Gouverneur Liebscher warnt vor schädlichen Folgen
Wien (oenb) - Zu der jüngst in Österreich neuerlich aufgeflammten Diskussion um die Einführung
einer europaweiten Besteuerung von Devisentransaktionen („Tobin-Steuer“) warnte der Gouverneur der Oesterreichischen
Nationalbank, Dr. Klaus Liebscher, dass die Wirtschaftspolitik nicht gut beraten sei, auf die Chancen und Herausforderungen
der Globalisierung mit protektionistischen Maßnahmen zu antworten. „Die internationale Arbeitsteilung und
der freie Kapitalverkehr kommen allen zugute. Eine Transaktionssteuer würde hingegen logischerweise eine Erhöhung
der Transaktionskosten bedeuten und für alle Betroffenen zusätzliche Kosten verursachen.“
Die Einführung einer Tobin-Steuer auf europäischer Ebene wäre ein Experiment mit nicht quantifizierbaren
Risiken. Sie würde allen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen des europäischen Binnenmarktes, aber auch
der europäischen Währungsunion zuwiderlaufen.
Ein Engagement österreichischer und europäischer Wirtschaftspolitiker für die Einführung von
Kapitalverkehrsbeschränkungen wie der Tobin-Steuer würde das internationale Vertrauen in den Wirtschaftsstandort
Österreich und in den Wirtschaftsraum Europa schwächen. Außerdem müsste eine derartige Steuer
von allen internationalen Finanzzentren mitgetragen werden, um eine Abwanderung von Finanzmarkttransaktionen in
Steueroasen zu vermeiden. Schließlich scheinen die steuerlichen Einnahmenerwartungen überzogen, da sie
die schädlichen Auswirkungen einer derartigen Steuer auf Handelsvolumina und Finanzmarktkurse unterschätzen
und durchaus zu erwartende Umgehungen der Steuer durch Finanzmarktinnovationen nicht berücksichtigen.
„Tobin selbst, der diese Idee vor rund 30 Jahren geboren hat, bezeichnet sie als nicht realisierbar. Er hat meines
Erachtens Recht behalten,“ so Gouverneur Liebscher. |