte die Regelung und wies auf die Autonomie der Universitäten hin.
Die Praxis, durch Prüfungen festzustellen, ob jemand für ein Studium geeignet ist, hielt sie für
legitim. Abgeordnete Magda Bleckmann (F) versuchte die Bedenken der Opposition mit dem Hinweis auf die Evaluierungsphase
von zwei Jahren auszuräumen. Auch sie hielt die vorgeschlagene Regelung für richtig, nachdem nachgewiesen
wurde, dass die Homogenität gestört ist.
Bundesministerin Elisabeth Gehrer bewertete eine Eingangsphase als richtig und verantwortungsvoll, da damit jungen
Menschen eine Orientierung gegeben werden könne. Die Verordnungsermächtigung sei deshalb notwendig, weil
sich die Ströme der Studierenden unterschiedlich entwickeln. Man könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhersehen,
wie sich das EuGH-Urteil auf andere Studienfächer auswirkt. Derzeit würden die Universitäten noch
über ausreichend Ressourcen und Flexibilität verfügen, um die Schwankungen aufzufangen. Auch sie
wies auf den zweijährigen Beobachtungszeitraum hin. Gehrer betonte, dass die vorgeschlagene Regelung in einer
internationalen Arbeitsgruppe ausgearbeitet und von EU-Juristen geprüft worden sei. Eine hundertprozentige
Sicherheit könne es nicht geben, und sie übernehme daher die volle Verantwortung, bekräftigte die
Ressortchefin.
Abgeordneter Melitta Trunk (S) sagte Gehrer zu, sich jene Fälle genau anzusehen, wo Studierende auf grund
mangelnder Studienplätze unschuldig Familien- und Studienförderung verloren haben.
Hinsichtlich der terminologischen Änderungen bei den Bakkalaureats-Studien kamen die Mitglieder des Ausschusses
überein bis zum Plenum eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Abgeordneten Kurt Grünewald (G), Erwin
Niederwieser und Petra Bayr (beide S) hatten sich gegen den Zusatz "(FH)" ausgesprochen. Die Vorsitzende
des Ausschusses Magda Bleckmann (F) sowie Abgeordnete Gertrude Brinek (V) sagten zu, sich um ein Gespräch
mit Abgeordneten und Betroffenen zu bemühen.
Ebenfalls e iner "terminologischen Anpassung" im Fachhochschul-Studiengesetz, im MTD-Gesetz und im Hebammengesetz
dient der zweite Initiativantrag der Abgeordneten Gertrude Brinek (V) und Magda Bleckmann (F). Auch dort soll es
künftig "Bachelor" und "Master" statt "Bakkalaureat" und "Magister"
geben. (756/A) Die Abgeordneten von ÖVP und Fgaben auch diesem Antragihre Zustimmung, womit dieser mehrheitlich
angenommen wurde.
Entschließungsantrag der Grünen vertagt
Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Kurt Grünewald (G) betreffend gesetzliche Verankerung von
Auskunftspflichten ausgegliederter Universitäten an das Parlament, wurde mit den Stimmen von ÖVP und
F mehrheitlich vertagt. (734/A[E])
Abgeordnete Gertrude Brinek (V) wies auf die Verpflichtung zu mehr Transparenz und auf die Leistungsvereinbarungen
hin und mutmaßte daher, dass der Antrag von starkem Misstrauen geprägt ist. Dem gegenüber sagte
Abgeordneter Kurt Grünewald (G), es sei oft außerordentlich schwierig, Auskunft zu erhalten. Er halte
es daher für geboten, die Auskunftspflicht stärker zu verankern, indem Universitätsvorsitzende und
RektorInnen bzw. VizerektorInnen verpflichtet werden, im Anlassfall Sonderbericht über Misswirtschaft, allfällige
schwere Rechtsverstöße von Universitätsorganen sowie die Gefahr eines schweren wirtschaftlichen
Schadens vorzulegen. Die Sonderberichte hätte die Bundesministerin dann umgehend dem Nationalrat vorzulegen.
Abgeordnete Carina Felzmann (V) hinterfragte in diesem Zusammenhang kritisch, wer diese Gefahr in Verzug feststellen
solle.
Abgeordneter Josef Broukal (S) unterstützte den Antrag, zumal das Fragerecht eines Parlaments hohe Priorität
genieße. Es könne nicht sein, so Broukal, dass man bei Rektoren um Auskunft betteln müsse und vom
Ministerium keine Antwort unter Hinweis auf die Autonomie bekomme. So sei es ihm beispielsweise auch nicht möglich
gewesen, die Argumentation des österreichischen Vertreters zu den Zugangsbeschränkungen vor dem EuGH
zu erhalten. Daraufhin erwiderte Bundesministerin Gehrer, dass sie den Verfassungsdienst mit dieser Anfrage befasst
habe und dieser befunden habe, der gesamte Schriftverkehr mit dem EuGH sei vertraulich zu behandeln. |