Wien/ Brüssel (wwf) - EU-Pläne bezüglich Binnenschifffahrt, die den Frachtverkehr von der
Straße auf das Wasser verlegen, sind nur dann tatsächlich umweltfreundlich, wenn intakte Flussökosysteme
bewahrt werden. Anlässlich des internationalen Gipfels zum Thema Binnenschifffahrt, der am Dienstag (14. 02.)
in Wien unter Österreichs EU-Vorsitz beginnt, fordert der WWF (World Wide Fund for Nature) die EU auf, bei
ihren Plänen zum Ausbau der Binnenschifffahrt mehr als bisher auf die Balance zwischen ökonomischen und
ökologischen Erfordernissen zu achten. Die Konferenz legt ihren Schwerpunkt auf das TEN-T Programm (Trans
European Network Programme) sowie den NAIADES Aktionsplan der EU, die die Forcierung der Binnenschifffahrt in der
EU zum Ziel hat. Umweltpolitische Aspekte verbunden mit den Auswirkungen der Schifffahrt auf die Ökosysteme
der Flüsse haben jedoch auf der Tagesordnung des EU-Schifffahrtsgipfels keinen Platz. "Österreich
und die EU haben damit leider die Chance vertan, Ökonomie und Ökologie an einen Tisch zu bringen und
tatsächlich eine Annäherung zu schaffen," so Ulrich Eichelmann, vom WWF Österreich.
"Binnenschifffahrt kann nur dann als realistische Alternative zum Straßenverkehr betrachtet werden,
wenn globale CO2-Emissionen und Auswirkungen auf die Ökosysteme der Flüsse gleichermaßen berücksichtigt
werden", so Christine Bratrich, Verantwortliche des WWF Donau-Karpaten Programms. "Bei der Diskussion
von Transportplänen müssen bedeutende Funktionen dieser Flussökosysteme wie die Versorgung mit Trinkwasser,
Schutz vor Hochwasser, Grundlage für die Fischerei sowie Lebensraum für zahlreiche Arten berücksichtigt
werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Schaden für die Umwelt enorm ist.", ergänzt Bratrich.
Für mehr als 80 Millionen Menschen, die im Einzugsgebiet der Donau leben, stellt die Donau eine wichtige Lebensgrundlage
dar. Für sie und für hunderte seltener Tier- und Pflanzenarten, vom Stör über den Pelikan bis
zur Flussschildkröte ist die Donau noch immer die Lebensader Europas. Und dies, obwohl allein im letzten Jahrhundert
80 Prozent der ursprünglichen Auen durch menschlichen Eingriff zerstört wurden.
Als Teil des TEN-T Programms sollen etwa 1.000 Kilometer ausgebaut und vertieft werden. Diese so genannten "bottlenecks"
sind aber gleichzeitig die letzten verbliebenen ökologischen "hot spots". Dazu zählen unter
anderem auch die letzten frei fließenden Strecken in Deutschland, Österreich und lange Strecken der
Oberen und Unteren Donau in Ungarn, Rumänien und Bulgarien.
Aktuelle Pläne in Ungarn würden Nationalparks und die Ramsar-Schutzgebiete betreffen. Die geplanten Baggerarbeiten
und das Abdämmen von Seitenarmen vor allem an der Donau in Rumänien werden katastrophale Konsequenzen
für die Fischbestände haben, speziell bei Stören, deren Laich- und Jungfischhabitate erst kürzlich
entdeckt wurden. Genau hier soll nun gebaggert werden.
Der WWF fordert die Durchführung einer Gesamtplanung für die Donau und andere bedeutende Wasserwege.
Bis zum Vorliegen dieser Planung sollen an der Donau keine neuen Tiefenvorgaben gemacht und bereits existierende
Standards in Bezug auf ökologische und ökonomische Erfordernisse unter lokalen Bedingungen überprüft
werden.
Zugleich sollten umweltverträgliche Lösungen umgesetzt werden, wie zum Beispiel die Einführung innovativer
Technologien und die Modernisierung der Schiffsflotte. Die Modernisierung der Flotte ist möglich und notwendig.
Es ist längst an der Zeit die Schiffe an die Flüsse anzupassen. |