Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Außenministerin Ursula Plassnik trafen am Montag
(13. 02.) im Bundeskanzleramt mit Vertretern der großen Glaubensgemeinschaften zu einem Gedankenaustausch
zusammen.
Seitens der Glaubensgemeinschaften nehmen an diesem Treffen für die katholische Kirche Erzbischof Christoph
Kardinal Schönborn, für die evangelische Kirche Bischof Herwig Sturm, für die islamische Glaubensgemeinschaft
Präsident Anas Schakfeh, für die orthodoxen Kirchen Metropolit Michael Staikos und für die israelitische
Kultusgemeinde Oberrabbiner Chaim Eisenberg teil. Alle Teilnehmer betonten die Dialogbereitschaft und die gute
Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften in Österreich. Diese sei vorbildhaft für Europa.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel betonte die Bedeutung des heutigen Gespräches mit den führenden
Vertretern von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich. "Wir haben in Österreich einen
Exportartikel der guten Gesprächskultur zwischen den Kulturen und Religionen. Das ist das "Österreichische
Lebensmodell", von dem wir hoffen, dass es auch einmal das "Europäische Lebensmodell" sein
wird. Es bedeutet, dass man sich füreinander verantwortlich fühlt, dass man Freiheit und Verantwortung
sensibel balanciert, dass man versucht, nicht Feindbilder aufzubauen, sondern Freundbilder zu pflegen", so
der Bundeskanzler. Es sei wichtig, die Empfindungen des anderen nachvollziehen zu können und sie in den eigenen
Glauben und in das eigene Handeln zu integrieren.
Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft Anas Schakfeh bezeichnete das Gespräch als sehr fruchtbar.
"Wir treten für einen Dialog der Religionen und der Kulturen ein. Wir distanzieren uns von jeder Form
der Gewalt. Alle Gewaltakte sind unvereinbar mit dem Kern der Religion. Wir wären glücklich, wenn andere
das erfolgreiche "Österreichische Gesellschaftsmodell" übernehmen würden. Wir wollen andere
gerne dazu animieren", so Schakfeh.
Erzbischof Schönborn betonte die Bedeutung des Dialogs in der österreichischen Tradition. "Unser
heutiges Gespräch hat gezeigt, dass wir in Österreich einen Weg gehen, der sich bewährt hat. Dieser
Weg ist möglich und hat auch für Europa Modellcharakter. Wir haben in unserem Land eine sehr gute Gesprächskultur.
Ich möchte den Österreicherinnen und Österreichern Mut machen, daran zu glauben, dass wir diesen
Weg des Dialogs gehen können. Das Miteinander von verschieden Kulturen und Religionen ist gerade in Österreich
möglich", so Schönborn.
Oberrabbiner Eisenberg hob die Notwendigkeit hervor, Probleme anderer auch zu erkennen und damit sensibel umzugehen.
"Die Pressefreiheit ist ein hohes und wichtiges Gut, die aber auch mit Verantwortung verbunden ist. Diese
beginnt dann, wenn die Gefahr der Verletzung anderer besteht", so Eisenberg. Weiters forderte er die Mäßigung
aller Parteien ein und betonte, dass selbst Provokationen bereits als Beleidigung empfunden werden.
Der griechisch-orthodoxe Metropolit Staikos bezeichnete die interreligiöse Infrastruktur in Österreich
als beispielhaft für ganz Europa und hob die Rolle der Religion als Teil der Identität hervor. Es sollten
nicht alle mit einer Stimme sprechen, sondern jede einzelne Stimme durch andere ergänzt werden. "Wir
müssen andere als Bereicherung, nicht als Belastung erkennen", so Staikos.
Der evangelische Bischof Sturm lobte das österreichische Dialogmodell und hob insbesondere das hohe Maß
an Sensibilität aller vertretenen Religionen und Religionsgemeinschaften in diesem Zusammenhang hervor. "Wir
müssen erkennen, dass andere Kulturen bereichern, nicht verängstigen", so Sturm.
Außenministerin Ursula Plassnik sprach von der Wichtigkeit, von einem Nebeneinander zu einem Miteinander
zu gelangen. Noch während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft werden dafür Impulse
gesetzt werden. "Wir müssen den Dialog innerhalb Europas ebenso forcieren, wie den Dialog nach außen",
so die Außenministerin. Als sensible und glaubwürdige Beiträge der österreichischen Präsidentschaft
nannte Plassnik die Abhaltung einer Konferenz der Imame in Wien am 7. April unter Teilnahme von EU-Kommissionspräsidenten
José Manual Barroso. |